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Verfasst: Mo 8. Aug 2011, 23:50
von RubensWolf
Wörter: 1048

Beteiligte Personen: Lt Mariss, LtjG Baverel, namenloser Kollege aus der Wissenschaft





== USS Britannia, Deck 12, Büro des CSO ==

Es hatte nicht lange gedauert, bis der Truppenkörper von der halbherzigen Parade für den Admiral abziehen durfte. Ich verstand den Nutzen dieser Bräuche nicht, auch wenn ich mir sehr bewusst war, worin sie einstmals wurzelten. Vor allem die nautische Tradition meines Heimatplaneten, der Erde, hatte sich deutlich in den Strukturen der Sternenflotte niedergeschlagen. Schon in einer Einführungsvorlesung über die Geschichte der Flotte wurde einem eingehend vermittelt, in wie vielen Details man sich an historischen Vorbildern orientierte, und das begann schon bei der seltsamen Pfeife, die bei zeremoniellen Ereignissen immer noch gebräuchlich war. Aber was waren solche Paraden normalerweise, zumindest für jemanden wie mich, ein einfaches Crewmitglied? Man stand seine Zeit ab, versucht etwas stattlich zu wirken, nicht zu viel und nicht zu wenig, und ansonsten nicht weiter aufzufallen. Und wenn dem Protokoll Folge geleistet wurde, was meistens kaum mehr als zwei Minuten zu dauern schien, gingen alle wieder ihrer Wege, und verbrauchten meistens nochmals eine halbe Stunde Zeit, um sich wieder die normale, schwarze Dienstuniform überzustreifen. Was für ein bewährtes Stück Ineffizienz hatten die Militärs sich selbst zur Huldigung erhalten.

Meine Gedanken schweiften offenbar ab, denn es brauchte einen Moment, bevor ich mir meiner Umgebung wieder bewusst wurde. Mein Blick ging verstohlen nochmals durch den Raum, musterte was ich aus den Augenwinkeln noch sehen konnte. Selbst schon wieder in Schwarz stand ich vor ihrem Tisch, die Arme auf dem Rücken verschränkt. Das Büro war definitiv anders als das, welches ich auf der Phoenix noch als meines bezeichnen durfte. Hier fand man statt weiß vertäfelten Wänden graue, die sich weniger vom Rest des Schiffes unterschieden, als ich es gewohnt war. Der Schreibtisch war nicht gerade groß, doch konnte ich mir aus eigenen Erfahrungen ausmalen, wie viele PADDs darauf Platz fanden. Ich hatte schließlich selbst zum Fundament beigetragen, in dem ich mit meinem eigenen Einsatzbefehl hier erschienen war. Doch das war nicht der einzige Unterschied, denn links hinter mir meinte ich, eine kleine Sitzgelegenheit gesehen zu haben, und einen Couchtisch. Empfing man hier öfters Gäste? Für eine ordentliche Dinnerparty war doch viel zu wenig Platz.

Ich hatte mich dem Protokoll entsprechend mit Rang und Name gemeldet, nachdem ich eingetreten war, doch das schien wohl nicht zu passen. Vor mir saß ein weiblicher Lieutenant, und sie schien kaum älter als ich, meinte ich jedenfalls. Ihr verspieltes, schwarz gelocktes Haar umrahmte eine nüchterne Miene, und Schweigen schien ihr zu liegen. Als keine Antwort ihrerseits kam, fügte ich noch hinzu, dass ich bereit wäre, meinen Dienst anzutreten, und auch darauf folgte kein einziger Satz. Nicht einmal irgendeine Floskel gab der Lieutenant zum Besten, und nachdem wir uns in etwa eine Minute angestarrt hatten, schwieg auch ich. So kam es, dass plötzlich alles andre im Raum interessanter zu sein schien, als ein Wettstarren abzuhalten, und so kam ich letzten Endes zum Computerterminal hinter dem Arbeitstisch der wissenschaftlichen Offizierin. Es mochte wohl von weiter weg, oder hinten, so aussehen, als hätte ich gerade aus gestarrt, doch in Wahrheit beschäftigten mich die Anzeigen.

Ich beschloss, es nach gefühlten fünf Minuten, wieder ein Mal zu versuchen, und blickte zu der Frau vor mir hinunter. Sie saß noch immer still da, beinahe Regungslos, wie eine Schlange die darauf wartet, dass das Kaninchen noch genau einen Schritt tat, einen kleinen Hopser in Richtung Verrecken. Ich räusperte mich, schlimm genug, und setzte dann an: "Gibt es Befehle für mich, Lieutenant?" Es kam keine Antwort zurück, keine Anweisung, was ich als nächstes zu tun und zu lassen hätte. Nicht, dass es einem auf einer Sovereign-Klasse an Vorschriften mangeln würde, aber eine Aufgabe wäre angenehm. Und gerade, als ich schon wieder damit begann, die Anzeigen über ihrem Kopf zu lesen, hörte ich die Stimme der Offizierin. Mariss war offenbar keine Freundin von Smalltalk, so viel wusste ich sofort, nachdem sie sagte: "Melden Sie sich in der Astrometrie. Diese Schicht und danach Gamma von heute an."

Kurz meinte ich Doubletten zu Blinzeln, doch dann nickte ich. Das würde bedeuten, dass ich eine Doppelschicht schieben würde, gleich am ersten Tag, nachdem ich mir beim Empfang eines Admirals anderthalb Stunden lang die Beine in den Bauch gestanden hatte. Es kam nichts weiter, und ich kam mir ohnedies schon vor, als wäre ich in falschen Boot gelandet. Ich meldete mich mit einem unerwiderten Nicken ab, und verließ die Abteilung in Richtung des nächsten Turbolifts. Nicht nur, dass ich mich so fühlte, als hätte ich versucht, einem Vulkanier einen Witz zu erzählen, durfte ich mir nun Kartenmaterial ansehen.



== Deck 13, Astrometrie ==

Ich war mir immer noch nicht klar, ob Lieutenant Mariss eigentlich meine Akte gelesen hatte, oder überhaupt wusste, dass ich in Zukunft unter ihr dienen soll. Mir war zwar immer noch nicht klar, was von meiner Zeit auf der Phoenix alles in der Akte gelandet war, aber sicherlich war dort vermerkt, dass ich schon einiges gesehen hatte. Es wunderte mich nicht, dass ich mit der Zahl meiner getöteten Gorn hier alles andere als punkten würde, doch konnte ich behaupten, selbst schon einmal eine Abteilung geleitet zu haben. Es war rein vom Verwaltungsaufwand natürlich weniger Arbeit, bei kleinerer Abteilungsgröße, doch die Prinzipien sind die gleichen. Und eigentlich wollte ich auch garnicht wissen, wie sich dieser Posten auf einem Schiff dieser Größe anfühlte. Die Britannia hatte eine vergleichsweise große wissenschaftliche Abteilung gegenüber einer Wyture-Klasse, und die Labors, so hatte ich gelesen, gestalteten sich auch großzügiger.

"Wir sind gerade damit beschäftigt, das Kartenmaterial für unsere Reise zu prüfen.", sagte die brünette Offizierin mir, während sie an einem größeren PADD arbeitete. Ein anderer Kollege bediente die Hauptkonsole der Astrometrie, und dennoch war ich überrascht zu sehen, dass das Panorama-Display keinen Kurs darstellte. Ich nickte beiläufig, und fragte mich in diesem Moment, warum ich eigentlich hier war. Die große Konsole war besetzt, PADD hatte man mir noch keines in die Hand gedrückt, und im Umkreis schien es wenig zu tun zu geben. "Sein Sie so gut, und besorgen sie uns drei Kaffee.", hörte ich den Lieutenant mit rotbraunen Haaren beiläufig sagen, bevor sie sich dem Kollegen zuwandte, und Parameter mit ihm besprach. "Aye, Ma'am", kommentierte ich nur, und verließ die Astrometrie wieder. Nun war ich also zur Flotte gegangen, um Kaffee zu holen, dachte ich mir, und dann erinnerte ich mich an meinen alten Posten zurück. Weniger wäre angenehm gewesen, dachte ich mir, doch das hier hatte mich doch auf dem falschen Fuß erwischt.