Brit – Logs 02 – Cpt P’Thall/Ens. Amh – CO/CXO – 12120.1788

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Yu'She
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Mi 12. Jan 2011, 19:29

Brit – Logs 02 – Cpt P’Thall/Ens. Amh – CO/CXO – 12120.1788


Personen: -

Worte:
Thorn: 2.143
Cholain: 1.955

[NRPG: Privatlog – Handlungsraum Quartier des Captains, in der Nacht nach dem Abflug. Mögliche Folgen: leicht angetrunkene CXO auf dem Weg in ihr eigenes Quartier und mögliche Verkaterung am nächsten Morgen.]



*** USS Britannia – Deck 02 ***


Die Abteilung war aufgeräumt, die Informationen ausgelegt, alles eingeleitet und vorbereitet, die Berichte geschrieben. Bis auf einen, den es persönlich abzuliefern galt. Und eben dorthin war ich unterwegs. Hätte diese Unterredung eine auch nur im Winzigsten weniger dienstliche Note, hätte ich eine Flasche Famous Grouse eingepackt. In meinem Kopf hatte sich ein deutlicheres Bild eines komplizierten Mannes gebildet, doch ich hatte das Bedürfnis noch ein wenig darüber nachzudenken. Doch diese Zeit war verstrichen, als ich den Türsummer betätigte und meine Haltung straffte.




*** USS Britannia – Deck 02 – Quartier P’Thall ***


Es war gemeinhin nicht meine Art, die Zeit am großzügigen Panoramafenster stehend totzuschlagen, als würde ich nur auf den nächsten Sturm warten, der zwangsläufig auf eine kurze Phase der Ruhe folgen musste. Doch der Abflug war erschreckend reibungslos verlaufen, und die ersten, eintröpfelnden Berichte waren vielversprechend nichtssagend, sodass ich mich darauf vertrösten musste, Amhs Bericht über Voight abzuwarten. ‚Den Teufel an die Wand malen‘- eine merkwürdige terranische Redensart, die wohl auf solche Gedankengänge und Stimmungen angewendet wurde. Hier aber waren alle Wände schon bis hinauf zur Decke ‚mit Teufeln vollgeschmiert‘, es blieb nur noch abzuwarten wann das Ding sich sehen lassen würde, falls nicht im Grunde schon geschehen. Wieder einmal ertappte ich mich bei einer unschicklichen Dosis Aberglaube, als ich rekapitulierte, unter welchen Vorzeichen diese anfangs so simpel klingende Mission stand.

Ich blinzelte mich aus meinen Gedanken und riss den Blick von den vorbeiziehenden Sternen los, als der Türsummer ertönte. Meine Hand berührte beiläufig den Schreibtisch hinter mir, betätigte damit das universelle Eingabefeld, welches in diesem Fall kontextsensitiv die Türe öffnete.

„Und? Ist unser Gast der Teufel, Ensign?“





Es war kühl in seinem Quartier. Wenn das die bevorzugte Temperatur war, musste man ihm anrechnen, dass der Bereitschaftsraum angenehmer war. Die Tür hinter mir glitt leise zischend zu und ich trat ein paar Schritte in den Raum hinein, lehnte mich an eine in den Raum ragende Zwischenwand und sah ihn, oder vielmehr seinen Rücken, weiter an.

„Der Teufel?“, kurz wägte ich das Wort und seine Bedeutung ab. „Ein Teufel, sicherlich. Ein verdammt guter Taktiker oder ein ungeschickter Stratege. Da bin ich mir noch nicht sicher.“

Mir war danach mich einfach auf das sterile Sofa zu werfen und die Füße auf den Tisch zu legen, doch so inoffiziell war dieses Treffen nun auch wieder nicht.




Ich drehte mich halb um, fixierte sie, zeigte schließlich mit meiner behandschuhten Rechten auf den Sessel vor dem Schreibtisch, die Handfläche nach oben hin geöffnet.

„Das müssen sie mir erklären.“ Es klang etwas zusammenhanglos- auf Anhieb kam mir nichts Offensichtliches in den Sinn, was ein guter Taktiker und ein schlechter Stratege gemeinsam haben sollten. Aber ich war mir sicher, dass sie mich sogleich einweihen würde. Ich selbst streifte meine Uniformjacke ab, hängte sie über die Lehne des Sessels auf meiner Seite, und nahm Platz ohne sie aus den Augen zu lassen.

Das versprach interessant zu werden- auf mehr als nur einer Ebene.




Das Angebot mit dem Sessel nahm ich mit einem dankbaren Nicken an. Die funktionale Form war erwartungsgemäß unbequem und so sank ich ziemlich tief ein, bis es halbwegs ging. Ich wartete, bis Thorn seine Jacke abgelegt hatte und registrierte die Geste als Zeichen des Grades an Formalität, den er festlegte.

„Er hat eine Ausbildung im Profiling erhalten und versteht es entsprechend durch sein Verhalten keinerlei Auskunft über seine Person zu geben. Es bleibt also die Frage, ob er uns mit seinem Verhalten verwirren möchte, was eine gute Taktik wäre, oder ob er wirklich glaubt mit dieser Scharade etwas zu erreichen, was ihn als schlechten Strategen kennzeichnen würde.“, erklärte ich ruhig. Es fiel mir nicht schwer Thorns Blick zu halten, doch er machte es auch nicht besonders schwer.

„Haben Sie was zu trinken da?“, ich unterlegte meine Worte mit einer Mimik, die sagte, dass mein Hals trocken war und wählte die Worte bewusst rhetorisch.




Ich legte ihre Worte einen Moment lang, den ich äußerlich damit verbrachte mich zurückzulehnen, auf die Goldwaage. Es ergab Sinn, aber die eigentliche Aussagekraft hielt sich soweit noch in Grenzen. Ich zweifelte nicht an dass das meiner Gegenüber klar war. Drei kurze Eingaben in die scheinbar leblose, schwarz verglaste Tischfläche später zog sich ein Panel in der rechten Schreibtischseite zurück, offenbarte eine kleine, in das Möbelstück eingelassene Replikatorgrube, gerade groß genug für einen kleinen Teller oder zwei Becher. „Bedienen sie sich.“ Schließlich war sie in erster Linie hier, um einen Bericht abzuliefern. Cocktails und kalte Erfrischungen gab es später. Vielleicht.

Für mich stellte sich vorerst die Frage, ob Amh weitere Fragen brauchte, um warm zu werden- oder sich selbst noch nicht im Klaren darüber war, was sie denken sollte. Ich ließ es darauf ankommen. „Und, was denken sie? Schlechter Stratege oder guter Taktiker?“ Erst durch die Präsenz der CXO in diesen Räumen wurde mir klar, wie selten ich sie für irgendetwas anderes nutzte als zum Schlafen oder zur Einnahme von kurzen Mahlzeiten. Wobei mir der Aspekt der Platzverschwendung an dem ganzen saurer aufstieß als irgendeine Reue diesbezüglich.




Die Herzlichkeit seiner Worte ließ mich ein Wasser replizieren, auch wenn mir der Sinn nach etwas anderem stand. Ein Nippen später sah ich den Captain wieder an.

„Meinem Gefühl nach ein schlechter Stratege. In meiner narzisstischen Art neige ich aber dazu Mitmenschen weniger zuzutrauen, als es gerechtfertigt wäre.“, ich lächelte, war das doch nahe an der Wahrheit. So nah, wie ich es mir gestattete. „Voight wird von seinen ehemaligen Kollegen als gründlich und ergebnisorientiert beschrieben, was in der Regel heißt, dass er ein Paragraphenreiter und Pedant ist. Sein letzter Einsatz war, wie bei den meisten Operatives auf einem Schiff mit mehreren, reintegrierten, ehemaligen PF-Angehörigen, auf dem es zu einigen Unfällen gekommen ist. Interessanter Weise jeweils mit einem Reintegrierten als Opfer.“, ich ließ die Worte einen Moment sacken, denn weder ihr Inhalt, noch woher ich diese Information haben mochte, waren gewichtsfrei.




Es war weniger die offensichtliche Selbstkritik ihrerseits, die mich an diesen Worten aufhorchen ließ, als der deutliche Themensprung. Ich hob eine Augenbraue. Eine Anschlagsserie auf ehemalige PF-Angehörige? Sollte das etwa Aufschluss bezüglich der Spezialisierung Voights geben? Oder war es eher als ein Hinweis darauf zu werten, was meiner Sicherheitschefin eigentlich im Kopf herumging? Beides lag nahe und konnte zugleich eventuell völliger Schwachsinn sein, aber ich wollte mich damit nicht zufriedengeben. Beides war mir nämlich zugleich wichtig- schließlich hätte es andere Möglichkeiten gegeben, mir ihren Bericht über unseren Gast zu verschaffen. Diese hier war ganz bewusst von mir gewählt worden.

„Petty Officer Wilders Akte gab keinen Aufschluss über PF-Verbindungen.“, begann ich, zunächst unverbindlich tastend, wohl wissend dass das weder viel zu sagen hatte, noch zwingend für das eigentliche Thema dieser Unterredung relevant war. Dem entsprechend blieb mein Tonfall nüchtern. „Deuten sie einen Zusammenhang an? Oder werde ich langsam einfach nur paranoid?“




Den Fehler in mein Wasserglass zu sehen, die Augen niederzuschlagen oder verlegen zu grinsen machte ich nicht. Das hatte ich hinter mir.
„Andeutungen zu machen ist nicht meine Art, Captain.“, eindringlich zog ich die Augenbraue hoch, ihm den Wunsch vermittelnd, dass er das in Erinnerung behielt.
„Voight war erstaunlich lange mit den Untersuchungen beschäftigt, viel länger, als man meinen sollte, wenn ein Crewmitglied durch einen überlasteten Plasmaverteiler zu Schaden kommt. Sein Bericht darüber liest sich zwischen den Zeilen aufschlussreicher als in den Worten, die tatsächlich da stehen. So konnte er trotz aller Bemühungen kein Verschulden der jeweiligen Opfer beweisen.“, dass meine Worte so klangen, als würde ich ihm diesen Versuch übel nehmen, war mir in diesem Moment lieber, als dass der Captain nochmal nach Wilder fragte. Crewman Wilder. USS Sherington. Es schien länger her zu sein als es war.

„Was könnte Voight versuchen hier zu beweisen?“, fragte Thorn in seinem sterilen Tonfall und ich mochte nicht, was ich glaubte in seinem Blick erkennen zu können – er witterte etwas. Ich setzte mich etwas aufrechter hin und legte den Kopf überlegend zur Seite.
„Alles, was ihn vorwärts bringt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er Verbindungen untersuchen will, da jedoch nichts, was in den Akten steht ein Geheimnis ist, wird er wohl ohne Fund wieder abziehen.“, was ebenso heißt, dass alles ein Geheimnis ist, was nicht in den Akten steht. „Um sagen zu können, ob ich ihm zutraue sich ein Haar auszureißen und es in seine Suppe zu legen, möchte ich die morgige Sitzung abwarten, vielleicht sogar noch einen weiteren Tag. Seine Fassade ist gut.“




Klingt nach einem guten Abschluss.

Ich lehnte mich zurück, nickte vor mich hin, massierte nachdenklich mein linkes Handgelenk knapp über meinem Schoß, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. Sie mochte gesagt haben, was es aus ihrer Perspektive zu Voight bis dato zu sagen gab- so weit, so gut. Die anderen Gründe, aus denen ich sie in diesem Rahmen hatte empfangen wollen, waren jedoch unangetastet geblieben, und etwas in ihrer Wortwahl und in ihrer Art schien mir einen brauchbaren Aufhänger dafür zu geben, auch noch dazu zu kommen. Schließlich hasste ich es, unverrichteter Dinge zu bleiben.

„Wäre das soweit alles, was Voight betrifft?“, hakte ich also nach, und löste indessen die kleine magnetische Aufhängung hinter meinem roten Kragen, welche die Pins an Ort und Stelle hielt, um sie dann abzunehmen und auf den Tisch zu legen. Aus dem Augenwinkel verfolgte ich ihr Nicken, wie auch den Weg ihrer Augenbraue. Zunächst beließ ich es jedoch bei dem Eindruck, dass ich einfach Feierabend machte- ein Punkt, an dem sie schließlich ebenfalls war.
„Gut, dann dürfen sie wegtreten, wenn sie wollen.“ Mit diesen Worten beugte ich mich leicht herunter, öffnete eines der Schließfächer des Schreibtisches, und holte die frische Flasche Ale hervor.

„- Wenn ich will, Sir?“ Ihr Schmunzeln war definitiv eher fragend als belustigt. Berechtigterweise. Es war nicht unbedingt meine übliche Ausdrucksweise.

„Kommen sie schon, Amh. Mag sein dass sie ihren Bericht frei von irgendwelchen Andeutungen abgeliefert haben. Die Tatsachen sind also auf dem Tisch.“ Demonstrativ schob ich die Rangpins beiseite, wo ich die Flasche abstellte, und zauberte beiläufig ein andorianisches Kristallglas hervor, dann ein weiteres. „Fakt ist aber auch, dass ich weder schmierig genug bin, um ihnen aus der Nase zu ziehen, was ihnen sonst noch im Kopf herumgeht- noch sie der Typ sind, der sich das bieten lässt. Sparen wir uns das also.“ Ich entkorkte das Ale, konzentrierte mich nicht nur scheinbar darauf, es sauber in das erste Glas einzuschenken.

„Wenn sie also außerdienstlich und abseits des Protokolls noch ein paar Worte loswerden sollen, bleiben sie auf einen Drink. Wenn nicht- ich habe sie entlassen, es ist also ihr Feierabend.“ Demonstrativ stellte ich die Flasche wieder auf der glatten Tischfläche ab, und schob sie mitsamt einem der Gläser, mit einer Hand, ungefähr in deren Mitte. „Oder sie dezimieren mein importiertes Ale, ohne etwas zu sagen, um mir eins auszuwischen, falls sie noch eine Kompromissmöglichkeit brauchen.“ Ich schmunzelte, verzog dazu einen Mundwinkel, während ich mich mit meinem Glas zurücklehnte. „Ihre Entscheidung.“




Mein etwas ungläubiges Halblächeln und die gehobene Augenbraue blieben noch einen Moment, den er vielleicht annehmen mochte, dass ich dieses Angebot abwägte, doch eigentlich war ich bereits im Feierabend und meine Füße lagen schon auf seinem Tisch. Seine angebotene Alternative – zu trinken und zu schweigen – war das eigentlich verlockende Angebot. Wollte ich mehr sagen? Ich musste nicht, klar. Er machte das Angebot es inoffiziell, vertraulich zu behandeln. Eine Gelegenheit zu versichern, dass die Reintegration und das in mich gesetzte Vertrauen gerechtfertigt waren? War ich dann gezwungen sie anzunehmen? Mehr oder minder.

„Vielen Dank für diese präzise Zusammenfassung meiner Möglichkeiten.“, das Wasserglas auf den Boden stellend angelte ich nach der Flasche und dem frischen Glas, lehnte mich anschließend wieder zurück, öffnete die Jacke und stellte einen Fuß an die Tischkante. Nicht sehr feminin.

Den ersten Schluck ließ ich langsam in meinem Mundraum kreisen, anschließend wie einen heilsamen Sirup den Rachen hinunter gleiten. Andorianisches Ale. Wir haben uns schon einmal über eine Flasche davon hinweg angesehen. Damals war ich noch Morgan gewesen. Der Gedanke ließ mich schmunzeln, ohne erkennbaren Grund. Ich leerte das Glas, haderte noch immer mit mir. Es widerstrebte mir meinem Captain die Ohren voll zu heulen, wie alt war ich denn -12? Nichts von dem, was ich sagen konnte, würde zu unserer aktuellen Situation etwas beitragen. Ein unwichtiges Detail, das eventuell Aarons Motivation in ein anderes Licht rückte, im Endeffekt allerdings belanglos war. Schließlich gab es hier nichts, was er nicht finden durfte. Ich leerte das Glas und genoss die würzige, so fremde Flüssigkeit. Manche sagten, dass man im Ale das Eis Andors schmeckte, was ich nicht bestätigen konnte. Das Zeug war verdammter Rohrreiniger.

„Quid pro quo.“, sagte ich schließlich, als ich das Glas neu aufgefüllt hatte. Einen Moment lang drehte er seines zwischen den Fingern, veränderte seine Mine allerdings wenn überhaupt, dann so geringfügig, dass ich es nicht erkennen konnte. Die Geste, fortzufahren war dagegen deutlich.

„Ich habe Petty Officer Wilder kennen gelernt als er noch Crewman war. Er diente auf der USS Sherington, als die Pure Federation sie in einen Hinterhalt lockte um das Schiff zu übernehmen. Er gehörte zu einer kleinen Gruppe, die Bedenkzeit erbeten hatte, als wir ihnen das Angebot des Überlaufens unterbreitet haben. Der Rest der Crew hat sich wie selbstverständlich im Hangar eingefunden, um von Bord gebracht zu werden, als käme so etwas nie in Frage. Da er sich schließlich entschied bei der Sternenflotte zu bleiben, wurde er mit den anderen zur Crew geshuttlet. Es kam nie zu einem Eintrag in die Akte. Ich glaube nicht mal, dass das CI davon wusste. Voight hat sich, wenn er diese Information überhaupt geholt hat, von einem Ehemaligen aufklären lassen. Da ich alle, die an diesem Einsatz beteiligt waren mit Namen kenne, frage ich mich, was für denjenigen rausgesprungen ist, oder was er sich zu bewahren gezwungen sah.“, wieder nahm ich einen Schluck und sah Thorn erwartungsvoll an.





Wie gut, dass wir mit dem Thema bereits durch sind, nicht wahr Ensign? Ich hatte meinen Sitz etwas zur Seite gedreht, um sie nicht die ganze Zeit anstarren zu müssen, und mich ähnlich auf mein Ale konzentriert wie sie es getan hatte, wenngleich auf weniger provokante Weise- nicht weil ich mich absichtlich zurückhielt, sondern weil sich mein entspannter Zustand eben nicht über diese zurückgelehnte Haltung hinaus erstreckte. Es war zugegebenermaßen nicht leicht, über die eine oder andere Betonung in ihren Worten hinwegzugehen, aber ich war nicht hier um unsere Diskussion vom Abend der Vereidigungsfeier erneut aufzunehmen, auch wenn der Gedanke zeitweise irgendwie verlockend erschien.

„Dann steht also zumindest die Vermutung im Raum, dass unser Gast auf Untersuchungen spezialisiert ist, die auf irgendeine Art und Weise mit der Pure Federation zusammenhängende, vermeintliche ‚Unfälle‘ betreffen.“, stellte ich fest, die raue Nuance in meiner Stimme, welche vom Ale herrührte, nicht weiter beachtend oder unterdrückend, während ich abwechselnd den schwindenden Inhalt des Glases und die Schreibtischoberfläche betrachtete. Mir fiel in diesem Moment nur allzu deutlich auf, wie wenig ich über möglichen Anlass dazu informiert war, dass sich jemand auf solche Vorfälle spezialisierte.

„Ist ihnen etwas zu Ohren gekommen, das Gründe für eine solche Spezialisierung liefern würde? Eine Häufung solcher Vorfälle?“ Der Bass meiner Stimme wurde noch eine Note dunkler. Ich fixierte erneut Amh in ihrer besten Feierabendpose, ehe ich wieder nach der Flasche griff, nachdem sie sich bedient hatte. Schenkte mir nach. Teufel auch- ich begann das Wort zu mögen- es war ja nicht so, als fiele es mir schwer, mir solche Reaktionen auf besagte Reintegration vorzustellen. Dass mit aller Härte gegen solche Tendenzen vorgegangen werden musste war so klar, wie der Umstand dass man ein Auge auf ehemalige Überläufer halten sollte.





Langsam schüttelte ich den Kopf. Leckte den letzten Tropfen Ale von meinen Lippen und ließ ihn mir sprichwörtlich auf der Zunge zergehen.
„Es ist nicht einmal ein Jahr her. Wenn man die Anzahl derer beachtet, die als „Ehemalige“ bezeichnet werden, die Anzahl der Unfälle im Dienst und den Zeitraum, ist das keine statistische Signifikanz. Wenn Sie mich jetzt fragen, ob sich das im kommenden Jahr ändern wird – ich bin nicht das Orakel von Delphi. Keine Ahnung, wen was motivieren könnte Jagd auf Ehemalige zu machen.“, ganz bewusst hatte ich nicht „uns“ gesagt. Natürlich gehörte ich dazu, doch ich war weit davon entfernt mir Sorgen zu machen. Jemand wollte uns tot sehen? Ja bitte, sollte er es versuchen. Wenn wir auch nicht härter, schneller oder besser waren, wir waren Sternenflottenangehörige. Und einen solchen brachte man nicht mal eben um die Ecke. Und sollten Gerüchte laut werden, dass es gar eine Reinigungsaktion sein sollte, würde die erneute Verbrüderung die Folge sein, dafür brauchte man keinen Counselor.

„Sie sind dran.“, eine Gegenfrage hatte eigentlich schon nicht mehr zum Deal gehört.




Ich ließ die Flasche in der Tischmitte stehen, lehnte mich mit dem neu befüllten Kristallglas zurück, und ließ mir wiederrum ihre Worte auf der Zunge zergehen, während sich mein Blick für einen Moment mit den Feinheiten andorianischer Glaserkunst auseinandersetzte. Der erste Teil ihrer Aussage klang ausweichend, der zweite Teil stellte klar dass sie einfach nur genauso wenige Informationen zur Hand hatte wie ich. Was blieb dann noch außer sich den Rachen weiter anzuwärmen.

Ich setzte das Glas gerade wieder ab, als sie nachhakte, und mir ein Verziehen meiner Lippen entlockte. „Ob ich von vermehrten Racheakten gehört habe? Nein.“ Ich wischte mir mit dem Handrücken über die Lippen, lehnte mich weiter zurück. „Ob ich es mir vorstellen kann? Nur zu gut.“ Ich gab ihr ihre Bedenkpause zwecks Wortwirkung mit besten Grüßen zurück, ehe ich fortfuhr. „Und der Gedanke widert mich an. Als hätte die Flotte nicht schon die Hände damit voll, die Reintegration sauber über die Bühne zu bringen, die Kriegsschäden zu flicken, und die an unseren Grenzen lauernden Aasgeier höflich auf später zu vertrösten.“ Kopfschüttelnd und mit angelegten Fühlern führte ich glatte, schwarzlederne Fingerspitzen über mein erneut raues Kinn. „Wenn wir uns dazu noch mit rachsüchtigen Dissidenten aus den eigenen Reihen herumschlagen dürfen, müssen wir uns bald keine Sorgen mehr darüber machen, welcher Föderation wir angehören, und welche die richtige ist. Am Ende haben wir keine mehr zur Auswahl.“

Ich nahm einen weiteren tiefen Zug, wandte meinen Blick halb gen Panoramafenster, welches direkt unserem Zielpunkt entgegensah, vorbei an endlosen Sternenschweifen.

Fragt sich nur, was wir hier draußen eigentlich machen.




Wie genau ich sein Gebärden nun einzuschätzen hatte war mir nicht klar und so beobachtete ich den Captain aus leicht verengten Augen. Mein Finger fuhr über den Rand des Glases, ehe ich es wieder an meine Lippen setzte. Doch bevor ich trank hatte ich die Worte gefunden, die mir diesen kurzen Moment des Stillstands in meinen Gedanken verursacht hatten.

„Das klingt als hätten Sie sich noch nie zwischen Pocken, Pest und Cholera entscheiden müssen.“, ich trank und weil er nicht antwortete, bis ich das Glas wieder absetzte, fügte ich an: „Das kann ich gar nicht glauben.“, mir entwich ein beinahe mahnendes Lächeln, ihn daran erinnernd, dass ich zumindest bei einer solchen Gelegenheit anwesend gewesen war, ehe ich mich selbst ermahnte, dass ich es hier nicht mit einem Ehemaligen oder einem anderweitig Vertrauten zu tun hatte und den Ausdruck kopfschüttelnd aus meinem Gesicht bannte.




Weder der Unterton noch das mahnende Lächeln entgingen meinen Augenwinkeln, noch ehe ich mich erneut meiner abendlichen Gesellschaft für und/oder wider Willen zuwandte, die Gesichtszüge bewusst ein Stück weit ungläubig, wenn nicht gar vorwurfsvoll entgleist.

„Ich bitte sie.“ Den Drink etwas aggressiver an meine Lippen führend feuchtete ich mir zunächst die Lippen an und wärmte die Kehle vor, ehe ich weiterreferierte. „Sie sind selbst Sternenflottenoffizier. So wenig man es zunächst glauben mag. Was übrigens für uns beide gilt. Und zu behaupten, dass es in den höheren Rängen weniger dieser Entscheidungen zu treffen gilt, wäre eine kriminelle Untertreibung.“ Ich setzte mein Glas auf dem Tisch ab, da ich ohnehin wieder ein stückweit in meinem Sessel hochrutschte, ehe ich meinen Blick verengte, während ich wieder nach der Flasche griff. Es war Zeit, ihr etwas Nichtflüssiges für ihr Entgegenkommen zurückzugeben.

„Angefangen bei dem Grund, weshalb ich hier sitze, und so tue als hätte ich den großen Forscher, Friedensstifter und Diplomaten im Blut.“





„Haben Sie nicht?“, ich grinste ihn unverhohlen an. „Ich dachte das sei Einstellungskriterium bei der Garde.“ Ich fand es war an der Zeit, dass dieser Andorianer mal etwas von der Leidenschaft für’s Leben zeigte, die seiner Kultur nachgesagt wurde. Dazu zwingen konnte ich ihn nicht, daher schob ich ihm mein Glas gleich mit hin, als er sich nachschenkte.

„Danke.“, mich nur so weit erhebend, wie unbedingt sein musste um an das Glas zu kommen fischte ich es vom Tisch und prostete ihm nochmal zu.

„Und welcher Grund, Herr Forscherschrägstrichfriedensstifterschrägstrichdiplomat-perse, wäre das?“


Mit einem Geräusch, für das es keine Umschreibung gab, die nicht nach albernen Unworten klang, versiegelte ich erneut die Aleflasche- schließlich hatte es echtes andorianisches Ale unpraktischer Weise an sich, dass man es nicht atmen lassen konnte, ohne kostbare Geschmacknuancen zu verlieren.

„Politik.“, entgegnete ich schließlich mit merklichem Widerwillen, die verzogenen Lippen nicht dem Schluck Ale schuldend, den ich zu mir nahm. „Clanpolitik. Föderationspolitik. Interstellare Politik. Suchen sie es sich aus, Amh.“, setzte ich hinterher, lehnte mich wieder zurück, und konnte nicht behaupten dass ich mich in der Rolle des Redners allzu wohl fühlte. Mangelnde Gewöhnung.

„Mit den üblichen Resultaten. Wie die Tatsache dass ich bei der Föderation im Krieg unter dem Kommando von Forschern, Ärzten, Technikern und Diplomaten gedient habe- bloß nicht unter einem Soldaten.“ Ein weiterer Schluck folgte. „Und nun kriege ich ein Kommando. In Friedenszeiten.“ Ich schmunzelte mein Glas an- man konnte jenes Schmunzeln jedoch nicht mehr wirklich als trocken bezeichnen. „Oh, die Ironie.“






Allmählich begann das Ale zu wirken und mein Kopf entsprechend leicht zu werden. Die automatisierte Warnleuchte in meinem Hinterkopf zeigte an, dass ich ab sofort nochmal darüber nachdenken sollte, ob ich das, was ich im Begriff war zu sagen, auch wirklich sagen wollte. Lang genug war es her, dass sie aktiv geworden war. P’Thall zeigte keinerlei Anzeichen für einen beginnenden Rausch. Aber das hätte mich auch überrascht. Bei nächster Gelegenheit würde ich mich mit einem vernünftigen Whisky revanchieren und die Situation wäre eine andere.

Aber nicht heute. Heute würde ich leicht beschwipst, bis hacken dicht in mein Quartier wanken und meinem Cap morgen die Pest auf den Hals wünschen. Je nach dem, wie lang es noch angenehm blieb in diesen kühlen Gemächern. Während seiner letzten Worte nahm ich noch einen Schluck und verschluckte mich beinahe, ein Lachen unterdrückend.

„Oh, ich würde nicht darauf wetten, dass dem so bleibt.“, schnell wischte ich mir über den Mund um eventuell verirrte Tropfen ihrem Bestimmungsort – meinem Mund – zuzuführen. Danach grinste ich ihn wieder an. „Wie Sie selbst gesagt haben: Es gibt genug Schäden zu flicken und nicht nur ein Idiot wurde, aufgrund einer plötzlich freigewordenen Stelle, auf einen Posten gehoben, dem er nicht gewachsen ist. Die Aasgeier stehen bereit. Das dauert nicht lange.“




„Schön, endlich zu wissen, was mein leitender Sicherheitsoffizier wirklich von mir hält, Amh. Und dass ich anscheinend immerhin nicht der einzige bin.“, murrte ich, zog die Augenbrauen zusammen, nahm einen Schluck, erbebte dann unter einem fast erstickten Schmunzeln als ich ihr Blinzeln bemerkte, dann ihre Schnute ob des offensichtlich schlechten Scherzes.

Es mochte vielleicht sein dass es so langsam teils am Ale lag, aber ich begann Gefallen an der Sache zu finden. Vielleicht war ich auch nur (un)heimlich selbstzufrieden dass ich eine Art soziale Leistung vollbracht hatte. Oder auch nur die Zeit dafür gefunden. Wir plauderten. Sinn und Unsinn waren dabei nicht die Frage. Die Absicht hinter dem Gespräch entschuldigte die eine oder andere Belanglosigkeit. Für den Rest musste notfalls das besagte Ale herhalten.

„Und ich beklage mich nicht. Sondern die Ironie. Dass sich irgendjemand etwas dabei gedacht hat steht außer Frage. Wenn du den Frieden willst, rüste dich für den Krieg.“ Ich nippte ob des wieder ernsteren Tons erneut an meinem Ale, hielt sie abermals fixiert, hob auffordernd eine Augenbraue. „So beneidenswert das auch sein mag, ich glaube mich zu erinnern dass einer von euch Terranern dieses Sprichwort verbrochen hat. Helfen sie mir auf die Sprünge.“




„Si vis pacem, para bellum. Vegetius, hieß der alte Mann.“, Saudumme Sprüche 101 und das Glas war leer, die Hand bereits wieder an der Flasche. „Was catchy phrases angeht steht ihr Andorianer uns aber in nichts nach.“, mit dem abgestreckten Zeigefinger hielt ich Thorn fixiert, während mein Geist versuchte die hochgestochenen Worte zusammenzuklauben. „Plyeth naklara ngor, plyeth ngor mas’tha.“, ich erlaubte mir ein Zwinkern und das kurze Innehalten mit der Flasche, einen Schwenk andeutend, der ihn nach seinem Nachschubbedarf fragte.




„‘Wer zu viel wagt, der wagt mit Überzeugung?‘ So viele ‚catchy phrases‘, und sie suchen sich Y’Lhem Nhelin, Andorias offiziellen Pathospapst aus? “ Ich musste mich fast zusammenreißen, um den nächsten Schluck Ale trotz meines offensichtlichen Amüsements sauber herunterzubekommen, während ich die Beine übereinander schlug. Dann schob ich ihr mit einem auffordernden Nicken das erneut leere Kristallglas über den Tisch hinweg zu, wobei es das letzte Stück gleitend zurücklegte, präzise bis zum Zielpunkt direkt vor ihrer Nase.




Den letzten Schluck aus der Flasche auf unsere beiden Gläser verteilend, sah ich Thorn grinsend an. „Dass Y’Lhem Nhelin der einzige Pathospapst der Andorianer ist, ist ein unter Andorianern weit verbreiteter Irrtum. Cheers.“
Y

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