URPG – Log02 – CPO Goral – MED - 12345.0106

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Thorn P'Thall
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Do 25. Aug 2011, 00:05

Worte: 1907

Beteiligte Personen:
Wolf, Zyn’ra, T’Parr, Bolianer


Anmerkungen: -



*** USS Britannia – Deck 07 – Krankenstation ***


Der widerspenstige Bolianer war nach Doktor T’Parrs eindringlicher Lektion in Sachen Disziplin endlich abgezogen, und hatte mich der Illusion überlassen, dass sich meine Konzentration und mein Lesefluss nun wieder normalisieren würden. Während seiner gesamten Behandlung hatte ich vergeblich versucht, an einer nahegelegenen Konsole die zur Vorbereitung der Crew frisch freigegebenen medizinischen Informationen der MIDAS-Array-Kommunikation mit unserer Vertretung im Deltaquadranten zu studieren. Ich tat mein eindringlichstes, um meinen Geist ganz auf die Faszination für alles Unbekannte und Neue zu lenken, und meine merkwürdige Tagesstimmung irgendwie zu verdrängen. Vergeblich. Nun, da ich zumindest akustisch im Grunde mit meinen Gedanken allein war, war mir auch diese Ausrede für meinen Mangel an Konzentration abhanden gekommen. Natürlich hätte ich mich noch einem letzten Versuch zuliebe irgendwohin zurückziehen können, wo ich für mich allein war, doch ich kannte mich zu gut um mich dem Trugschluss hinzugeben dass ich mich vom geschäftigen Treiben einer Krankenstation so leicht ablenken lassen würde. Ich hatte auf Cardassia Prime während orbitaler Feuerstürme bei flackerndem Licht und in sengender Hitze die verlorenen Gliedmaßen von Milizsoldaten behandelt, mit einem medizinischen Präzisionslaser und Geweberegenerator Nervenstrang um Nervenstrang zusammengebracht, nanometerschichtweise Knochen verflüssigt und zusammengebracht, wie ein geduldiger Gärtner Muskelfasern ineinandergekämmt. Wie sollte mich also eine vergleichsweise ruhige Krankenstationsschicht von faszinierenden medizinischen Berichten aus einem fernen Quadranten abhalten, wie die Beschreibung einer behandel- und bald vielleicht auch heilbaren Hirnstamminfektion, deren Erreger sehr nahe mit jenem des als unheilbar geltenden Dorek-Syndroms verwandt war?

Ich schüttelte den Kopf, eine ziellose Geste, und beendete das Leseprogramm, um aus dem Augenwinkel nach dem wohl wichtigsten Grund zu sehen, weshalb ich an diesem merkwürdigen Tag nicht dennoch die Einsamkeit suchte. Mein rechter Mundwinkel hob sich erfreut, als ich einen Moment lang Zyn’ra dabei beobachtete, wie sie mit engelsgleicher Sorgfalt die Instrumente ordnete. Obwohl ein äußerer Beobachter zweifellos festgestellt hätte dass ich derjenige war, der sich für sie als Bezugsperson etabliert hatte, war es umgekehrt ebenso der Fall. Die Zusammenarbeit mit diesem hoffnungsfrohen, manchmal naiven, oftmals jedoch überraschend intuitiven Sonnenschein versüßte mir die Tage auf eine Art, die manch einem meiner Gönner von früher recht darin gab, mir eine Karriere als Unterrichtender ans Herz gelegt zu haben. Posthum, in den meisten Fällen.

Wieder zweifelte ich an meinem aktuellen Geisteszustand, als mir zu spät auffiel, dass ich nicht der einzige war der sie im Auge hatte. Doktor T’Parr trat fast zeitgleich mit mir an sie heran, und brachte sie für einen Moment in die Verlegenheit, nicht zu wissen wen sie zuerst ansehen sollte.

„- Crewman, auf ein Wort.“, verkündete die amtierende Chefärztin kühl, und mit einem Mal empfand ich einen seltsamen Widerwillen gegen den Gedanken daran, sie einfach mitgehen zu lassen. Vielleicht war dieses Instinktfragment wirklich nur ein Schatten aus vergangenen Zeiten, in denen eine kühle, effiziente Emotionslosigkeit unter Meinesgleichen ein Kriterium für eine perverse Mischung aus Bewunderung und tiefer Skepsis war. Bis hin zur Sorge um das eigene Leben.
„- Natürlich, Sir.“, entgegnete die Ba’ku kleinlaut.
„Gibt es ein Problem, Doktor? Ich bin Miss Zyn’ras zugewiesener Ausbilder und Betreuer.“, warf ich lächelnd und leicht meinen Blick neigend ein, noch ehe ich die Situation wirklich durchdacht hatte. Ein Pochen in meiner Schläfe ließ mich blinzeln, und das Lächeln schneller verlieren als angebracht. Es brachte mich angesichts einer Vulkanierin ohnehin nicht weiter.
„- Ich bin mit ihrer Funktion vertraut, Doktor Goral. Kein sie betreffendes. Kümmern sie sich bitte um Chief Wolf. Gehen wir, Crewman.“, meißelte sie mit einem Nicken in Richtung des Neuankömmlings in Granit, und wieder musste ich mich schelten. Nicht nur dass ich offensichtlich instinktiv für meine Verhältnisse geradezu aggressiv meiner Vorgesetzten dubiose Intentionen angedichtet und dann noch danach gehandelt hatte, nein, ich hatte wie so oft an diesem Tag einen regelrechten Tunnelblick entwickelt.

„Verzeihen sie, Mister Wolf.“ Ich räusperte mich, nickte dem Terraner dünn lächelnd zu, und führte ihn dann mit einer einladenden Geste an einen passend, einem Biobett nicht unähnlich ausgestatteten, sterilen Tisch. Der für einen Menschen leicht unterdurchschnittlich gewachsene, schätzungsweise an die zwei Jahrzehnte jüngere Mann wirkte kurz irritiert, leistete dann aber mit einer zurückhaltend-freundlichen Kenntnisnahme folge.

Minuten später war die Welt für die Dauer einer Behandlung wieder in Ordnung. Die Aufgabe, die nun vor mit lag, erforderte einfach zu viel Konzentration um bezüglich meines Fokus nicht in die tieferen Trickkisten zu greifen. Dezente, für uneingeweihte so gut wie nicht bemerkbare Atemübungen und ein konstantes Mantra hatten die ersten lange Momente der Arbeit an dem Neuralinterface zwischen seinem Stumpf und der Prothese zu einer eher schweigsamen Angelegenheit gemacht, unmittelbar im Anschluss an eine Feinjustierung der Mechanik. Die Natur der Aufgabe selbst hatte noch dazu beigetragen. Sie weckte Erinnerungen und alte Reflexe, physische und psychische. Schon bald konnte ich mich wieder ansatzweise entspannen.

Neben dem offenen, klinisch reinen Neuraltransmitterinterface zwischen behandeltem Fleisch und der Impuls-Empfangsmembran der Prothese lag der Handschuh, den Mister Wolf abgestreift hatte. Mein Blick sprang seit geraumer Zeit mit operativer Präzision zwischen dem Dateninterface auf dem tischinternen LCARS-Screen und dem Mikro-Impulsmessgerät hin und her. Hauchfeine Induktoren an seinen Schläfen lösten präzise an seine synaptische Struktur angepasste, motorische Nervenimpulse aus, während ein perfektes Leitfeld zugleich die frisch geschaffene Distanz zwischen Sender und Empfänger überbrückte, und meinem Messgerät ermöglichte die entstehende Spannung aufzuzeichnen. Abzuleiten war daraus letztlich die funktionale Präzision der Prothese im kompletten Spektrum der möglichen Impulse, welches die künstliche Hand zumindest theoretisch unmittelbar umsetzen sollte. Die Praxis hingegen… Nunja.

„Der Handschuh, Mister Wolf… sie fühlen sich nicht wohl mit ihrer Prothese, nicht wahr?“ Meine Konzentration blieb noch allein auf die Messvorgänge gerichtet, so einfühlsam der Tonfall auch sein mochte. Zusammen mit der Art, wie Cardassianer nun mal auf die meisten anderen humanoiden Rassen wirkten, löste ich letztlich mit meinen Bemühungen vielleicht wenig Wohlwollen aus, aber ich hatte das noch nie zum Anlass genommen mich zu verstellen.
„- Man hat mir gesagt, das sei zunächst normal.“, entgegnete der junge Mann zurückhaltend, eindeutig gedämpft, als hätten ihn die für ihn kaum zu erspürenden Impulse im Zusammenspiel mit den leisen Audiosignalen der Messungen eingelullt, hypnotisiert. Sein Blick war von dem Schauspiel abgewandt, und das war nicht schwer zu verstehen.
„Das ist es, Rubens. Ebenso wie ein automatischer Widerwillen gegen ihre Prothese. Leider hat auf diesem Feld die technologische Entwicklung die psychotherapeutische weit überholt. Da erzähle ich ihnen sicher nichts Neues. Sie sind schließlich ein gebildeter Mann.“ Es war beinahe ein Plauderton, den ich in solchen Gesprächen pflegte. Ob jener irritierte oder beruhigte hing zumeist von meinem Gesprächspartner ab.
„- Man hat mich aufgeklärt, ja. Wie mir das weiterhelfen soll konnte mir jedoch niemand erklären.“ Noch immer fiel der Blick des Mannes bestenfalls gelegentlich auf mich, wenn er es nicht mehr vermochte, ihn still zu halten. Auf die Arbeitsfläche jedoch nie. Ich nickte bedächtig.
„Ich kann ihnen jetzt schon sagen, dass es einerseits eine subtile Diskrepanz zwischen In- und Output gibt, die sich asynchron zu dem anhand ihres Neuralscans erstellten Profil verhält.“ Ich hatte geglaubt, früh zu erkennen, dass Rubens Wolf kein Mann war, bei dem man mit Vereinfachungen und Bevormundung Boden gewann. Ob ich damit richtig lag, würde sich jedoch erst herausstellen müssen. Ich hatte früh gelernt, dass es der fatale Trugschluss eines bemüht-amateurhaften Wesenskenners war, zu glauben dass man eine Person beim ersten Kontakt bereits effektiv durchschauen konnte.

Wolf musterte mich mit einem Mal eindringlicher. Seine Augenbraue zuckte aufwärts. „- Die Hand funktioniert ausgezeichnet. Ich bin lediglich auf medizinische Weisung hier.“
Abermals nickte ich entgegenkommend, während ich das Messgerät beiseitelegte und das Feld dämpfte. Präzisionsschienen führten Prothese und Arm wieder zusammen.
„Es hätte mich sehr überrascht, wenn sie es gespürt hätten. Besagte Diskrepanz liegt außerhalb des wahrnehmbaren Bereichs. Sie können es bestenfalls… ahnen.“
Mein Gegenüber blinzelte. „-Ahnen? Verzeihen sie, ich will ihnen wirklich nicht zu nahe treten, Doktor, aber sind sie auf dem Gebiet wirklich ein Spezialist?“
Mein Lächeln blieb genau wo es war, und so ehrlich wie zuvor. „Sonst wäre ich nicht mit ihrer Behandlung betraut worden. Ich habe umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet. Und bin mir sicher dass sie weder mir noch sich selbst etwas vormachen, aber dennoch ein deutliches Unbehagen verspüren. Ein Symptom besagter Diskrepanz, wenn sie so wollen. Zu vage, um von ihrem analytischen, geschulten Verstand wirklich beachtet zu werden, aber zu tief verwurzelt um ohne Einfluss auf ihren Alltag zu bleiben.“ Mein Blick fiel suggestiv auf den Handschuh, während das Stabilisierungsfeld und die Leitschienen seine bleiche Totenhand freigaben. Seine andere hatte bereits zu dem Stück Stoff gegriffen, und ich inszenierte es bewusst als Teil der Beweisführung.

„- Sie wollen sagen, ich fühle mich Unwohl, weil es eine Diskrepanz gibt. Aber auch, dass es eine Diskrepanz gibt, weil ich mich Unwohl fühle. Klingt, als könnten sie mir nicht helfen.“, analysierte der Wissenschaftler rasiermesserscharf. Ich lehnte mich zurück, hielt seinen Blick, wie auch den beschwichtigenden Ausdruck in meinen Zügen.

„Korrekt. Und sie wissen nur zu gut, dass es dafür Spezialisten gibt. Ich vermute lediglich, dass sie diese Hilfestellung für sich selbst als ausgereizt empfinden.“ Als er nach einer kurzen Pause nichts dazu sagte, wagte ich fortzufahren. „Höchstens darin würde ich ihnen widersprechen. Die Britannia hat hervorragende Counselors mit umfangreicher Felderfahrung in diesem Bereich an Bord. Im Gegensatz zu denjenigen Spezialisten, die sie im zuständigen Institut behandelt haben, sind einige dieser Fachleute bestens mit langfristiger Betreuung vertraut. Nichts gegen deren Kollegen, welche die Erstbetreuung übernehmen, aber naturgemäß konzentriert sich ihr Erfahrungsschatz auf den unmittelbaren Übergang zwischen Verlust und Anpassung. ‚Das Gröbste abzuwenden‘, wenn sie so wollen.“ Mir schien, als hätte ich mit dieser Erörterung eine Saite in ihm angeschlagen. Wolf streifte sich nachdenklich den Handschuh über. „Ich übermittle ihnen einige Empfehlungen diesbezüglich, wenn sie erlauben.“

„- Gut, Doktor.“ Es war nicht zu verwunderlich, dass ich ihm entweder zu denken gegeben hatte, oder eine Abwehrreaktion hervorgerufen. Beides war eine mögliche Erklärung für seine nicht weiter unerwartete Schweigsamkeit und Zurückhaltung. Und es waren beileibe nicht die einzigen. Ich erhob mich zeitgleich mit ihm, verzichtete jedoch darauf ihm die Hand zu reichen. Billiger Symbolismus war nicht mein Fachgebiet.
„Und wenn sie zu dem Schluss gelangen, noch nicht gründlich genug physiologisch untersucht worden zu sein, arrangiere ich einen Prioritätstermin bei einem Spezialisten ihrer Wahl.“ Es war die subtilste und unaufdringlichste Andeutung von ‘Ich bin für sie da, wenn sie etwas brauchen.‘, die mir in diesem Moment einfiel.

„- Danke.“

Dann war er weg, und hinterließ mich auf meinem Behandlungsstuhl zurückgesunken, meine Schläfen massierend. Es war definitiv innerhalb meines Spielraums für solche Empfehlungen, dass ich die Toleranzwerte für Schwankungen in der Impulstransmission nicht erwähnte, in deren Rahmen seine Abweichungen gerade noch lagen. Denn auf diese Weise präsentiert war die Chance am größten, dass sich ein Analytiker selbst half. Dass ein psychologischer Auslöser zu mechanischen Abweichungen führte, und kaum messbare Ungenauigkeiten dieser Art wiederum großen Einfluss auf komplexe Systeme wie sein Wohlbefinden nehmen konnten- das war für einen Wissenschaftler einleuchtend. Man präsentiere noch eine logische Herangehensweise zur Behebung dieses Problems, namentlich eine Langzeittherapie seitens geeigneterer Fachkräfte… und schon war die Welt wieder ein Stück verständlicher, geregelter, in einen nachvollziehbaren Rahmen gefasst.

Viel besser als ‘Hören sie, ich kann nicht genau sagen was da passiert, dafür sind wir in der Psychologie hinter dieser Prothesengeschichte nicht weit genug. Aber sie sind offensichtlich neu an Bord, einsam, noch nicht gänzlich erholt, und haben niemanden zum reden. Das durchschaue ich, weil ich alt bin und schon einen Haufen abgewrackter Typen habe kippen sehen. Suchen sie sich Freunde, oder wenigstens zuerst mal einen Seelenklemptner, sonst kriegen sie den Dreck einfach nicht ventiliert, und ob es nun relevant ist oder nicht: Das kann nicht gesund sein.‘

Viel, viel besser.
Charaktere:

Captain Thorn P'Thall - CO, USS Britannia
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Chief Petty Officer Dr. Elin Goral - MED, USS Britannia
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Commanding Officer, USS Britannia NCC-1302

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