Worte: 1727
Personen: keine
NPCs: Laetitia Branchi (erwähnt), Captain t'Hras, Lt. Sovek, Srelani T'Rish, unbenannter Arzt
Es ist gut, (wieder) blau zu sein...
Ich bin schon zu lange an einem Ort. Ich muss einfach weg.
Zwei Sätze, die zwei Leben verändert hatten. Erinnerungsfetzen schossen vor meinem Auge vorbei, zeigten glücklichere Tage. Wieder erschienen die Worte vor meinem Auge. Handgeschrieben, die sonst so schwungvolle Schrift verwackelt und unruhig.
Sie hatte es erneut mit der Angst zu tun bekommen und war geflohen. Von einem Tag auf den anderen hatte nichts bis auf diese handgeschrieben Notiz und die Abwesenheit meines Runabout Winterblüte darauf hingewiesen, dass je eine Laetitia Branchi existiert hatte. Der Ausblick wechselte, und wandelte sich in jenes leere Hangarfeld, wo eigentlich das kleine Langstreckenschiff stehen hätte müssen. Sie hatte es kurzerhand mitgenommen. Ich fühlte das zerknitterte Papier in meiner Hand, als ich meinem Ärger Luft verschaffte, auf eine der Krücken gestützt, die ich zu diesem Zeitpunkt noch gebraucht hatte.
Die Szenerie wechselte abrupt, war zunächst etwas verschwommen.
Ich atmete tief durch. Noch einmal. Das Bild klärte sich zunehmend. Die Luft war frischer und kühler als zuvor.
Schnell realisierte ich, dass ich in meinem Büro auf Andor sass, einem Eckraum im siebten Stock eines Verwaltungsgebäudes der Sternenflotte, mit Blick auf den grössten Raumhafen der Hauptstadt.
Ich blinzelte mehrmals,um auch die letzten Reste des Schlafes aus meinem Bewusstsein zu verbannen, verfolgte den Start eines mittelgrossen Frachters von einer der entfernteren Plattformen.
Beinahe gleichzeitig wurde ich mir einer Präsenz im Raum bewusst.
„Wie lange warten Sie schon, Sovek?“ fragte ich den Vulkanier, der regungslos vor meinem Tisch stand.
„Achtzehn Minuten, zwölf Sekunden, Sir.“ antwortete dieser in seiner gewohnt ruhigen Art und Weise.
Ich seufzte leise und wandte mich dem Lieutenant zu, die Hände dabei faltend.
„Ich bin sicher, dass sie mir auch genau sagen könnten, wie oft ich Sie schon dazu aufgefordert habe, mich einfach zu wecken, wenn Sie mich so vorfinden, oder?“
„Korrekt, Commander.“
„Und wie immer würden Sie vermutlich entgegnen, dass es nicht 'angemessen' sei, eine Person mit meinem 'medizinischen Hintergrund' derart zu behelligen, und es Ihnen nichts ausmacht, zu warten?“
„Wieder korrekt, Sir.“
„Bitte ersparen Sie mir es.“ meinte ich trocken, bevor ich aufstand und am nahegelegenen Replikator eine Tasse Tee orderte. Sovek nickte lediglich bestätigend.
„Was kann Ich für Sie tun?“ fragte ich schliesslich an meinem Tee nippend. Ich ahnte zwar bereits, worum es ging, aber wusste, wie wichtig Protokoll für diesen speziellen Vulkanier war.
„Der Dienstplan für die kommenden zwei Wochen.“ Er legte mir ein grösseres PADD auf den Tisch, und ich warf einen schnellen Blick darauf. Wenig überraschend hatte er gründliche Arbeit geleistet.
„Warum haben Sie Shras in die Beta-Schicht versetzt?“ kommentierte ich die einzige kleinere Anomalie, die sich mir auf dem ersten Blick offenbarte.
Der Vulkanier wirkte so als ob ihm die Antwort etwas uangenehm war. „Er nannte... persönliche Gründe und bat von sich aus um den Wechsel.“ Ich kniff die Augen zusammen, konnte ich diesen Gedankengang doch nur zu gut nachvollziehen. Ich zuckte schliesslich mit den Schultern.
„Egal. Ich werde das bis morgen absegnen, oder Änderungsvorschläge an Sie weiterleiten. Sonst noch etwas?“
Wieder nickt der Lieutenant. „Aye. Captain t'Hras bat mich Ihnen auszurichten, dass Sie am späteren Nachmittag einen Höflichkeitsbesuch erwarten können.“
Ich rieb mir den Nasenrücken. Ich war hier während meiner Rekonvaleszenz zwar der Adjutant des Leiters der lokalen Sternenflotten-Niederlassung und hatte entsprechend, als ihr Stellvertreter, einigen Kontakt mit ihr, aber wenn t'Hras sich die Mühe machte, von sich aus mir einen Besuch abzustatten, speziell ohne Terminvereinbarung, bedeutete das nur selten etwas Gutes.
„Danke, Lieutenant. Ich habe Sie schon lang genug aufgehalten.“
Wieder nickte er auf seine präzise vulkanische Art und Weise und verliess mein Büro, ohne Anzeichen dafür, ob die Wartezeit oder mein zynisches Gebaren ihn irgendwie berührt hatten. Manchmal hatte es doch Vorteile, mit Wesen Dienst zu tun, die ihre Gefühle unterdrückten.
„Commander.“
„Captain.“
Die Begrüssung als 'frostig' zu bezeichnen, war gewiss eine Übertreibung, aber dass t'Hras unzufrieden war, liess sich aus ihrer Stimme und Körperhaltung sehr schnell erahnen.
Ich legte ein PADD zur Seite, in denen die letzten administrativen Tätigkeiten des Tages gespeichert waren.
„Ich schätze Sie sind nicht aus reiner Freundlichkeit hier herunter gekommen.“ kommentierte ich knapp.
„Da haben Sie Recht. T'Rish, allen Berichten der medizinischen Abteilung zufolge, sind Sie auf dem besten Weg zur Besserung. Aber dennoch, Ihre Leistung ist bei weitem nicht das, was sie sein könnte.“
„Wenn es um meine unfreiwilligen Nickerchen geht...“
Sie wischte das beiseite. „Ihr Arzt meinte, das ist unvermeidlich durch den Medikamentencocktail, den Sie verabreicht bekommen. Ehrlich gesagt war er überrascht, dass es nicht häufiger passiert.“ Sie verschränkte die Arme. „Und wegen ein paar unfreiwilligen Nickerchen hierher kommen? Dafür ist mir meine Zeit zu schade.“
„Warum sind Sie dann hier?“ fragte ich die Andorianerin vor mir, welche gut doppelt so alt war wie ich.
„Ich bin sonst nicht jemand, der im Privatleben von einem meiner Offiziere herumstöbert, aber offenbar ist es bei es bei Ihnen notwendig. Es ist mehr als offensichtlich, dass Sie etwas abseits Ihres Gesundheitszustandes belastet und ablenkt.“
Ich setzte bereits an mich zu rechtfertigen.
„Ich bin noch nicht fertig. Mir ist ehrlich gesagt auch egal, was es ist, Lieutenant Commander, aber ich erwarte von Ihnen, dass Sie es in den Griff bekommen, ganz schlicht und einfach aufgrund der Tatsache, dass Ihre Arbeit darunter leidet. Schlampigkeitsfehler, Beschwerden über offiziersunwürdiges Verhalten oder eine gerade heraus freche und rüde Art und Weise, mit Ihren Untergebenen und Kollegen umzugehen... verstehen wir uns, T'Rish?“
„Aye Captain.“ antwortete ich mit einem unterdrückten Knurren.
Die Vorwürfe kamen nicht aus heiterem Himmel. Mir war es selbst mehr als bewusst, und ich tat mein möglichstes, die ganze Misere hinter mir zu lassen. Aber es war nicht einfach.
„Commander..“ kam ihre warnende Stimme.
„Entschuldigung, Sir.“ seufzte ich.
„Wissen Sie was? Nehmen Sie sich etwas Auszeit bei der Familie.“
Ich hob eine Augenbraue. So etwas wie Verständnis für die Situation?
„Sir?“
Ihre Stimme war eine Spur sanfter, als sie wieder zu sprechen begann. „Sie sind nicht der erste junge Mann in der Geschichte des Universums, der im Eishagel stehen gelassen wurde. Nehmen Sie sich die Auszeit.“
Es dauerte nicht lange, bis ich in der Familienresidenz ankam. Auch wenn es mittlerweile später Abend war, herrschte doch noch mehr oder weniger hektisches Treiben, als im Untergeschoss die Nachtschicht der Handelsunternehmens übernahm.
„Abend Kel.“ erklang die übermässig fröhliche Stimme meiner kleinen Schwester zu meiner Rechten.
Ich grunzte so etwas wie eine Begrüssung, was mir einen verwunderten Blick von der jungen Mutter einbrachte.
„Wir reden später.“
„Was ist los mit dir?“ fragte sie schliesslich, als wir unter uns waren.
Ich hatte es mir mit einem Glas Ale gemütlich gemacht, starrte in das nächtliche Panorama der Hauptstadt hinaus, nippte ab und an an dem blassblauen Getränk.
„Du bist nicht die erste, die mich das heute fragt, Schwesterherz.“ entgegnete ich leise. Srelani sah mich durchdringend an.“Noch immer?“
Sie klang beinahe enttäuscht. Diese Feststellung hatte einen beinahe ebenso bitteren Beigeschmack wie Lae's Verschwinden vor nunmehr vier Monaten
„Kel...“ Sie seufzte leise, schüttelte andeutungsweise den Kopf. „Wird es nicht langsam Zeit, dass du wieder weiter lebst? Nicht so vor dich hinsiechst?“
„Was meinst du?“ Abrupt wandte ich ihr meinen Kopf zu.
Sie kniff die Augen zusammen. „Komm schon, Bruder. Du bist kein Büroarbeiter. Warst du nie. Warum hast du dich damals so viel wohler gefühlt als Wachmann denn als Buchhalter? Warum bist du zur Sternenflotte gegangen? Sicherlich nicht, um in dem Büro auf deiner Heimatwelt zu vergammeln.“
„Sel..“
Wieder ein missbilligender Blick von ihr. „Du hast noch Glück, Kel.“ meinte die jüngere Frau schliesslich. „Du hast wenigstens nicht viel, was dich noch an sie erinnern könnte. Fast alles, was dich mit ihr verbunden hat, ist nicht mehr vorhanden, und sobald du auf ein neues Schiff kommst – und keine Widerrede, du musst wieder in den Raum raus – werden die letzten Fäden zu diesem alten Leben verschwunden sein.“
Ich nahm einen herzhaften Schluck vom Ale, genoss das Brennen, das der Alkohol in meinem Rachen verursachte. Er erinnerte mich daran, dass ich noch im hier und jetzt verweilte, anstatt in einer so lang zurück zu liegen scheinenden Vergangenheit.
==wenige Tage später==
Ich hatte ein nicht zu unterschätzendes Gefühl von déjà-vu als t'Hras erneut in mein Büro trat.
„Captain..“ setzte ich bereits an eine Erklärung für meine neueste Leistungsproblematik zu geben, aber sie unterbrach mich mit einem Handzeichen und trat beiseite. Hinter ihr kam mein Stammarzt zum Vorschein, welcher heute ungewöhnlicherweise mal einen Hausbesuch zu machen schien.
Ich lehnte mich im Sessel zurück und betrachtete die beiden abwechselnd, bevor ich fragend die Hände in die Luft warf. „Soll ich raten?“ kommentierte ich schliesslich lakonisch.
Der Arzt war es, der schliesslich das Schweigen brach.
„Ihre Schwester ist vor einigen Tagen an mich herangetreten, und hat mir Ihre Frustration mit der gegenwärtigen Situation dargelegt. Ich wünschte, Sie wären damit direkt zu mir gekommen..“
„..oder zu mir..“ warf t'Hras ein,
„...aber ich glaube wir haben eine Lösung für das Problem.“
Eine meiner Augenbrauen schoss nach oben. „Wie das.“
Einer von Captain t'Hras' Mundwinkeln zuckte andeutungsweise nach oben, als sie vortrat und mir ein bisher gut verborgen gehaltenes PADD vorlegte.
Ich überflog den Text schnell. Dann noch einmal, nur um sicherzugehen, dass ich nicht halluzinierte.
Abschluss.. Rehabiliation.. fortgesetzt.. Dienst.. Prüfung von Unterlagen.. Versetzung.. sofortige Wirkung. U.S.S. Britannia.
Ich blickte auf, und Unglauben war mir offenbar ins Gesicht geschrieben, als die Captain bestätigend nickte.
Ich sah den Arzt an. „Ich dachte, meine Rekonvaleszenz würde noch mindestens sechs Monate dauern.“ bemerkte ich schliesslich, doch baff.
„Wird sie auch. Aber dafür ist keine Spezialklinik auf Andor erforderlich, regelmässige Besuche auf einer gut ausgestatteten Krankenstation werden mehr als ausreichend sein.“
„Aber anscheinend hatte die Sternenflotte Sie bereits für weitere Aufträge im Auge – anders kann ich es mir nicht erklären, wie der Befehl zur Versetzung binnen weniger Tage hereinkommen konnte. Aber wenn eines klar sein sollte..“ meinte t'Hras trocken, während Sie auf das PADD tippte, „dann, dass ein Schiff der Sovereign-Klasse eine gut ausgestattete Krankenstation besitzt.“
Der Arzt lächelte. „Ihre Schwester hat vollkommen Recht, T'Rish. Sie sind keine Person, die in ein Büro eingesperrt gehört. Und ich glaube ihr neuer Posten könnte durchaus interessant werden.“
Mein Kopf schwirrte. Eine solche Wendung als 'interessant' zu bezeichnen spottete jeder Beschreibung.