Rettung aus der Illusion

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Sa 15. Feb 2020, 18:57

Rettung aus der Illusion

Sandokay Kirana schlich durch die leeren Staßen von M19.5896. Gestern waren die Kolgos hier eingefallen und hatten fast die gesamte Bevölkerung der Stadt ausgelöscht. Ausserdem hatten sie die Kommunikationszentralen zerstört. So konnte die Untergrundorganisation SWP nicht einmal mehr die Zentrale kontaktieren. Sandokay war auf dem Weg zu den Nahrungsmittel-Lagerhallen und hoffte dort noch etwas Essbares zu finden. Sie aktivierte ihr Nachtsichtgerät und sah sich traurig um. Es war kein einziges Lebewesen mehr zu sehen. Die Kolgos hatten die ganze Oberfläche mit Nanotechnischen Microorganismen, auch Naniten genannt, verseucht. Diese töteten jedes Lebewesen ab. Sie und ihre Kameraden lebten nur noch, weil sie spezielle Dämpfungsfelder und Vakuum-Absperrungen sowie Luftfilteranlagen und Plasmasondierungsfelder in ihren Unterkünften hatten. Nur weil sie einen magnetisch abgeriegelten hermatonischen Gelanzug trug, war es ihr möglich hier zu sein.

Gerade musterte sie eine der Lagerhallen, bei welchen sie inzwischen angekommen war, als plötzlich ein starker Sturm aufkam. Vor ihr bildete sich eine riesige strahlende Lichtspirale. Geblendet schloss sie die Augen und verbarg sich hinter einem Container. Vielleicht 10 Sekunden später war die ganze Erscheinung vorbei. Überrascht blickte Sandokay um die Ecke und entdeckte einen rechteckigen Gegenstand auf dem Boden. Sie scannte nach Lebewesen oder sonstigen Gefahren und schlich bei negativer Antwort dann zu dem viereckigem Gegenstand. Die Farbe konnte sie nicht erkennen, jedoch schien der Kasten oder was auch immer es sein mochte nicht farblos zu sein. Sie streckte eine Hand aus, und hob den Gegenstand an. Er war leicht, und als sie ihn genauer inspzierte sah Sandokay das er aus mehreren Schichten bestand. Sie nahm die erste und legte sie um. Fasziniert beobachtete sie, wie diese Schicht sich an einer Spirale entlang bewegte und auf die gegenüberliegende Seite rutschte. Auf der zweiten Schicht waren komische Zeichen. Sie konnte sie nicht entziffern. Es war kein üblicher Code den sie da vor sich hatte. Wieder schlug sie eine Schicht um und plötzlich sah sie wunderschöne Strichmuster auf einer der Seiten. Sie schlug wieder eine Schicht um und noch eine. Immer wieder tauchten neue Muster auf. Als sie schließlich alle Schichten einmal angeschaut hatte steckte sie das Gebilde in ihre Tragetasche. Sie würde sich in der Bungalow-Zone genauer damit beschäftigen. Nun musste sie jedoch ersteinmal Nahrung finden. Sie schritt zu der Lagerhalle die direkt vor ihr in den Himmel ragte und aktivierte ihren Delabirer. Mit ihm umging sie den Geheimcode und die Selbstzerstörung die sich automatisch aktivierte, sobald jemand Unbefugtes die Lagerhallen betrat. Endlich stand sie in dem Raum.

Ihr Infrarotgerät sagte ihr, dass hier keine Maschinenmenschen oder Lebewesen waren. Einerseits erleichtert andererseits enttäuscht, dass sie keine Überlebenden gefunden hatte ging sie weiter in die Mitte der riesige Halle. Vor ihr standen Massen an Nahrungsmitteln. Sie waren unterschiedlich verpackt. Manche waren in Kisten verstaut, andere waren in Tanks gefüllt. Mit dieser Masse an Essen könnten sie lange überleben. Sie waren ja leider nur noch eine Besatzung von 22 Personen. Überlebt hatten nur die, welche zum Zeitpunkt des Angriffs in der Bungalow-Zone gewesen waren.
Sie deaktivierte ihren Infrarotsensor und scannte die Nahrungsmittel mit einem Haypotranischem Haltbarkeitsscanner. Sie waren alle noch brauchbar und zeitdicht versiegelt. Gut das die Kolgos dieses Silo nicht gefunden hatten. Sonst wäre nichts von dem hier übrig gewesen. Erfreut über ihren Fund holte sie ihr tragbares Transportermodul aus ihrer Tasche, baute es in der Mitte des Raumes auf und gab die Maße der Halle an. Nun würde sie sich mit den Nahrungsmitteln zusammen in die abgeschirmte Bungalow-Zone unter der Planetenoberfläche zurück beamen lassen.
"Sandokay an Nora.. ich bin bereit zum Transport. Ist die Halle hergerichtet?"
Aus dem Tonausgang in Sandokays Kopfhörer kam ein Knistern. Dann ertönte Noras Stimme. "Alles klar, Sandokay. Wir erwarten dich." Nora war die Anführerin der hiesigen Untergrundbewegung und eine klasse Frau. Sie war Sandokays engste Vertraute und beste Freundin. Zusammen hatten sie schon so manches durchgemacht. Sandokay selber war länger als Nora in der SWP, hatte aber in der letzen Ponchas-Umkreisung abgelehnt zur Führerin gewählt zu werden, da sie lieber als Spionageagentin für die SWP arbeiten wollte.Dieses Angebot hatte sie von der SWP-Führung bekommen und es sofort angenommen. Damit war sie prinzipiell höher gestellt als Nora, aber das interessierte sie hier nicht. Nora war die Führerin und sie gehorchte ihr. Zwar war Nora darüber verwundert aber sie akzeptierte es natürlich. Jedoch würde sie jederzeit Sandokay gehorchen, wenn diese einen Befel erteilen würde. Und sie würde Sandokay immer zu Seite stehen, so wie Sandokay auch ihr immer zu Seite gestanden hatte.
Diese geniale Frau würde sie nie aufgeben. Nora trat an das Fenster zur Frachthalle und wartete darauf, dass das vertraute blaue Schimmern erschien.

Sandokay aktivierte den Transporter und wurde mit all dem Essen aus der Lagerhalle weggebeamt. Sie schloss die Augen und spürte wie sie die Ortungsritzen überflog, bis sie schließlich in der Frachthalle ankam. Sie öffnete lächelnd die Augen, deaktivierte ihren Anzug sowie diverse technische Geräte und nahm ihren Schutzhelm ab.
Sie stand inmitten der Kisten und Container die alle mit Essen gefüllt waren. Mission erfolgreich erfüllt. Was für ein schönes Gefühl.

"Sandokay.."
Sie drehte sich um, als sie Noras Stimme vernahm. Diese stand am Fenster und winkte ihr zu. "Komm rüber.. ich habe uns Salamandaro gekocht."
Überrascht riss Sandokay die Augen auf. Salamandaro? Das Kraut war doch schon seit sage und schreibe 20 Ponchas-Umkreisungen ausgestorben. Wahrscheinlich hatte Nora ihre geheimen Vorräte, so wie sie selber. "Ich komme sofort...." Sandokay nahm ihre Tasche und ging zur Tür. Aus Salamandarokraut konnte man ein wohlschmeckendes Getränk kochen. Man musste die Blätter nur mit kochendem Quellinhalt aufgießen und einige Minuten ziehen lassen. Dann konnte man das Getränk trinken.
Zusammen mit Nora betrat sie die Kommandozentrale. Der kleine verstaubte Raum war von dem Geruch des Salamandaros erfüllt. "Wie war dein Ausflug? Hast du irgendetwas Auffälliges entdeckt?" Nora bot Sandokay einen Stuhl an.
"Nein. Auf der Planetenoberfläche sind weder Lebewesen noch Maschinenmenschen. Das einzige was dort ist, sind diese Naniten." Nora schüttelte frustriert den Kopf.
"20 000 Lebewesen einfach ausgelöscht... Grausam!" Sie setze sich gegenüber von Sandokay. "Ja.. kaltblütig abgeschlachtet von den Kolgos.." Sie nahm einen Schluck des seltenden Getränks und genoss den Geschmack auf der Zunge. Wann hatte sie das letze Mal Salamandaro getrunken?
Zu ihrem letzen Lebensabschnitt. Das war vor 7 Ponchas-Umkreisungen.

Nora erklärte ihr gerade die Lage der SWP in M19.5896, als ihr plötzlich das Ding einviel, welches sie gefunden hatte. "Nora.. ich habe etwas Seltsames erlebt..." unterbrach sie ihre Freundin. Diese schaute sofort neugierig auf und forderte Sandokay zum erzählen auf. Diese berichtete kurz und bündig was ihr wiederfahren war. Dann holte sie den Gegenstand aus ihrer Tasche und legte ihn vor Nora auf den Tisch. "Schau.. hier sind diese mir unbekannte Codes. Und diese interessante Anordnung von Strichen. Irgendwie wirken sie schön.. schau mal hier.. das sieht fast aus wie ein Teil von uns... " Sie zeigte auf ein Srichgebilde aus dem man einen Kopf herauserkennen konnte. Nora nickte. "Ja. und dieses hier? Es scheinen zwei Köpfe zu sein.. aber warum sind sie so nah beieinander?" Jetzt erkannte auch Sandokay die Köpfe. "Ich weiß nicht.. vielleicht unterhalten sie sich." Nora schüttelte den Kopf. "Nein, nicht möglich.. schau, ihre Stirne berühren sich gegenseitig..." Sandokay und Nora blätterten so Schicht um Schicht und diskutierten viel über die Strichanordnungen. Dann begannen sie, fasziniert von dem Code, diesen zu entschlüsseln. Es war schwer.. sie fanden keine Anhaltspunkte. So verschoben sie diese Aufgabe schließlich auf den neuen Sonnenstand und begaben sich in ihre Quartiere. Sandokay betrat ihren Bungalow und legte ihren Fund auf den Nachttisch. Dann zog sie ihren Anzug aus und legte sich auf ihre Liege. Sie breitete die Kristalldecke über sich und nahm dann das Rechteck mit den Schichten nocheinmal in die Hand. Es schien ihr, als würden ihr diese Zeichnungen bekannt vorkommen... diese Farben die sie nun erkennen konnte.. diese komischen Gebilde.. Formen, Figuren.
Ja, es kam ihr fast wie ihre eigene Vergangenheit vor...

Irgendwann legte sie das Ding beiseite und schloss ihre Augen. Dann aktivierte sie den Hirnströmungsmessmanager und schlief friedlich ein.
Zum nächsten Sonnenstand schreckte sie auf, als ihr Wecker sie aus ihrer Ruhephase riss. Herzhaft gähnend stand sie auf und stellte fest, dass sie geträumt hatte. Seit langem endlich wieder.. sie hatte viele Lebewesen gesehen.. alle waren freundlich gewesen. Glücklich setze sie sich an ihren Tisch und holte die tägliche Nahrungsration aus ihrem Essfach. Normalerweise hatte sie irgendetwas Undefinierbares auf dem Tablett, doch heute gab es wieder richtiges Essen. Kräftige Scheiben an Teigware mit Fleisch und grüner Pflanze. So etwas Köstliches hatte sie schon lange nicht mehr gegessen. Endlich fühlte es sich so an, als ob es bergauf gehen würde. Sie nahm das Schichtding mit zur täglichen Besprechung. Auch diese war heute anders als sonst. Alle hatten gute Lauen und selbst der sonst miesgrämige Parod lachte. Er begrüßte alle freundlich sodass selbst Nora die schon viel von ihm gewohnt war, überrascht schaute. Als sich der so ungewohnt fröhliche Haufen endlich auf die Sessel gesetzt hatte, konnte die Konferenz beginnen. Nora erläuterte die momentane Situation und verteilte Aufgaben an alle. Sandokay bekam ein eigenes Team welches aus Nora, Parod und Trinax bestand. Sie sollten den Code des Codekastens, wie Nora ihn inzwischen genannt hatte entziffern. Der Rest sollte sich um weitere Nahrung und um die technische Instandhaltung kümmern. Nachdem Sandokay dann noch die offizielle Medallie für außergewöhnliche Funde erhalten hatte, lößte sich die Versammlung auf, und jeder ging seinen Aufgaben nach.

Nora, Sandokay und der Rest des Decodierungteams blieb im Konferenzraum.
Sie beugten sich alle interessiert über den Code und tüftelten. Umso länger sie sich die Schrift anschauten, umso mehr kam sie ihnen bekannt vor. Es sei, als hätten sie diese alle einmal gekonnt. Auch die Strichmuster wurden immer bekannter. Komische Striche die zu Füßen der einen Person waren, bezeichnete Parod plöztlich als Blume. Und die zwei Köpfe die so nah beieinander waren kamen Trinax bekannt vor. Er erinnerte sich an ähnliche Begebenheiten wo er in dieser Lage gewesen war.

Plötzlich durchzuckte ein heller Blitz den Raum. Erschrocken sahen alle auf und wurden dann von einer tiefen Bewusstlosigkeit erfasst. "Nora.. Sandokay..." Rouven schüttelte die Frauen. Aber er bekam keine Antwort. Auch die beiden Männer waren nicht zu erwecken. So wurden die vier auf ihre Quartire gebracht. Besorgt über ihre Teammitglieder hielt der Rest der Führung eine Konferenz ab. Doch als sie gerade beschlossen hatten den Codekasten zu vernichten betraten Nora und die drei anderen den Raum. Inzwischen waren sie wieder aufgewacht. Nora stellte sich an das Rednerpult. "Kameraden.. hört mir zu.... Einst war dies ein Planet namens Erde... er beherbergte viele verschiedene Lebewesen, welche alle in Eintracht mit der Natur lebten...." Nora erzählte ihnen die Vorgschichte ihrer Welt, welche sie innerlich alle kannten. Sie berichtete von dem Überfall der Ausserirdischen und von der Maschinisierung. Jetzt erinnerten sich alle.. sie waren in riesige Räume gebracht worden. Dort hatte man ihnen das Gedächnis gelöscht.
Doch das Buch, dieses Artefakt aus der Vergangenheit erinnerte sie an ihr früheres Leben. Durch die beim Zeittransport aufgenommen Energie, setze es gerade den Blitz der Erkenntnis frei. Er reaktivierte die stillgelegten Gehirnbahnen und die Erinnerungen aller kehrten langsam zurück. Ausserdem unterstütze das Buch welches Gedichte.. Bilder.. und Aufzeichnungen eines jungen Mädchens beinhaltete, diesen Vorgang. Sie erinnerten an die Schönheit und Liebe der Welt. Schließlich stoppte Nora und blickte zu Sandokay. "Es ist ein Buch voller Schönheit.. voller Weisheiten.. Es zeigt uns die Zeichenkunst.... den Sinn des Lebens, die Schönheit des Lebens. Aber dies alles zeigt es uns nur, wenn wir die Ausdauer haben die Schrift zu entziffern.. nur wenn wir es schaffen, die Hürde des Verdrehten zu überwinden.... sowie wir die verdrehte Schrift des Buches überwinden müssen. Wir schaffen es nur wenn unser Wille stark genug ist." Sie nahm das Buch, legte es in den Vervielfältiger und verteilte dann an jedes Mitglied der SWP in M19.5896 ein Exemplar. "Lest es, lernt es zu verstehen... wenn ihr das geschafft habt, dann beginnt eine neue Zeit." Nora lößte die Konferenz auf und die bewegte Menge verstreute sich in der Bungalow-Zone.

Nur Nora und Sandokay blieben hier. Sie replizierten diverse der Bücher und luden sie in ein Transporterhaus. Dann sendeten sie die Bücher mit einer kurzen Nachricht über die Geschehnisse an alle auf dem Planeten vorkommenden SWP-Führungsgebäude. "Jetzt kann die Zukunft beginnen..."

Wo auch immer, wann auch immer, wie auch immer. Das Buch rematerialisierte sich auf dem Schreibtisch eines Mädchens.. überglücklich schloss diese es in ihre Arme..
//Was für ein Glück, es ist wieder da.. wo hatte ich es nur verloren...//
Sie schlug es auf, und begann das erste Gedicht zu lesen..


Epilog

Nora und Sandokay verließen das Gebäude. Wo früher hohe Gebäude und Lagerhallen standen waren nun Wälder und Wiesen. Sie hatten gelernt die Welt wieder richtig herum zu sehen.. sie hatten den Code geknackt und waren der Illusion entkommen. Das Buch war auf genauso unerwartet gegangen wie es gekommen war. Doch das was es hinterließ war eine vor der Zerstörung gerettete Welt.
Immer mehr Menschen bevölkerten diese. Kinder tobten auf der Wiese und die Sonne schien auf das noch taufeuchte Gras. "Wie schön es hier ist..." Nora nahm Sandokays Hand. "Komm, lass uns spazieren gehen..." Zusammen verließen die die
Bungalow-Zone und betraten die neue Welt. Die Welt in der sie von nun an Leben würden.
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