Personen: Valeris A. Advena
Wörter: 1‘066
Titel: Porträt eines komatösen Patienten
=A= Erde – Kanada – Nordküste des Lake Ontario – dieses Mal kein Holodeck =A=
Ein bisschen Kitsch musste sein. Und so hatten Val und ich uns entschieden, also, ehrlich gesagt, ich hatte Val dazu überredet, dass wir den Steg mit Blumenblüten bedeckten. Es waren aber nicht rote oder weisse Blüten, sondern blaue Blüten. Dabei hatte sich Val durchgesetzt. Sie wollte auf keinen Fall rote oder weisse Blüten. Aber diesen Kompromiss ging ich gerne ein. Auch das Ende des Steges entsprach Vals Wünschen. Er war klein und alle Gäste mussten darauf Platz finden. Somit konnte die Trauung nur im kleinen Rahmen vonstattengehen. Genau wie Val es wollte, wie es mir aber auch recht war.
Ein bisschen improvisieren war aber doch nötig, weil der Steg trotz der kleinen Gesellschaft doch fast zu klein war. So sassen die Gäste so auf dem Steg, dass sie nicht auf den See hinausblicken konnten, sondern in Richtung Land zum Haus meiner Eltern, also meiner Mutter. Mein Vater war etwa zwei Monaten gestorben. Es war mit ein Grund gewesen, dass ich endlich den Entschluss gefasst hatte, den nächsten Schritt in der Beziehung mit Val zu machen. Aber der Tod meines Vaters war heute nicht das Thema. Heute standen Val und ich im Vordergrund. Also zur Trauung. Diese fand nicht auf der eigentlich Plattform am Ende des Steges statt, sondern noch auf dem Steg. Da Val vom Haus her kam, mussten alle Gäste an mir vorbeischauen, um einen Blick auf sie zu werfen.
Die Gäste sassen auf nicht gestrichenen Holzstühlen. Dieselben Stühle standen auch um die Tisch aus demselben Holz im Garten, an welchen nach der Trauung das Essen serviert wurde. Die Blütenblätter auf dem Steg nicht das einzige Romantische waren, hatten wir auf die Pfähle, welche den Steg trugen, Kerzen aufstellen lassen. Diese brannten inzwischen alle.
Die Gäste sassen auf ihren Stühlen und ich stand mit demjenigen, der Val und mich traute – es war kein Pfarrer, Priester oder sonst eine religiöse Person (darauf hatte ich bestanden), vor den Gästen. Wir warteten inzwischen nur noch auf Val. Den Ehrengast. Auf ein bisschen Tradition hatte ich auch noch bestanden und trugen einen klassischen Smoking und Val trug ein weisses Kleid. Sie hatte sich erst gesträubt, aber es musste ihr beim Anprobieren gefallen haben, denn nach der Anprobe war sie damit einverstanden.
Dann blieb uns allen plötzlich der Atem weg. Val kam aus meinem Elternhaus. Es wäre eine Schande gewesen, wenn sie auf dieses Kleid verzichtet hätte. Sie sah einfach nur umwerfend aus und mir blieb die Stimme weg. Ich fragte mich, ob ich nachher mein Liebesgelübte ablegen könnte und vor allem die drei alles entscheidende Worte „Ja, ich will!“ sagen könnte. Ich musste mir sogar eine Träne wegblinzeln, als Val den Zwillingen Isabella und Jethro folgend immer näher kam. (Ja, ich war Softie…)
Die Trauung selber dauerte nicht lange. Val und ich hatten auch nichts Langes gewollt. Wir wollten vor allem unser Glück mit unseren Freunden und unseren Familien feiern. Diese Trauung war ein Stückweit auch eine Show für diese. Ein weiterer Grund, über den wir Stillschweigen halten, war, dass wir den Steg auch nicht überstrapazieren wollten. Wir wussten nicht, ob der das Gewichte aller Gäste während einer zweistündigen Trauung würde halten können und wir wollte nicht riskieren, dass er während der Trauung zusammenbrach und unsere Gäste im Lake Ontario landeten.
Aber das Wichtigste gehörte natürlich auch zu unserer Trauung. Val versicherte mir ihre Liebe und ich ihr die meine. Wir versprachen uns Treue und, dass wir mit einander weiterhin durch Dick und Dünn gehen würden. Und beide sagten wir die Worte „Ja, ich will“ (ich brachte den Mund auf und die Worte kamen sogar heraus, aber ich hatte mich ja inzwischen auch an Vals atemberaubenden Anblick gewöhnt), nach welchen wir uns dann unter dem Applaus der Gäste küssten.
Nach der Trauung genoss die gesamte Gesellschaft ein Barbecue im Garten meines Elternhauses. Eine Band spielte und auch ansonsten hatten unsere Trauzeugen für ein kurzweiliges Unterhaltungsprogramm gesorgt. Natürlich mussten wir auch gemeinsam eine Hochzeitstorte anschneiden und uns danach gegenseitig mit der klebrigen und süssen Masse füttern. Mir schmeckte die Torte nicht und Val hatte sich zuerst geweigert, sie anzuschneiden, aber unsere Trauzeugen hatten darauf bestanden. Mehr als die paar Bissen, mit denen mich Val gefüttert fütterte, brachte ich aber nicht runter.
Ins Haus mussten wir den ganzen Abend nicht wechseln, weil es auch angenehm warm blieb, als es dunkel wurde. Doch wie jede Feier kam auch diese zu einem Ende. Dieses Ende setzten Val und ich als wir uns auf den Weg in die Hochzeitsnacht und die Flitterwochen machten. Dafür wartete vor dem Haus ein Shuttle auf uns. Unser ehemalige Kollege und Vorgesetzte, Wedge Antilles, der extra für unsere Hochzeit Ba’Ku verlassen hatte, flog uns mit dem Shuttle in unsere Flitterwochen. Als wir das erzählt hatten, hatten viele gescherzt: „Wenn wir diesen Flug überstehen würden, dann würde unsere Ehe alles überstehen!“
Dann kam natürlich die Hochzeitsnacht. Aber die behalt ich für mich. Nur so viel: Es war eine lange und intensive Nacht geworden…
Irgendwann war dann aber doch die Müdigkeit grösser als unsere Lust, was dazu führte, dass Val und ich einschliefen. Ich schief lange und tief, also das genaue Gegenteil zur Nacht vor der Hochzeit. Nun wachte ich langsam auf. Sofort sah ich die Bilder der Hochzeitsfeier wieder vor mir. Ebenso natürlich die Hochzeitsnacht. Bei diesen Erinnerungen erwachte auch mein „zweites Ich“ weiter unten. Dann konnten wir gleich dort weitermachen, wo wir vor dem Einschlafen aufgehört hatten, wie es sich, wenn man den Holoromanen den Glauben schenken durfte, für richtige Flitterwochen gehörte.
Mit einem zufriedenen Schmunzeln öffnete ich langsam die Augen. Irgendetwas stimmte nicht. Ich konnte den Raum nicht deutlich erkennen, aber die wenigen Umrisse schienen nicht zum Hotelzimmer zu passen, in welchem Val und ich unsere Hochzeitsnacht verbracht hatten. Von wegen Val:
„Jason!“, brüllte sie plötzlich, als hätte ich statt einer Nacht, eine Woche geschlafen. Ich hatte sicher ein paar Gläser mehr getrunken, als ich es mich gewohnt war, aber deshalb hatte ich garantiert nicht mehr geschlafen.
„Ja, das bin ich“, begann ich und das Sprechen fiel mir viel schwerer als ich gedacht hatte. Meine Stimme klang auch überraschend schwach. „Darf ich deinen freudigen Schrei so interpretieren, dass du dich darauf freust, dass wir unsere Hochzeitsnacht jetzt fortsetzen und die ganzen Flitterwochen eigentlich eine lange Hochzeitsnacht werden sollen?“
Dann kam der Stich. Nicht der Stich in mein Herz, sondern der Stich, der die Seifenblase platzen liess…
[NRPG: *vor Val stramm steh und salutier* Ihr Wunsch ist mir Befehl! Jetzt seit aber ihr am Zug
