Brit – Logs o5/1o – Cpt P`Thall/LtCmdr Amh – CO/XO - 13124.2350
Worte:
Cholain: 1.164
Thorn: 1.050
Beteiligte: Lt Alexis Grant
Erwähnte: Lt Cmdrs Girol Enji , Kelav T`Rish und Tom Pering
*** USS Britannia – Deck 02 – Quartier Amh ***
Während sich die Britannia mit Impulsgeschwindigkeit durch die Ausläufer des Strande-Systems schlängelte wie ein Kadett bei seiner Pilotenscheinprüfung, herrschte in Sachen Vorbereitung Hochbetrieb. Genauer gesagt handelte es sich dabei zum Großteil um Vorbereitungen für einen Einsatz, der vielleicht nie kommen würde. Die Beteiligten verdrängten diesen Gedanken scheinbar erfolgreich, wie eine gute Crew es tun sollte, denn einerseits gab es nichts anderes zu tun, und andererseits stand die Entscheidung letztlich in niemandes Macht- als jener des Kommandierenden Offiziers. Ermutigender Gedanke. Sollte es wirklich dazu kommen dass wir natürliche Ursachen und keinerlei äußeren Eingriff in den Werdegang dieser Präwarp-Zivilisation feststellten, würde die gesamte Mission einen unheimlich bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Die Stimmung würde kippen, auch wenn ich mir sicher war dass ich mich am Ende auf die Disziplin meiner Crew verlassen konnte.
Doch bevor wir nicht alle Daten hatten waren all diese Überlegungen verfrüht. Was besagten Nachgeschmack nicht daran hinderte, sich bereits kostprobenhaft anzukündigen.
Blieb nur noch, die Auswertungsteams ihre Arbeit machen zu lassen, den Flug abzuwarten und alle erdenklichen Vorbereitungen zu treffen. In diesem Sinne, und nachdem ich es ohnehin denkbar weit hinausgezögert hatte, trat ich auf Deck Zwei aus dem Turbolift. Es galt, mich zu versichern dass mein Erster Offizier für die kommende Mission einsatzbereit war. Doktor Enjis Abschlussbericht attestierte ihr das, aber ich kannte die geltenden (und nebenbei auch meine eigenen) Ansprüche in solchen Situationen- Ich musste mich persönlich versichern, ob Amh wieder ihre Arbeit aufnehmen konnte. Diesmal umso gründlicher. Egal wie oft ich das Fazit des Berichts in meiner Hand überflog, letztlich blieb nur noch der Türsummer, und das mulmige Gefühl, nicht wirklich an die Urteilsfähigkeit meiner Eins-O zu glauben. Was dem folgenden Gespräch eine miese Grundlage gab.
Und trotzdem nichts an der Notwendigkeit änderte. Ich betätigte den Summer.
Seit mehreren, überflüssigen Minuten starrte ich auf die häufig ignorierte und noch häufiger beiseite geschobene Zeittafel des Schichtplans. Manchmal war mir gar nicht klar, wozu ich dieses Ding eigentlich regelmäßig aktualisierte und entschloss das künftig nicht mehr zu tun. Statt dessen sollten die Abteilungsleiter ihre Schichteinteilungen selbst einpflegen und mir ein PADD mit ihrer Planung zukommen lassen, damit ich stichprobenartig-
-der Türsummer riss mich brutal aus meinen hadernden Gedanken. Die letzten Tage waren so von dem Gefühl des fest gesetzt Seins dominiert worden, dass ich dazu neigte mich in administrativer Kleinstarbeit zu verlieren. Zeit, dass sich das änderte.
Außerdem wusste ich, dass meine nächste, erste, endlich wieder meine Schicht um Null-600 beginnen würde. In nicht zu ertragenden 18 Stunden also.
„Herein.“, befahl ich unwirsch, denn wer auch immer es war – er störte. Zwar bei nichts Wichtigem aber er-
„-Sir.“, ich blieb ein wenig schockiert stehen. Ja…das hatte irgendwann kommen müssen. Trotz all des gutes Whiskeys hatte sich Girol nicht erweichen lassen Perings ersten Bericht an den Captain zu verharmlosen. Jetzt sah es natürlich genau danach aus, was es war: Ich hatte meine Verfassung fahrlässig ignoriert um einen seelischen Zustand zu kompensieren, statt die folgerichtigen Konsequenzen zu ziehen und mich gleich selbst vom Dienst freizustellen. Dieses Gespräch war unausweichlich gewesen. Selbst Schuld, kein Mitleid.
„Bitte, treten Sie ein.“, erklärte ich und machte mich darauf gefasst den Arsch voll zu bekommen. Wahrscheinlich konnte ich von Glück sagen, dass er keinen Rohrstock dabei hatte.
Und doch würde es nichts ändern: Der Gedanke, dass Thorn wohl erst durch Perings –Blödsack, Pfeiffe, Geraniengigolo – Bericht erfahren hatte, dass ich nicht diensttauglich gewesen war und es nicht selbst durch die ihm zu Eigene Beobachtungsgabe und Scharfsinn bemerkt hatte, erfüllte mich mit einer gewissen Genugtuung und gab mir auch in perverser Weise Recht in meinem Handeln.
„Danke.“ Ich nickte auf ihr Hereinbitten hin knapp- Kein Grund für überschwängliche Höflichkeiten, der Anlass war weder für sie noch für mich sonderlich erfreulich oder überraschend. Ein knapper Blick offenbarte einen Strauß Blumen auf ihrem Schreibtisch, eine auffällige Konzentration von teils animierten Fotografien, die wohl ihre ausladende Familie abbildeten, und einen auf ein großes LCARS-Wanddisplay projizierten Schichtplan. Ansonsten war die Standardeinrichtung kaum verändert worden. Während ich dem ersten Detail nichts abgewinnen konnte- die Tradition, sich etwas so schnell welkendes und flüchtiges als Zuneigungsbekundung zu schenken war mir vertraut, aber unverständlich- hatte ich für die anderen beiden Auffälligkeiten bedeutend mehr Verständnis. Aber darum ging es hier nicht. All das war mit einem kühlen Seitenblick abgehandelt.
Sie zögerte nicht, Platz zu nehmen, und ich zögerte nicht an ihren Schreibtisch zu treten und das PADD darauf abzulegen, und zwar so dass es gen Tischmitte schlidderte.
„Die Zuständigen sind der Meinung, es ginge ihnen gut. Prädikat diensttauglich. Aber wie erwartet bin ich hier, um mir anzuhören, was sie dazu zu sagen haben.“ Und genau so war es auch. Ich machte mir nichts vor- Cholain konnte mir über den Inhalt ihrer Krankenakte hinaus erzählen, was sie wollte, wusste jedoch genau dass wir niemanden an Bord hatten den ich auch nur in die Nähe des Eins-O-Sitzes lassen würde. Das war also meine Position: als attestiert dienstfähige Sternenflottencommander konnte ich sie wieder wie empfohlen ihre Arbeit machen lassen, oder sie aus bloßem Trotz in ihrem Quartier weggesperrt halten. So oder so war aus der Sache keine Ehrenrettung herauszuholen.
Trotzdem musste das hier getan werden. Und zwar abermals ohne Rekrutenstandpauke oder Ausbilderton, wie schon vor dem Aufbruch in den Delta-Quadranten. Nein, wenn ich es für sinnvoll erachten würde meine Eins-O wie eine grüne Kadettin zu handhaben wäre es eindeutig nur noch zu spät. Irgendwas mit Hopfen und Malz sagten die Terraner dazu, was auch immer das sein sollte: Da war inmitten eines Einsatzes der bloße Anschein von gegenseitigem Vertrauen schon besser.
War es wirklich nur noch das?
Völliger Blödsinn. Ich erinnerte mich an die Jagd auf die Furie zurück.
Das Problem hier war nicht, dass Cholain es dauernd versaute, sondern dass sie es abwechselnd versaute und dann wieder brillierte.
Wieder und wieder.
Und dass mir konstante Brillanz oder auch konstantes Versagen lieber wären.
Das. War. Ätzend.
Was sollte ich darauf jetzt sagen? Im Geist ging ich die ausstehenden Konversationen durch:
„Ich stimme dem Bericht zu.“
„Ach ja? Wie kommen Sie dazu?“
„Ich war von Anfang an der Ansicht diensttauglich zu sein.“
„Sie haben keinerlei Maß für Selbsteinschätzung. Melden Sie sich in einer Stunde in Luftschleuse drei.“
oder
“Ich bin froh, dass Sie sich persönlich überzeugen wollen. Aus medizinischer Sicht ist einem Dienstantritt nichts entgegen zu setzen, aber ich fühle mich noch immer zerstreut und emotional unausgeglichen.“
„Sie sind ein Weichei. Melden Sie sich in einer Stunde in Luftschleuse drei.“
oder
„Ich bin bereit Sie darin zu überzeugen, dass ich diensttauglich bin und beuge mich jedwedem, von Ihnen getroffenen Urteil, Sir. Nennen Sie mir Ort und Zeit für eine eingehende Unterhaltung.“
„In einer Stunde, Luftschleuse drei.“
Nach etwa drei Sekunden sah ich von dem PADD auf, ließ die angehobene obere Kante wieder auf meinen Schreibtisch sinken und atmete kurz durch. Es ging ihm doch nicht wirklich darum, wie ich mich fühlte oder was meine Meinung war. Das dürfte ihm beides klar sein. Es ging doch eher um Vertrauen. Vertrauen in sein eigenes Urteil, das er längst gefällt hatte und das ich verdammt nochmal nicht kontinuierlich missbrauchen sollte. Es gab so vieles, was ich hätte parieren können. Sein Vorwurf ich hätte mich fahrlässig und schiffs- und crewgefährdend überschätzt – wer weigerte sich denn bitte während der Regeneration von einer Rückenmarkoperation die Arbeit für wenigstens 24 Stunden ruhen zu lassen? -, ich habe sein Vertrauen missbraucht, in dem ich mich nicht an die Regularien hielt sondern sie dehnte, bis sie mir passten wie ein Minirock aus Stretch – wie war das mit dem Entern eines Bird of Prey und dem unsachgemäßen unter Kontrolle Bringen eines maroden Schmugglerschiffs auf Befehl des Captains? – und noch einiges mehr, was wir in den vergangenen Jahren miteinander erlebt hatten. Doch es schien mir weder Zeit noch Ort um ein Wortgefecht zu provozieren, denn faktisch gesehen, gewann er, egal was ich tat und zwischen mensch-andorianisch gesehen war er nicht hier um mir eine Standpauke zu halten. Die hielt er ohne Umschweife.
Nach einer weiteren Sekunde erhob ich mich, erwartete noch immer den stechenden Schmerz, doch er blieb schon seit einiger Zeit aus.
„Nichts, Sir.“, erklärte ich dann und blieb einfach stehen und sah ihn an. „Weder kann ich Ihnen erklären, weswegen ich mich nicht selbst auf der Krankenstation gemeldet habe, als es der richtige Zeitpunkt gewesen war, noch kann ich Ihnen erklären, ob es der richtige ist der Empfehlung Lieutenant Commander Enjis zu folgen.“, thank you – Captain Obvious. „Ich möchte meinen Dienst wieder antreten.“, aber das hat nie in Zweifel gestanden. Nur nochmal. Zur Sicherheit.
„Und es steht nicht in Frage, dass sie das tun werden.“, stellte ich mindestens genauso knapp, nüchtern und sicher fest. „Meinetwegen auch sofort. Warum drei Schichten warten, wenn sie hier drin sowieso nur arbeiten.“ Mein wie immer verengter, kritischer Blick fiel kurz auf das Wanddisplay, ehe ich meinen Kopf schüttelte, ihr dann wieder meinen Blick zuwandte.
„Das wissen sie. Das wissen wir beide- pädagogische Maßnahmen sind an sie verloren, dafür sind sie zu alt und zu gut. Es macht weder Sinn, sie wegzusperren, noch sie anzubrüllen, solange ich mir sowieso etwas vorlügen müsste um eine Umbesetzung ihres Postens zu rechtfertigen.“ Mein rechter Mundwinkel zuckte, sorgte dabei jedoch für einen keineswegs angenehmen Ausdruck. „Wenn ich auch nur einen Deut klüger bin als ihre letzte Hand voll Vorgesetzter bei der Sternenflotte, dann soll es um das hier sein. Darüber hinaus…“ Ich beugte mich leicht über den Tisch, stützte mich mit beiden Händen darauf ab, neigte meinen Blick, und fuhr mit kalter Ruhe in meiner Stimme fort.
„… bin ich ehrlichgesagt völlig ratlos, wie wir jemals darüber hinaus kommen sollen. Und wissen sie was? Ich kann ihnen nicht einmal einen Vorwurf machen. Sie haben mir nie weisgemacht, dass sie zu einer jederzeit durchschaubaren, vorschriftsmäßigen Musteroffizierin werden, wenn ich sie in diese Position bringe. Und ich ihnen nie, ein Captain zu sein, der sich irgendwann vollends damit arrangieren kann.“
Nach diesen Worten und seiner Gestik dazu musste ich grinsen. Ich glaubte ihm jedes Wort. Dass er sich nie damit arrangieren würde, dass er ratlos war und dass er mich weder ersetzen konnte noch wollte. Das alles schmeichelte mir, ja doch, tat es. Und er wusste es und er beabsichtigte es. Man konnte Captain Thorn P`Thall einiges unterstellen, aber nicht, dass er nicht wusste, wie er auf die Wesen in seiner Umgebung wirkte.
„Ich war so frei eine Führungssitzung für morgen früh einzuberufen. Bis dahin haben wir vernünftige Scannerergebnisse, abschließende Berichte über den Warp9-Flug, umfangreiche Auswertungen sämtlicher an Bord geleisteter Übungen und sind nicht zu Letzt nur noch einen Tagesflug von Strande III entfernt.“, erklärte ich mit einer gelüpften Augenbraue – jetzt sofort war ein Arbeitsbeginn, der mir nur entgegen kam.
Zu allem anderen hatten wir beide nichts mehr zu sagen.
„Ich weiß.“ Der folgende, direkt in ihre Augen gerichtete Blick war mehr als nur eindringlich und trug eine ganz klare Botschaft. Das ist schließlich mein Schiff. Meine Augenbrauen blieben starr. „Lösen sie mich auf der Brücke ab, sobald sie damit fertig sind, das Schiff von hier aus zu leiten.“
Mit diesen Worten wandte ich mich ab, ließ ihr das PADD, und marschierte unveränderter Laune, aber immerhin verrichteter Dinge dem Türschott entgegen. „Ach, und, Commander?“ Sie blickte mir auf diese bestimmte Art fragend nach, während ich mich halb zu ihr umdrehte, um meine letzten Worte an sie mit einem passenden Blick zu untermalen.
„-Ja, Captain?“
„Eines schönen Tages wird jemand daherkommen, der genauso gut ist wie sie, aber bequemer. Sehen sie zu, dass sie dann einen brillanten Plan zur Hand haben.“ Mit diesen Worten trat ich durch das brav und berechenbar zischende Schott und wandte mich endgültig zum Gehen. „Ich empfehle Luftschleuse Drei. Die liegt gelegentlich im toten Winkel der Überwaschungsanlagen.“
„Ich weiß.“, knirschte ich wissend, dass er es womöglich hörte.
In dem Augenblick, da sich die Tür meines Quartieres hinter ihm geschlossen hatte hechtete ich hinter dem Schreibtisch vor und befahl dem Computer wie wahnsinnig sofort alles, was ich in den letzten Tagen auf- und vorbereitet hatte auf den Zugang der Brücke zu legen und überlegte kurz, ob ich es mir bereits wieder erlauben könnte, mich dorthin beamen zu lassen, um den Captain umgehend abzulösen.
Die Erinnerung an Luftschleuse drei verhinderte derartiges und ließ mich stattdessen eine simple Änderung im noch immer geöffneten Schichtplan vornehmen. T`Rish hatte sowieso genug zu tun als dass er es mir nicht übel nehmen würde, wenn ich seine Brückenschicht schlicht und ergreifend löschte. Und wenn war es mir egal.
Als ich das Quartier verließ roch ich die Luft ohne Liliennote. Ich sah noch mal zurück und mir wurde bewusst, dass es noch nicht überwunden war. Der Weg war klar und die Bedingungen so gut sie nur sein konnten. Doch es – ich. Ich würde noch immer Zeit brauchen.
Immer langsam mit den jungen Pferden, Cholain. Noch ist nicht Hopfen und Malz verloren und gut Ding will Weile haben. Bla bla, Counselergerede, bla bla. Halt die Füße still, Weib.
Im nächsten Moment blinkte das PADD in meiner Hand und der Abteilungsbericht von Alexis trudelte ein. Ich überflog ihn und ließ genervt die Schultern hängen, stöhnte und rief den Turbolift.
„Amh an Grant.“
„Ich höre.“, meldete sich die junge Lieutenant und ich wartete ab, bis sich die Türen schlossen.
„Alexis verdammt was soll denn das? Was heißt `stehen unter Beobachtung‘?! Und was glauben Sie, wer Ihre Übungen auswertet?! Haben Sie auf der Akademie nicht beigebracht bekommen wie man einen verdammten Bericht verfasst?! Das ganze nochmal und zwar plötzlich!“
Aber es machte bereits wieder viel mehr Spaß.