Personen: AT1
Worte: 1665
Forester: 870
Cholain: 795
~ Strande III ~
-Nomadenstamm-
Nach einem weiteren Wüstenmarsch, der nicht nur bei mir Erinnerungen ans Überlebenstraining an der Akademie zu wecken schien, hatten wir uns in zwei Teams geteilt, um die Strander zu belauschen. Bei mir im Schatten eines Felsvorsprungs oberhalb des Camps waren Mariss, Forester, Tiamat und Goral. Die anderen hatten sich weiter unten an einen kleinen Trupp herangeschlichen, der sich vom Stamm getrennt hatte. Mit den Ferngläsern an den Augen gafften wir hinunter, während Mariss den Universaltranslator versuchte zu programmieren.
„Wie weit bist du?“, nuschelte ich zu ihr rüber. Als Antwort bekam ich ein patziges Schnauben. Die Schnauze verstärkte dieses Geräusch zu einem Laut, der locker von einem Pferd hätte kommen können.
„Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“, fragte der Techniker im Team – Forester, hieß er glaube ich. Er bekam als Antwort einen Blick, den ich nicht zu sehen brauchte um die Hand zu heben, die Handfläche der Wissenschaftlerin zugewendet, dann die Finger einklappend und nur den mahnenden Zeigefinger weiter erhoben.
„Wenn du ihn jetzt über die Klippe wirfst, werfe ich dich hinterher.“
„Dann hätten wir das Problem mit dem Aufeinandertreffen erledigt.“, kommentierte Goral und ich schätzte er lächelte breit dabei, die dritte Antwort sparte sich Mariss zum Glück.
„Helfen Sie ihr.“, ich dirigierte Forester mit dem Daumen zu unserer Betazoidin.
Ich verkniff mir eine Erwiderung. Normalerweise um kein Wortgefecht verlegen beließ ich es diesmal dabei und schluckte herunter was mir auf der Zunge lag.
Aber klar, ich helfe dem egozentrischen Überschaf mit Freuden. Hatte ich mich schon über die Teamzusammenstellung beschwert? Vorsichtig, immer darauf bedacht meinen wolligen Hintern in der Deckung zu behalten, näherte ich mich der Wissenschaftlerin. Nicht sicher ob sie nicht vielleicht doch beißen würde wenn ich ihr zu nah kam. „Wie kann ich ihnen helfen?“ Sie unterbrach ihre Arbeit, blickte mich finster an. Zumindest nahm ich das an. Bei den großen schwarzen Kulleraugen war das schwer zu sagen. Zumindest wackelten ihre Ohren hin und her. Also entweder überlegte sie sich mich doch runterzuwerfen, obwohl ich bezweifelte das sie es schaffen würde, oder sie war von mir schlichtweg hingerissen. Auch schwer vorzustellen.
„Sie haben sowas schon mal gemacht?“ Deutliche Zweifel in ihrer Stimme und ich schluckte abermals einen Kommentar herunter. Ich bin vielleicht so ein Überflieger wie du aber ich bin gut in meinem Job. „Sicher.“ – „Dann fragen sie nicht so blöd was sie tun sollen.“
Die Diskussion der beiden ging mir mit dem ersten Wortwechsel auf den Zeiger.
„Mariss!“, zischte ich daher und nahm nun auch das Fernglas von der Nase. Lies meine Gedanken. Reiß dich zusammen oder ich werde ungemütlich. Vorsichtig nickte ich und verengte die Augen. Das sollte ihr Zeichen genug sein.
„Ma’am?“, fragte Goral und Tiamat mit dem Blick gleich mit.
„Hm?“
„Wir haben eine Theorie.“
„Wahnsinn.“
„Die Strander dort unten sind weder dehydriert, noch verdreckt.“
„Sie Fuchs.“, Goral sah mich reglos an, Tiamat unverhohlen irritiert.
„Wir vermuten, dass die Nomaden einen Wasserzugang haben.“
„Sie verfolgen die unterirdischen Wasseradern. Das wussten wir doch schon.“, doch beide sahen nicht aus als wollten sie mir zustimmen.
„Das kann nicht alles sein. Die Wasserader, die sie aktuell verfolgen ist vor etwa 200 Kilometern in nördliche Richtung abgezweigt. Sie folgen einem kleineren Seitenarm.“
„Ihre Technik muss unglaublich effizient sein.“, folgte ich der Logik der beiden Mediziner und diesmal sah es ganz nach Zustimmung aus. Ressourcenumverteilung.
„Mariss, kalibrieren und scannen. Forester, suchen Sie Technik. Irgendeine Form von Wasseraufbereitung. Irgendwo da unten muss es etwas in der Art geben.“
„Aye.“ Was bin ich? Ein Ping-Pong-Ball? Gehen sie da hin, helfen sie dort, scannen sie das. Na los Kleiner, such Technik. Meine Nüstern blähten sich leicht auf als ich tief Luft holte und den Tricorder hervor zog. Die Scans auf das Lager unter uns konzentrierend, veränderte ich immer wieder einige Parameter bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war.
„Positiv Ma’am.“ Sie ließ das Fernglas wieder sinken und sah mich an. „Sie haben dort unten definitiv Technik, funktionierende. Um zu sagen wie genau es funktioniert müsste ich es direkt sehen.“ Wir waren schlicht zu weit weg um detaillierte Bilder zu bekommen. Oder der Tricorder zu schwach. Je nachdem wie man es betrachten wollte.
„Dafür haben wir später noch Zeit. Erst die Sprache, dann Besprechung mit den anderen, dann ins Lager kommen ohne wie Aliens zu wirken. Apropos, Mariss, du hast noch 13 Minuten bis wir zum Rendevouz müssen.“, ich holte mir meinen schnaubenden Blick ab. Dann wandt ich mich wieder an Forester. „Ich weiß dass Sie mich für sadistisch halten, aber solang Sie nichts besseres erscannen können, gehen Sie ihr zur Hand.“, mein Blick sagte: Sollte sie Ihnen was tun, werde ich Sie rächen. Versprochen.
Pong.
Sadistisch ist gar kein Ausdruck.
Aber bitte, zurück zu der Furie. Dass die meinen Unwillen Dank ihrer Veranlagung sicherlich deutlich spüren konnte war mir da reichlich egal. Und sie war es sicher gewohnt.
Diesmal sparte ich mir die Frage und ging ihr einfach stumm zur Hand. Wenn ihr was nicht passte würde sie es schon sagen und es schonte die Nerven. Und so arbeiteten wir weitestgehend schweigend an der Aufgabe, sprachen nur die allernötigsten Worte. Und sie sah mich auch nur einmal so an als würde sie mir gleich den Kopf abreißen.
Trotzdem kamen wir gut voran. Immer mehr von dem was wir hörten war verständlich. Warf aber auch Probleme auf. „Das ist gar nicht gut.“, murmelte die Wissenschaftlerin neben mir. Gut ist hier gar nichts. Sah ganz so aus als würde unsere Tarnung noch etwas Feinjustierung brauchen.
Dann drängelte Amh schon wieder. Immer dieser Zeitdruck.
Wenn Mariss murmelte war das selten ein gutes Zeichen.
„Was?“, fragte ich mürrisch, nachdem ich den demonstrativen Wink auf die Uhr abgegeben hatte.
„Wir haben ein Problem.“
„Erzähl’s mir auf dem Weg nach unten.“, wies ich sie an und gab den Medizinern das Zeichen mitzukommen. Unser Trampelpfad von dem Fels runter lag auf der dem Camp abgewandten Seite und so konnten wir uns wieder in einer halbwegs normalen Lautstärke unterhalten. Doch als ich mich nach Mariss umdrehte hatte sie Forester vor geschickt und tippte konzentriert auf ihrem Trikorder herum.
„Nur einmal….“, stöhnte ich und verdrehte die Augen. „Also? Welches Problem haben wir noch?“
Ich lachte so leise es ging, hob den Blick dann wieder. „Die Namen Ma’am.“ Ein knapper Seitenblick, noch einer zurück über die Schulter. „Muss ich ihnen jetzt auch alles aus der Nase ziehen.“ Na, groß genug ist sie ja. Trotzdem wollte ich ihre Pfötchen da nicht drin haben. „Offensichtlich tragen alle Mitglieder einer Sippe den gleichen Namen, nur jeweils anders betont. Was für uns gleich mehrere Probleme aufwirft.“ – „Wir brauchen alle einen neuen Namen. Schon Vorschläge?“ Ich schüttelte den Kopf. „Aber ich nehme schwer an sie hat einen.“, deutete ich mit dem Daumen zurück auf die Wissenschaftlerin. Sie hat doch immer eine Idee. Ob man wollte oder nicht. „Was noch?“ – „Womöglich wäre es zu auffällig uns alle als Mitglieder der gleichen Sippe auszugeben. Ich weiß ja nicht wie es mit der Verbannung gehalten wird und wie wahrscheinlich es ist das wir alle…“ Ich ließ den Rest des Satzes offen, sie konnte es sich sicherlich auch so denken. Sie nickte langsam.
„Sehen wir erstmal was die anderen rausgefunden haben.“ Wieder sah sie über die Schulter zurück. Dann schaute sie irgendwie ärgerlich, danach frustriert und schließlich lachte sie. Und irgendwie drängte sich mir der Verdacht auf das die beiden einen unfairen Vorteil genossen.
Wir umrundeten eine Felsformation und Goral reagierte schneller als ich.
„Runter.“, zischte er in einer Stimmlage, die trotz der leisen Aussprache durchdringend war. Vor uns war ein Schatten aufgetaucht. Nachdem wir in einer Nische Deckung gefunden hatten gingen die Blicke nach oben. Und kaum dass der letzte Puschel außer Sicht gebracht worden war, erschienen zwei längliche Schnauzen auf der Erhebung. Sie unterhielten sich und ich sah Mariss im Augenwinkel, wie sie sich streckte und verbog um den Translator in die Richtung des leisen Gesprächs zu lenken. Allein wenn ich das hörte, kamen mir Zweifel daran, dass wir uns hier als Einheimische ausgeben konnten. Die Sprache schien mir aus immer den gleichen Lautkombinationen in unterschiedlicher Zusammenstellung zu bestehen. Ob der Translator das hinbekommen würde?
Die beiden Strander, die wahrscheinlich eine Art Außenposten oder Späher abgeben sollten, lenkten ihre Schritte plötzlich direkt in unsere Richtung.
„Entdeckungstaktik drei.“, flüsterte ich und wir pressten uns noch enger an die Wand. Sollten sie uns jetzt entdecken, würden wir so tun müssen als wären wir seit Wochen unterwegs und hätten nicht das Glück gehabt früher auf einen Stamm zu treffen. Diese Variante war ein Notfallplan und es wäre mir enorm unrecht, wenn wir in diese Bredouille gebracht würden, doch es war die plausibelste Erklärung, die wir würden abgeben können.
Ich spürte, dass nicht nur meine Anspannung stieg.
Das nervös hin und her zuckende Ohr von Ahm kitzelte in meiner Nase während der Felsen unangenehm in meinen Rücken stach. Hatte ich schon erwähnt das ich lieber auf dem Schiff geblieben wäre? Mit einem nicht fertig abgestimmten Translator und ohne einen Namen den wir vorweisen konnten wäre ein erster Kontakt fatal. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ablenkung, wir brauchten dringend eine Ablenkung. Wir mussten sie irgendwie dazu bringen in eine andere Richtung zu gehen. Vielleicht auf die altmodische Art? Mein Blick huschte über den Boden. Mit dem Fuß zog ich einen Stein heran. Bedingt durch den Versuch unentdeckt zu bleiben, mehr als umständlich. Mit einem fragenden Blick hielt ich ihn Amh unter die Nase. „Sie wollen ihnen Steine an den Kopf…“ Energisch schüttelte ich den Kopf.
Die Stimmen und Schritte kamen immer näher.
Ich deutete eine Wurfbewegung an, dann hinauf zu der Wissenschaftlerin. Sie war in der deutlich besseren Position dafür, bloß bescheid sagen konnten wir ihr nicht.
Sie schien zu verstehen, dann zu überlegen. Schließlich nickte sie und sah hinauf. Ich folgte ihrem Blick. Mariss schüttelte zunächst den Kopf ergab sich dann allerdings irgendwann in ihr Schicksal, zog sich ein paar Steine heran.
Beim zweiten Versuch schaffte sie es einen der Felsen zu treffen.
Die Schritte stoppten, entfernten sich dann wieder in die entgegengesetzte Richtung.
Allgemeines, erleichtertes Ausatmen.
Amh warf einen vorsichtigen Blick um die Wand herum. „Schnell weg.“