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BRI – Log12(290)- Cpt P’Thall – CO - 13027.0316

Verfasst: Di 11. Okt 2011, 02:10
von Thorn P'Thall
Worte: 2110

Beteiligte: Amh, Bevan, T’Parr, Thalin, Wolf, Zyn'ra, Tiamat
Erwähnte: Peterson, Daren, Maedows, Kaede

Soundtrack: http://www.youtube.com/watch?v=BK9cPymRVbs
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*** USS Britannia – Korridor, Deck 8 – auf dem Weg gen Waffenkammer ***


„Gesichert lassen.“, befahl ich knapp und scharf, und fixierte Thalins Seitenblick mit einem Ausdruck in meinen Augen, der keinen Widerspruch duldete. Kalte Streitlust funkelte mir für einen Moment entgegen, und wurde mit energischer Gleichgültigkeit beantwortet. Ehe er den Pulswerfer, den er eben erst geladen hatte, wieder senkte und deaktivierte, dabei ein frustriertes „-Ja, Sir.“ entgegnend.

Ich beließ es selbstverständlich dabei. Nicht nur dass ich ihm keine Rechenschaft über meine Befehle schuldig war, es war auch verdammt nochmal offensichtlich dass es ein Desaster geben würde, wenn bei jedem vermuteten Feindkontakt auf gut Glück das Feuer eröffnet werden würde- Und das noch mit diesen Waffen, am besten inmitten unserer Gruppe. Wir brauchten ein klares Ziel und einen sauberen Schuss. Wie gut, dass unsere Genies genau dafür scheinbar einen Plan hatten.
Ich richtete meinen Blick also wieder auf den vor uns liegenden Weg, den wir im schnellen Marsch beschritten- Zum erstbesten Labor, genauergesagt zu dessen Inventarschränken. Der allmählich aufkommende Zeitdruck wie auch unsere frisch erworbene, aber noch unvollkommene Methode zur Ortung der Bestie sorgten dafür, dass wir diesmal in lockerer Formation, aber gemeinsam marschierten. Bevan, voll auf ihr Padd konzentriert, bildete den wachsam-nervösen Kern der Gruppe, nebst Mariss (einem weiteren Problem, um welches wir uns erst beizeiten kümmern konnten) und ihrer kleinen Pflegerin. T’Parr bildete eine verlässliche Nachhut, und zugleich einen Ruhepol für die vor ihr marschierende Chargin Tiamat. Cholain hatte sich ihrer neuen alten Rolle gemäß die Spitze erobert, und ich machte keinerlei Anstalten, sie davon abzuhalten. Noch. Und Wolf? Wolf stank nach Angst. Also tat er gut daran sich zwischen Bevan und Amh zu halten. Ich rüpfte die Nase.

Während sich die Zusammenstellung der Gruppe wie Figuren auf dem Schachbrett vor meinem geistigen Auge klar abzeichnete, und uns Bevans begrenzte Überwachungsmethode ein gewisses Maß an Seelenfrieden bot, waren es die bis auf unsere hallenden Schritte totenstillen, hell erleuchteten Gänge des Schiffes, die wirklich Beklemmung auslösten. Ich sah es aus dem unbewegten Augenwinkel in den Blicken meiner Leute, in ihren achtsamen Bewegungen, in zahlreichen Details ihrer Mimik und Gestik. Jeder, der nicht gerade mit einer konkreten Aufgabe abgelenkt war, spürte es bis ins Mark- Wir durchschritten die Eingeweide eines uns durch Totenstille und völlige Leblosigkeit fremd gewordenen Geisterschiffes, und da draußen lauerte etwas auf uns, das nicht in diese Welt gehörte.

Und ich? Ich beobachtete, wartete, marschierte und lieferte ein oberflächliches Beispiel an Selbstdisziplin und Fügung in meine Rolle. Weder Techniker, noch Wissenschaftler, noch Krieger oder Heiler, sondern Zuhörer, Entscheider und Hinterfrager. So war es nun seit Stunden gewesen. Doch das würde sich bald ändern.
Eine schwarz behandschuhte Rechte legte sich abwartend um den Griff des an meiner Seite fixierten Pulswerfers, der Zeigefinger abgespreizt und jenseits des Abzugs, trotz der Sicherung, wie es sich für einen gut ausgebildeten Infanteristen gehörte. Bald schon würden all jene Erwähnten ihre Glanzzeit gehabt und ihr Werk verrichtet haben, und dann…
Mein Blick verengte sich, als an einer geisterhaft hellen, sterilen Biegung vorbei das Schott zum Auxiliarlabor in Sicht kam.

Dann würde die Stunde des Jägers kommen.



*** Auxiliarlabor A-3 ~ kurz darauf ***


„Crewman. Erstatten sie bei ihrer Vorgesetzten Bericht über den Zustand der Lieutenant. Kehren sie danach umgehend zurück.“
Zyn’ra blickte blinzelnd von ihrer Patientin auf, die in einer Erholungsnische des Laborbereiches niedergelassen worden war, während die Vorbereitungen für den Einsatz liefen. „- Ja, Sir. Soll Tiamat… ich meine, Crewman Tiamat…“
„Nicht nötig. Gehen sie.“

Untermalt von den langsam an der Trennwand vorbei ausklingenden Schritten der Chargin trat ich an die Pritsche heran, auf deren Rand Cythia Platz genommen hatte, die Beine kraftlos abgestreckt, die Hände in abwartender Haltung als Kinnstütze fungierend, die Ellenbogen an den Knien. Sie sparte sich den sinnlosen, symbolischen Akt des Aufsehens, während ich einen Moment lang auf sie hinabsah.
„- Sie sollten wirklich verschwinden, Captain. Dieser Zustand reizt meine anderen Sinne zur Verwegenheit.“, scherzte sie halbgar, und hinter den Worten eindeutig entnervt.
„Davon gehe ich aus.“, erklärte ich im gedämpften Tonfall nüchtern, ehe ich bedächtig in die Hocke ging, bis meine Augenhöhe zuletzt unter ihrer lag. Nicht dass Augenhöhe hier eine Rolle gespielt hätte.
„- Kriege ich jetzt eine Standpauke, weil ich erblindet bin, und meiner Rolle als Augenzeugin ihrer glorreichen Großwildjagd nicht mehr nachkommen kann?“, schnaubte sie, aber es begann bereits durchzusickern. Eine amüsierte, fast gelöste Note, wie auch eine nahe dem Rand der Verzweiflung gelegene.
„Tun sie, was sie am besten können. Benutzen sie ihren Verstand, Cythia.“, murmelte ich unbeeindruckt. Ja, ich murmelte. Und ja, ich suchte irgendwo in ihrem leeren Blick eine Erwiderung des meinen.
„- Ich weiß, verdammt… Ich weiß. Es ist dieses Ding. Sie retten den Tag und schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe, damit ich endlich wieder Blau sehen kann. Was werde ich frohlocken.“, ächzte sie in einem Versuch aufrichtigen Sarkasmus hervor, schüttelte dabei langsam ihren Kopf, zuckte mit den Schultern, senkte ihre Hände und verschränkte sie auf Kniehöhe.

„Richtig. Und jetzt halten sie die Klappe, sperren ihre Lauscher auf, und holen sich ihre Standpauke ab wie eine gute Lieutenant.“, schnaubte ich ihr auffällig sanft entgegen, ehe sich meine temporär unbehandschuhte Linke über ihre Hände legte. Kurz. Eine Berührung. Ein Drücken. Dann erhob ich mich langsam, straffte meine Haltung wieder, als würde ich mich selbst nochmals in jenem zügellosen Selbstvertrauen und in jener Entschlossenheit bestärken, die ich in diesen Moment gelegt hatte.
Ihr rechter Mundwinkel zuckte hoch. Es fiel ihr schwer, das erschöpfte Schmunzeln zu schlucken.

Ich lasse sie nicht im Stich. Und wenn es an Bord meines Schiffes sowas wie eine Furie geben darf, dann sind sie das. Alles andere wird geluftschleust.

Ich wandte mich ab und marschierte mit einem anerkennenden Nicken an der irritiert zurückkehrenden Medizinerin vorbei.



~~~ Die Stunde des Jägers ~~~


Amh überwachte mit ihrem kritischen Blick Wolfs Arbeit an den WTVAs, während sie Statusberichte mit dem von Daren und Kaede begleiteten technischen Team im Maschinenraum, und Peterson an Bord der Yacht austauschte, der mit Maedows als Schutzengel unsere letzte Rückendeckung und Rückzugsmöglichkeit bildete.
WTVAs: Wissenschaftlich-Technische Visorassistenten, im Grunde einer Komponente von selten genutzten Schutzanzügen für den Laborgebrauch im Fall von eingeschränkter Schutzfeldeffektivität. Das Prinzip war einfach- Hatte der Wolf zumindest behauptet. Die WTVAs waren HUD-Visiereinrichtungen, welche die Intensität und Lage von Strahlungs- Gas- Energie- und anderwaltigen Gefahrenquellen in Echtzeit visualisierten, farb- intensitäts- und dichtecodiert, ein hübsches kleines Lichtspiel. Würde man sie jedoch statt mit der HAZ-MAT/RAD/ENT-Datenbank mit dem Datenoutput unseres Suchgitters koppeln, bekäme man eine überzeugende Echtzeitdarstellung der Tachyonenverwirbelungen vor die Nase. So weit, so gut. Ich hatte anerkennend genickt, ebenso wie im Zuge von Bevans Erklärung, dass es kaum mehr als die Verstellung eines Reglers gebraucht hatte, um die Werfer für diesen Einsatz zu optimieren.

Nun stand ich besagter Technikerin jedoch an einem LCARS-Tischdisplay gegenüber, an welchem sie ihrer Folgeaufgabe nachging: Der Auswertung der Routen unseres Geistes, in der Hoffnung auf eine effektive Eingrenzung seines Aufenthaltsortes. Neongrüne Linien durchzogen in einem chaotischen, aber dennoch vage geometrischen Muster den dreidimensionalen MSD-Deckplan, mit Struktur aber ohne Sinn. Sie fluktuierten stellenweise vor unseren Augen, waberten, zerfielen, bildeten sich neu- Es war zu viel Leben, zu viel Bewegung in dieser Labyrinthzeichnung, um auch nur sagen zu können wo sich aktuell die bedeutendsten Veränderungen abspielten. Es schien hoffnungslos, und genau so blickte die glorifizierte Unteroffizierin drein. Gehetzt, getrieben, und kurz vor dem Ziel in die Ecke gedrängt wie Beute.
„- Jeffriesröhren. Hauptsächlich Jeffriesröhren.“, murmelte sie vor sich hin, und blickte dann mit einem Zucken in ihren Zügen auf, als hätte sie gerade erst bemerkt dass ich direkt ihr gegenüber am Tisch Stellung bezogen hatte, meinen Blick auf das selbe Diagramm konzentrierte. Dann begann sie wie wild Filter über die Darstellung zu legen. Temporale Prognosen, Vorfälle mit der Crew, potenzielle Begegnungen, weitere messbare Anomalien… mit jeder Eingabe verlor das Chaos noch weiter an Klarheit.
Wolf und Amh gesellten sich dazu. Zyn’ra und Tiamat führten Mariss aus ihrer Nische in den Raum. Die restlichen Vorbereitungen waren wohl abgeschlossen, und da meine Eins-O nicht das Wort ergriff, war davon auszugehen dass bei den anderen beiden Teams alles in Ordnung war. Das alles registrierte ich mit meinen Ohren, Fühlern und Augenwinkeln. Mein Fokus blieb auf Bevan, die sich abmühte, System in dieses Desaster von einer Karte zu bringen. „Caryl.“, sprach ich sie scharf an. Sie blinzelte.

„- Habe ich da „Jeffriesröhren“ gehört? Ergibt Sinn. Es will in Bewegung bleiben, aber nicht gesehen werden.“, warf Amh als Teil ihres guten Laufes in ihrer neuen Rolle schlichtend ein.
„- Und jetzt, wo das Schiff geräumt ist? Warum jetzt noch?“ Bevan atmete tief aus. So nah, und doch so fern. Sie schien Tränen der Verzweiflung nahe.
„- Gewohntes Terrain?“, philosophierte Wolf. Theorien über Theorien. Ich verengte meinen Blick.
„- Quatschen sie nicht, es ist doch nicht mal sichtbar!“, brach es zwischen zusammengebissenen Zähnen aus der jungen Raumschiff-Cheftechnikerin wider Willen heraus.
„- Ruhig, Caryl, er hat schon recht, vielleicht hat es einfach keine Ahnung?“, schaltete sich abermals die XO ein.
„- Die Logik legt mit hoher Wahrscheinlichkeit nahe, dass es verängstigt und ziellos vorgeht. Sie legen die falschen Maßstäbe an.“ T’Parr schien aus dem Nichts aufgetaucht zu sein.
„- Es ist ein Eindringling. Es will maximalen Schaden anrichten!“, knurrte Thalin von den billigen Plätzen. Und so würde es weitergehen.

Es reichte. Ich erhob mich aus meiner über die Karte gebeugten Haltung und schlug die knackend schwarzlederne flache Hand auf den Holotisch, ließ die Darstellung flackern, den Knall in der uns umgebenden Leere wiederhallen.

„Es ist Beute. Unsere Beute.“

Der gezielt-polemisch herbeigeführte, taktische Schock reichte für eine Runde erstauntes bis betretenes Schweigen.
„Keiner von ihnen war jemals auf einer ernsthaften Jagd, also halten sie für einen Moment alle an sich.“, versprühte ich meinen besten Gletschercharme über die Anwesenden, strahlend erfüllt von der selbstverständlichen Überzeugung dass die Barbarei einer Raubtierjagd bis auf den letzten Blutstropfen eine Grundwissenslücke bei diesem Pack darstellte, fixierte dann Bevan. „Zurück zur Anfangsdarstellung. Nur die Konzentrationen. Sehen sie sich sein Revier an. Beute ist nicht komplex.“
Die Technikerin blinzelte, atmete schwer aus, und leistete Folge.
„Konzentrieren sie sich aufs Wesentliche. Warum die Jeffriesröhren? Es ist unsichtbar, kann sich frei bewegen. Also, Caryl? Sie kennen das Terrain am Besten.“
„- Zugriff auf die Subsystem-Hardware…“
„Es ist Beute. Einfacher.“, zischte ich ihr dazwischen.
„- Raumangst?“, warf sie bebend ein.
„Wärmer. Die Antwort liegt im Muster, Caryl. Lesen sie die verdammte Spur.“, grollte ich, blickte ruckartig zu Amh, die kurz davor war physisch einzuschreiten, und richtete einen eindeutigen Blick auf sie. Vertrauen sie mir, oder fahren sie zur Hölle.
„- Die Spur ist verwaschen...“ Bevan starrte indessen das MSD an, als würde ihr Leben davon abhängen.
„Dann lesen sie die verfluchten Lücken, Terranerin.“, knurrte der Jäger in mir abfällig.
Sie schloss sie ihre Augen, atmete geradezu meditativ aus.

„- Dunkelheit.“, hauchte sie schließlich.

Es dauerte nicht einmal einen Augenblick an. Sie riss ihre Augen auf, verifizierte ihre These, und brach dann voller Erleichterung in einem erklärenden, fast schon begeistert verbissenen Vortrag aus. „- Diese Lücken. Diese schwachen Abschnitte. Diese Wenden und Haken die es geschlagen hat. Die offensichtlich abkürzenden Röhren, die es ausgelassen hat. Natürlich. Licht. Verdammtes Licht. Es hat kaum eine dauerbeleuchtete Röhre durchquert. Und diese Zonen schwacher Aktivität? Vage Datierung, aber es reicht. Es passt. Ich habe die verdammten Schichtpläne doch im Kopf. Wartungsarbeiten! Wartungsarbeiten unter Notbeleuchtung, Reparaturen mit mobilen oder vorhandenen Notfall-Lichtquellen, selbst die ferngesteuerten. Es meidet das Licht! Die Korridore sind hell. Die Räume sind immer alle hell. Selbst die Frachtbereiche, bis auf die subraumkomprimierten, wo es nicht hinein kann. Aber die Jeffriesröhren nicht. Die sind dunkel, allermeistens dunkel!“ Sie schnappte nach Luft, stützte sich schließlich auf, blinzelte mich frenetisch an, senkte dann den Blick, erleichtert, erschöpft, von Null auf Hundert, von Hundert auf Null.

„Weil es sich in Dunkelheit auf diesem Schiff materialisiert hat.“, verkündete ich, ohne dass mein Tonfall einen Hehl daraus machen würde, dass mir dieser Gedanke gerade erst in diesem Moment kam. „Das Wesen der Beute spielt keine Rolle, wenn man sie nur aufspüren muss. Nur die Fährte zählt. Ihr Weg und Ziel. Der Energieausfall während und nach der Durchquerung des Wurmlochs, wo das Wesen an Bord gelangte? Dunkelheit war sein Weg in diese Welt. Dunkelheit war der Eingang.“ Ich wandte mich mit einem nicht weniger als unheimlichen Lächeln an den Rest der Runde. „Und in der Dunkelheit sucht es die Flucht daraus. Den Ausgang.“

Cholain starrte mich an, wie man ein Raubtier im Käfig anstarrt. Ehrfürchtig, weil es ist was es ist, dankbar, weil es ist wo es ist, und trotz all dem ein wenig respektvoll- Mit der Art von Respekt, als hätte ich sie seit langer, langer Zeit zum ersten Mal überrascht. Oder erschrocken.

„Wir treiben es mit Licht… in eine Falle aus Dunkelheit.“, stellte sie trocken fest.

Ich nickte.