Brit – Logs o4/o1 – Lt Pering/Cmdr Amh – Med/XO – 13107.0025

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Yu'She
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Fr 30. Dez 2011, 00:16

Brit – Logs o4/o1 – Lt Pering/Cmdr Amh – Med/XO – SD:13107.0025

Personen: Cpt Thorn P’Thall, Lt Alexis Grant (erw.)

Worte:
Pering: 2.191
Amh: 1.351



~ USS Britannia~
-Deck 1o, 1oVorne-

Während ich genüsslich mein Getränk herunterwürgte verließ mich nicht der Gedanke, dass ich irgendetwas vergessen hatte. Was könnte es sein… überlegte ich und nahm einen weiteren Schluck. Ich war von dem dubiosen Getränk mir unbekannter Herkunft abgewichen und zu einem simplen Saft gewechselt, der aus einer Frucht stammt, deren Namen ich nur mit Hilfe des Barkeepers richtig aussprechen konnte. Er schmeckte ein wenig fahl, aber ich fand gerade das nicht unangenehm. Es konnte nichts Wichtiges gewesen sein, denn ansonsten hätte ich es nicht vergessen, sondern vermutlich schon erledigt. Oder eben auch nicht. Es könnte gerade etwas Wichtiges gewesen sein, das ich verdrängt hatte, weil es eine mehr als unangenehme Arbeit war. Der ganze Kram bereitete mir langsam Kopfschmerzen, da ich mich einfach nicht erinnern konnte. So fängt es an, Tom… dachte ich. Erst vergisst man Sachen, dann wird man immer ungeschickter und letzten Endes landet man in einem Altersheim und muss von einer fetten, hässlichen und zudem groben Schwester mit einem Schwamm abgewaschen werden!

Diese schaurige Vorstellung ließ für eine kurze Zeit meine Gedanken zu Commander Amh schweifen. Auch eine schaurige Vorstellung, aber warum musste ich gerade an sie denken? Hatte sie irgendetwas damit zu tun, was ich vergessen hatte? Aber was sollte ich schon mit ihr zu tun haben? Hör auf an diese Person zu denken und konzentrier dich wieder auf das Rätsel der verschwundenen Erinnerung, sagte mir die Stimme in meinem Kopf. Ein weiterer Schluck lief meine Kehle hinunter. Ich überlegte mir, was auf meiner To-Do-Liste stand. Nicht sonderlich viel glücklicherweise. Zum einen wollte ich mich um mein Quartier kümmern, aber konnte ich noch beliebig hinauszögern, es würde mir also kein Kopfzerbrechen machen. Zum anderen war da meine Arbeit auf der Krankenstation.

Was könnte ich da vergessen haben? fragte ich mich und ging Schritt für Schritt den Tag in Gedanken noch einmal durch – etwas, was ich nur sehr ungern tat, denn dadurch erinnert man sich auch daran, von wie vielen Pfeifen man umgeben ist – als es mir plötzlich einfiel. Ich hatte vollkommen vergessen den Bericht zu den Einstellungsuntersuchungen abzuliefern. Und das bei Amh. Darum musste ich also an den aktuellen Drachen der Britannia denken! Meine Motivation, den Bericht noch abzugeben war gleich null und am liebsten hätte ich es verschoben, aber es musste getan werden. Glücklicherweise erinnerte ich mich daran, wo ich das PADD mit dem Bericht gelassen hatte und somit war es nur ein kurzer Umweg. Das größere Problem dürfte Amh selbst sein. Ich tippte auf meinen Kommunikator und sagte: „Pering an Amh.“ Die Antwort kam sofort und in der üblich freundlichen Stimme Amhs. „Ja, Lieutenant, was wollen Sie?“ Auch wenn alles in mir sich sträubte, den nächsten Satz zu sagen, brachte ich ihn heraus: „Commander, die Einstellungsuntersuchungen sind beendet und ich würde ihnen gleich den Bericht vorbei bringen.“ Nach einer kurzen, aber eindeutig bemerkbaren Pause kam die Antwort: „Ich bin in meinem Büro. Amh Ende.“ Damit war das Gespräch zum Glück schon beendet, aber das schlimmste stand mir noch bevor: Dem Feind in die Augen zu schauen.


- Deck o1, Brücke-


Meine Lippe verzog sich unleidig, als ich den Kanal geschlossen hatte. Pering. War mir der schon mal untergekommen? Besser wenn nicht. Doch dann fiel es mir wieder ein. Tom Pering war der Idiot, der sich auf Deck zwei verlaufen hatte.

Wie ich es ihm angekündigt hatte, übergab ich die Brücke an Grant, die sich an der technischen Station ablösen ließ, um sich in den Sessel zu setzen, den ich eben erst von Thorn geerbt hatte. Was auch immer Pering veranstalten würde, brauchte nicht mit Publikum geschehen.



-Deck o2, Büro des XO-

Einen Augenblick lang sah ich mich in meinem Büro um. In mir war noch immer diese Wut und ich brauchte dringend einen Drink. Der Anstandsbesuch der mir ins Haus stand, machte das nicht besser, zumal er Mediziner war. Die hatten die nervige Attitüde sich in alles einmischen zu müssen. Aber ein Drink war noch nicht drin. Dienstschluss war erst in ein paar Stunden und auch dann …. Meine Rippen machten mir zu schaffen, aber ich war noch nicht so weit sie behandeln zu lassen. Am Replikator holte ich mir einen Kaffee und verkniff mir die irische Note darin.

Ich musste eine ganze Weile da gestanden und meinen schwarzen Kaffee angeglotzt haben, denn plötzlich meldete sich der Türsummer und ehe ich nachdenken konnte, sagte ich „Herein.“, bemerkte dann erst, dass ich mich erst hätte setzen sollen, bevor ich den Mediziner in mein Büro bat.

Innerlich gab ich mir eine Ohrfeige.




Die Tür öffnete sich vor mir und als erstes fiel mir nicht Amh auf, sondern das Büro. Seltsamerweise hatte ich mir eher etwas vorgestellt, das mehr zu ihrer Persönlichkeit passte, zum Beispiel die lodernden Flammen der Hölle oder zumindest einen blutbeschmierten Opferaltar mitten im Raum. Aber nein, es war im Prinzip alles normal. Was man von Amh nicht behaupten konnte. Auf den ersten Blick erkannte ich, dass etwas nicht stimmte, was aber nicht daran lag, dass man als Arzt sowieso auf jeden Mist achtet, sondern selbst ein Blinder hätte das bemerkt. Ich blieb also einen Moment im Türrahmen stehen und blickte Amh kritisch an. „Wollen Sie da einfach stehen bleiben oder geben sie mir den Bericht, Lieutenant?“ Immer noch ein wenig perplex riss ich mich aus meiner Starre und ging einige Schritte weiter zu Amh hin. Und je näher ich ihr kam, desto schlimmer sah sie aus. Am Auffälligsten waren wohl ihre Rippen, bei denen mir sofort in den Kopf schoss, dass da wohl was gebrochen sein muss. Aber es kam mir vor, als ob jeder Teil ihres Körpers irgendeine Blessur hatte, von Veilchen über seltsame Verbrennungen. Die Finger ihrer linken Hand sahen seltsam verdreht aus, vermutlich waren auch da einige Knochen gebrochen. Als sie bemerkte, dass ich ihre linke Hand kurz ansah, versuchte sie sie hinter ihrem Rücken zu verbergen, jedoch zu spät. Mein Blick wandelte sich in dieser sehr kurzen Zeit von kritisch reserviert zu kritisch besorgt. Verdammter Hippokratischer Eid! dachte ich und wurde mir wieder einer Abneigung gegenüber Amh und meiner Verpflichtung als Mediziner bewusst. Warum musste es unbedingt Amh sein?

Ich händigte ihr das PADD aus und schaute Amh einen weiteren kurzen Moment an. Wer hatte diese Frau nur so zugerichtet? Ein einfacher Sturz konnte dies nicht gewesen sein, es sei denn sie wäre aus großer Höhe in ein Feuer gefallen. Ich wusste nicht, ob sie immer noch die Hoffnung hatte, dass ich einfach alles ignorieren und wieder zurück in das Zehn Vorne gehen würde. Leider konnte ich das nicht.
„Commander, es ist offensichtlich, dass sie ärztliche Hilfe brauchen.“ Amh schwieg und drehte ihren Blick, der sowieso nur recht kurz auf mich gerichtet war, weg von mir und gegen eine Wand. Ich erinnerte mich kurz an die vier Phasen der Trauer nach Kast, die man extrem oft auch auf Wahrheiten – insbesondere im gesundheitlichen Bereich – anwenden kann. Dies war offensichtlich das „Nicht-wahrhaben-wollen“. Ich hoffte, dass ich nicht anwesend sein würde, wenn die zweite Phase und damit das Aufbrechen von Emotionen folgen würde.
Mit einem einfachen „Sie können jetzt gehen, Lieutenant.“, unterbrach sie dann die Stille, ohne mich anzusehen. „Bei allem Respekt, Commander,“ Respekt, welcher Respekt? „Sie brauchen ärztliche Hilfe und das umgehend.“ Offensichtlich erwartete sie, dass ich endlich verschwand, aber ich blieb weiter beständig. Es gibt schließlich eine Sache, womit man praktisch jeden dazu bekommt, den Onkel Doktor zu besuchen. „Commander, wenn Sie sich dem widersetzen, kann ich Sie in Absprache mit dem leitenden medizinischen Offizier und Captain P´Thall temporär von ihrem Posten entheben.“ Ich erkannte sofort, dass dieser Satz Wirkung zeigte.





Ich verdrehte die Augen, stellte den Kaffee unangetastet wieder in die Replikatoröffnung und ging zu meinem Schreibtisch, dabei möglichst nicht humpelnd. Aber ich fühlte Perings Augen auf mir.
„Können Sie sich nicht um Ihren eigenen Mist kümmern?“, motzte ich und ließ mich nieder, legte sein PADD zwischen die anderen.
„Ich bin dabei, Ma’am.“, erklärte er und schien darüber auch nicht glücklich.
„Bedauerlich, dass Sie nichts anderes als Angelegenheit haben.“, knurrte ich, wünschte mir jetzt doch wieder die Tasse her, aber unauffällig aus dem Sessel hoch kommen und die Tasse holen war nicht drin, das war mir klar. Es würde wohl genau genommen nichts mehr ändern, denn er hatte längst gesehen, was es zu sehen gab und dennoch. Mehr Blöße als eh schon musste ich mir ja nicht geben. Ich wurde ihn wahrscheinlich nur los, in dem ich nachgab.
„Schön. Ich werde Sie nach Dienstschluss aufsuchen.“, würde ich nicht, das käme grad noch dazu. Von wegen.
„Commander, ich muss darauf bestehen.“
„Ich bestehe auch gleich auf was. Sehen Sie zu, dass Sie verschwinden, oder finden Sie den Ausgang nicht?!“, doch dieser Mistkerl blieb, rollte die Augen einmal im Uhrzeigersinn und stöhnte.
„Wollen Sie mich wirklich dazu zwingen?“, er hob die Hand über den Kommunikator an seiner Brust. Ich verengte die Augen.
„Sie petzen?“, fragte ich nicht ohne Spott.
„Wenn Sie mich zwingen.“, konterte er. Einen Augenblick sah ich ihn abschätzend an. Das würde er nicht machen. Das würde er sich nicht trauen. Ich lehnte mich zurück. Pering ließ den Kopf in den Nacken fallen und stöhnte leise. Dann drückte er. Er drückte echt!
„Lieutenant Pering an Captain P’Thall.“, unbewegt hielt er meinem Blick stand, der irgendwo zwischen Fassungslosigkeit und abgrundtiefem Hass stecken geblieben war.
„Sprechen Sie.“, kam aus dem Replikator und ich ließ den Kopf fallen, was mir einen häßlichen Krampf im Nacken bescherte. Ich hob die Hand.
„Sie haben gewonnen.“, brummte ich.
„Mister Pering?“, hörte ich Thorn fragen.
„Ich habe so eben meinen Bericht fertig gestellt, wollen Sie ein Exemplar auf Ihrem Schreibtisch oder holen Sie ihn sich aus der Datenbank?“
„Die gespeicherte Variante ist völlig ausreichend, Lieutenant.“, erklärte Thorn und schloss den Kanal. Pering nickte zufrieden, trat einen Schritt zur Seite und machte eine einladende Geste.
„Wenn ich bitten darf.“





-Deck o7, Krankenstation-


Seit der Auseinandersetzung in Amhs Büro fühlte ich wieder, wie gut sich ein Sieg anfühlt. Ich hatte sie Schach matt gesetzt. Es ist jedes Mal wieder faszinierend, wie gut der Trick funktioniert, dachte ich und innerlich grinste ich noch ein ganzes Stück breiter. Das war mal wieder ein richtiger Egoschub für mich gewesen, ein typisches Beispiel dafür, dass eigentlich alle auf diesem Schiff uns, den Medizinern, untergeordnet waren und nur durch unser Wohlwollen weiterhin am Leben waren. Diese Gewissheit und die Macht die daraus hervorging hatte ich vermutlich als einziges vermisst in meiner Zeit als Einsiedler. Aber wie hatte mal ein weiser Mann gesagt: Aus großer Macht folgt große Verantwortung. Und die hatte ich nun gegenüber Commander Amh. Dass sie nicht unbedingt glücklich darüber war, dass gerade ich sowohl die Verantwortung als auch Macht hatte, machte meinen Sieg nur süßer.

Auf dem Weg zur Krankenstation hatte ich bereits bemerkt, dass sie humpelte, was mir bislang entgangen war. Zwar würde sie vermutlich nicht mehr krabbeln können, wenn es etwas Ernsthaftes wäre wie beispielsweise in ihrer linken Hand, aber vielleicht war sie auch nur verdammt gut darin, Schmerzen nicht zu zeigen.
Langsam hatte ich das dringende Verlangen nach einer gemütlichen Tasse Kaffee, schließlich war meine Schicht schon lange vorbei und langsam wurde ich ein wenig schläfrig aber nicht unaufmerksam. Mein medizinischer Tricorder – die wichtigste und damit mächtigste Waffe eines Arztes – lieferte mir ein erschreckendes Bild über den Zustand der ersten Offizierin. „Hmmm…“ brummte ich, als immer weitere schlechte Nachrichten auf dem kleinen Bildschirm auftauchten. Amh ließ sich – im Gegensatz zu anderen – davon nicht aus der Ruhe bringen. Sie wusste ja schließlich schon, was für ein körperliches Frack sie war.
„Commander, um es kurz zu sagen: Sie werden wohl mit einigen Einschränkungen in nächster Zeit leben müssen und werden nicht nur einmal der Krankenstation einen Besuch abstatten müssen.“ Amh schaute mich kurz an. Man erkannte, dass sie am liebsten irgendwo vollkommen anderes sein wollte. Verständlich bei ihrem Zustand. „Lieutenant, ich denke, Sie sehen die Sache ein wenig zu ernst.“, antwortete sie mir. Auf Anhieb hatte ich absolut keine Ahnung, was ich darauf hätte antworten können. Diese Frau war aufs schlimmste misshandelt worden und nun kam sie mir von wegen, es sei nur ein kleiner Kratzer? „Wenn das alles halb so schlimm ist, dann sagen sie mir bitte, ob das hier weh tut…“, ich drückte sanft gegen ihren Brustkorb und sofort zuckte sie schmerzhaft zusammen. „Nein.“ Ich musste seufzen. Sie verhielt sich wie ein kleines Kind, wie ein kleines, überaus trotziges Kind. Und jeder hasst trotzige Kinder, ich umso mehr. Ich scannte weiter und ohne von meinem Tricorder hochzuschauen, fragte ich: „Würden Sie mir zumindest sagen, woher diese Verletzungen stammen?“ Sie antwortete schnell: „Das dürfte für sie keine Relevanz haben, Lieutenant.“ Wieder schaute ich sie kritisch an. Scheinbar musste ich dem trotzigen Kind wieder einmal mit ihrem Papa drohen: „Wenn Sie wollen, können wir auch gerne Captain P`Thall einschalten…“






Mit schmerz- und abscheuverzerrtem Gesicht sah ich Pering von der Seite an. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er es einfach hätte auf sich beruhen lassen können. Aber ich brauchte es nicht noch einmal auszuprobieren. Er würde P’Thall einschalten, ohne Zweifel.
„Sie wollen mich auf die Couch legen?“, fragte ich und konnte meine Wut kaum zurück halten. „Okay, alles klar. Bitte.“, besonders patzig warf ich meine Beine auf das Biobett und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand. Die Hände flocht ich ineinander, was dazu führte, dass ich wieder die Zähne zusammen biss und legte sie auf meinen Schoss. „Sparen wir uns das Vorgeplänkel: Ich bin in eine dumme Situation geraten, die gemeinhin als Folter bezeichnet wird. Die Verbrennungen an meinen Schläfen rühren von einem Elektroschockgerät, die gebrochenen Finger wurden mit einer Zange bewerkstelligt, wahrscheinlich finden Sie ein paar Frakturen um meine Nase herum und von den Tritten, die ich abbekam, als ich schon am Boden lag dürften die Rippenbrüche herrühren.“, mit jedem Wort wurde ich lauter, wurde ich aggressiver, denn ich wollte nicht daran denken, es ging Pering überhaupt nichts an, ihn am aller wenigsten, das war meine Angelegenheit! Und dass es weh tat, brauchte ihn nicht zu interessieren! Zumal es nichts an dem Schmerz ändern würde, wenn er mit der Behandlung fertig war.
„Sonst noch Fragen, Herr Doktor?“, zischte ich, verschränkte die Arme, ignorierte – nein, genoss! – den Schmerz in meinen Rippen und Fingern, als ich die Arme verschränkte und den Blick zu Decke richtete.




Die Geschichte Amhs war soweit nichts Besonderes außer darin, dass die Folter wohl recht brutal gewesen sein muss um es mal leicht zu sagen. Sie konnte von Glück reden, dass ihr die Finger nur gebrochen und nicht direkt einen für den anderen abgetrennt wurden. Trotzdem war dies wohl die schlimmste Misshandlung, die ich jemals behandeln musste. Zumindest hätte sie sich dann vermutlich früher in der Krankenstation gemeldet, dachte ich, aber dachte wieder an ihr sehr unkooperatives Verhalten bisher. Oder trotzdem nicht… „Eine Frage hätte ich tatsächlich noch: Ist das wirklich alles, Commander?“ Sie schwieg, aber die Wut in ihrem Blick loderte glühend heiß und sagte damit mehr aus, als sämtliche Flüche zusammengenommen. Damit hatte ich genau den Punkt getroffen und mir war klar, dass dies ein mehr als unangenehmes Thema war, sowohl für mich, da ich das Offensichtliche aussprechen musste, als auch selbstverständlich für sie. In diesem Moment hatte ich kurz wirkliche Angst vor dieser Frau. Klingonen, Raumschlachten, zerfetzte Körper: Alles kein Problem. Aber die ungezügelte Wut dieser Frau, konzentriert auf mich, war wirklich eine Sache, die mir mein Unterbewusstsein nicht einmal in einem Albtraum präsentieren würde. Und plötzlich fiel mir wieder die zweite Phase ein: Aufbrechen der Emotionen. Bleib sachlich, Tom, erinnerte mich die Stimme in meinem Kopf, es geht dabei um deinen Kopf…im wahrsten Sinne!

Wie konnte ich die Sache so verpacken, dass sie nicht aufsprang und ich plötzlich einen Dolch in meiner Brust stecken hatte? „Waren Sie…“, ich stoppte kurz, da ich kurz meinen Satz in Gedanken noch einmal umformulierte, „…während dieser Folter zwischenzeitlich bewusstlos?“ Es war eine rhetorische Frage, denn ich wusste die Antwort, weshalb ich auch direkt weiter sprach und damit meinen Tod nur umso qualvoller machte. Außerdem bestätigte ihre Wut auch weiterhin, dass ich in die richtige Richtung ging. Nun kam der schwierige Teil: Die Vermutung, gestützt durch einzelne Daten, beweisen. „Könnten Sie bitte wieder aufstehen, Commander?“ Es war klar, dass sie widerstreben wollte, aber ich setzte den „Es macht mir nichts aus, den Captain zu rufen!“-Blick auf, weshalb sie widerwillig sich erhob. Mein Tricorder wanderte in ihre Leistengegend und ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass nun nichteinen Furienschlag später mein Kopf auf dem Boden rollte.





In mir grollte die Wut, die ich eigentlich auf das Universum hatte, das zugelassen hatte, dass mir das passiert war, und sie kämpfte mit Scham, die auch Wut beinhaltete, sie rang mit Frust und auch mit Angst und Schmerz. Ich stand, doch meine Knie waren weich und ich wollte mich lieber setzen. Also lehnte ich mich nach kurzer Zeit an das Biobett, Pering hob den Kopf und sah mich musternd an.
„Alles in Ordnung?“
„Wenn alles in Ordnung wäre, wären wir beide nicht hier, Lieutenant.“, zischte ich leise, denn ich fürchtete, dass die Tränen, die ich in meiner Nase spürte ihren Weg nach draußen finden würden und das würde ich nicht zulassen. Auf keinen Fall. „Kommen Sie zu Potte Mann.“, setzte ich nach.

Wenige Minuten später sah Pering wieder auf seinen Trikorder, tippe darauf herum und nickte.
„Ich kann Sie beruhigen, Commander.“, es erleichterte mich tatsächlich. Immerhin das nicht auch noch.
„Kann ich dann jetzt gehen?“, fragte ich und war bemüht weiterhin wütend zu klingen, denn ich war kurz davor zusammen zu brechen. Meine Schicht war noch nicht vorbei, ich sollte eigentlich auf der Brücke sein und dorthin würde ich mich auch gleich zurückziehen. Niemand dort würde mein Gesicht sehen oder sich trauen mich anzusprechen. So würde ich es bis in mein Quartier durchhalten. Und da…




Nur wage konnte ich mir vorstellen, was in ihrem Kopf vorging. Und im Prinzip war es auch besser so, denn ich war schließlich kein Counselor und musste mich in die Person einfühlen. Aber eigentlich tat sie mir schon leid, schließlich hat sie furchtbare Qualen erlitten und erleidet sie immer noch. Ich konnte mir vorstellen, dass sie in diesem Moment einfach nur für sich sein und sich ablenken wollte. Da ich aber ein schlechter Mensch aber ein halbwegs akzeptabler Arzt bin, durfte ich ihr solch einen Wunsch unter keinen Umständen erfüllen. „Ich muss ihnen mitteilen, dass sie wohl mindestens über Nacht hier bleiben müssen.“ Die Wut flammte wieder sichtbar auf. „In ihrem Zustand sind sie auf keinen Fall in der Lage, ihren Dienst weiter anzutreten.“ Wieder sah ich anstelle meines Kopfes eine Blutfontaine aus meinem Hals schießen.
„Ich werde umgehend einen Counselor kontaktieren, der sich ihrer annimmt. Weiterhin…“ – „Sie wollen mich wirklich zu einem Psychiater schicken?!“ unterbrach sie mich in einer Lautstärke, dass es spätestens jetzt die gesamte Krankenstation mitbekommen hatte. „Commander, Sie haben schreckliche Dinge erlebt und offensichtlich kommen Sie damit nicht klar.“ Wenn Blicke alleine Köpfe zum Platzen bringen könnten, wäre nach diesem Moment nicht nur mein Kopf, sondern die der halben Krankenstationsbelegschaft explodiert. „Ich werde keinen Seelenklempner an mich heranlassen, Doktor!“ antwortete sie, diesmal sogar noch lauter als zuvor. „Sie können davon halten, was sie wollen, aber Sie müssen dies über sich ergehen lassen, Commander. Wir können natürlich auch den Captain fragen, was er dazu sagt…“ Ich ließ dies ein wenig einsinken ohne dass ich sie dabei anschaute, da mein Tricorder in diesem Moment wichtiger war, denn ich wusste, dass dieses Argument auch weiterhin Gültigkeit besaß.
„Im Prinzip lassen sich Ihre Wunden gut behandeln, bis auf ihre Rippen. Zwei sind gebrochen. Durch die Komplexität des Bruches brauchen wir dafür einen Chirurgen. Dies ist auch der Hauptgrund, warum Sie erst einmal hier bleiben müssen.“ Ich machte eine Pause, an deren Ende ich sie wieder anschaute und sagte: „Gibt es noch weitere Fragen, Commander?“






„Legen Sie wert auf Ihre Freizeit?“, fragte ich kalt und ohne ihn anzusehen. Als ich im Augenwinkel ein schiefes Grinsen bemerkte fuhr mein Kopf doch zu ihm herum. „Seien Sie froh, dass das hier nur Ihre Pflicht ist, Lieutenant. Ich empfehle Ihnen sich bedeckt zu halten, denn sollten Sie das hier unnötig in die Länge ziehen schwöre ich Ihnen das war die letzte Einzelschicht, die Sie für sehr lange Zeit durchgestanden haben werden, verstehen wir uns?“, ich funkelte ihn an und hatte das Gefühl er ließ alles gänzlich von sich abperlen. Diesen Kerl würde ich am liebsten erwürgen, ihm die Haut abziehen und sie als Pyjama tragen!

Während er begann meine Verletzungen zu behandeln – von meinem verknacksten Knöchel aufwärts – krallte ich mir ein PADD, überschrieb es mit meinen Zugängen und leitete sämtliche Funktionen darauf um. Auf mich warteten noch immer die Berichte der Schichtleiter, was in Anbetracht der sinkenden Sorgfalt der Berichte nur auf Katastrophen schließen ließ.
„Was tun Sie da?“, fragte Pering und ich ignorierte ihn. Sollte er an mir rumschrauben wie er lustig war. „Commander, ich habe Ihnen gerade eben Bettruhe verordnet-“, mit einem Blick unterbrach ich ihn.
„Wir werden einen Planeten mit einer Justizvollzugsanstalt des JAG passieren, Lieutenant. Ihnen dürfte geläufig sein, dass dort immer ein Mangel an Medizinern herrscht.“, die Drohung ihn einfach dort abzusetzen zeigte in sofern Wirkung, als dass er sich wieder auf seinen Trikorder konzentrierte. Wenn er mich noch ein wenig mehr reizte – was an sich schon kaum mehr möglich war, denn sämtliche Gefühle abseits der Wut waren mit seiner Hiobsbotschaft verschwunden – würde ich ihn zwingen den Bart abzunehmen und ihn zu fressen.

Scheiße auch.
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