HRZ – Cmdr Svetlana F. Kirilenkova – XO – RPG 2 Log 11 – 12‘151.2260
Personen: Valeris A. Advena, Manu Katché
Wörter: 1‘651
Titel: noch zwei Stunden…
=A= USS Horizon – Deck 9 – Labor „Das Loch“ – später Nachmittag =A=
Das Elektronenmikroskop drückte um die Augen herum. Ich schaute vom Okular auf und sah statt einer Vergrösserung des Fragementes des Trümmerstückes nur noch das Okular. Ein rechteckiges Guckfenster. Ich rieb mir die Augen sowie die Stellen rund herum, wo ich mit Stirn und Schläfen den Rand des Okulars berührt hatte. Ich konnte die Druckstellen spüren und hoffte, dass sie durch reiben wieder verschwanden.
Ungewohnt war die Arbeit mit diesen Mikroskopen für mich. Nicht weil ich inzwischen in der Kommandoebene arbeitete, sondern weil wir bei Mikroskopen praktisch gar nicht mehr mit Okularen arbeiteten. In den Laboren, konnten wir die Proben nur auf den Objektträger legen und der Computer zeigte uns dann das Bild mit der gewünschten Vergrösserung und natürlich auch nur einen gewünschten Ausschnitt. Bei den mobilen Mikroskopen hatten wir aber keine integrierten Videosensoren für eine Anzeige auf einem Bildschirm, sondern mussten eben mit den Okularen arbeiten.
Aber genug der Pause und Klage. Ich beugte mich wieder über das Okular und widmete mich der Betrachtung des Fragmentes. Ich hatte bereits herausgefunden, dass diese glänzende, nicht spiegelende, weisse Aussenhülle aus millimetergrossen Schuppen bestand. Die Schuppen lagen wie bei Fischen übereinandern. Allerdings nicht in Reihen, sondern Kreisförmig. Immer wieder begannen die Kreise mit einem Zentrum und dann breiteten sich die Schuppen kreisförmig und sich überlagernd aus. Die einzelnen Kreise überlagerten sich auch wieder, so dass die ganze Hülle von den Schuppen bedeckt war. Diese Kreise waren vielleicht zehn bis fünfzehn Millimeter gross, aber von Auge nicht zu erkennen. Das sprach dafür, dass die Fremden doch nicht mit einer Legierung arbeiteten, oder war diese Legierung durchsichtig und lag auf den Schuppen. Eine Oberflächenuntersuchung hatte ich nämlich noch nicht durchgeführt.
Dafür hatte ich mir die Schnittstelle des Fragmentes bereits angesehen. Ich war auf die Energieleitungen neugierig gewesen und hatte mir diese deshalb zuerst angesehen. Aber sie waren nicht sonderlich spezielle. T’Klav hatte recht gehabt: Sie waren mit den Kapillaren in den Körpern von Lebewesen vergleichbar. Dadurch sollten sie nicht viel Energie transportieren können. Das war allerdings nur eine Vermutung von mir und ich untersuchte es nicht genauer, weil Advena das wohl sowieso herausfinden würde, wenn sie die Energieleitungen wieder mit Energie versorgte.
Durch die Untersuchung der Energieleitungen war ich allerdings das erste Mal auf die Schuppenstruktur aufmerksam geworden. Weiter hatte ich erfahren, dass die Energieleitungen unter der Schuppenstruktur verliefen, aber trotzdem jedes Zentrum der Schuppenkreise mit den Energieleitungen verbunden war. Einige Energieleitungen schienen aber an unsinnigen Orten an den Rändern der Kreise mit den Schuppen verbunden zu sein. Das ergab für mich keinen Sinn. Deshalb war ich dann neugierig auf diese Schuppenstruktur geworden und hatte sie mir genauer angesehen.
„Commander, schauen Sie sich das hier einmal an“, rief mich Advena plötzlich zu sich.
Ich schaute wieder von dem Okular auf und rieb mir kurz die Augen und die Druckstellen, bevor ich zu Advena rüberging. Hoffentlich musste ich nicht wieder durch ein Okular schauen. Aber danach sah es nicht auf, denn die Chefingenieurin streckte mir einen Tricorder entgegen.
„Haben Sie etwa…?“, fragte ich neugierig.
„Ja, habe ich“, war die lapidare Antwort, aber wir verstanden uns, ohne die Neuigkeit eigentlich auszusprechen.
Advena war es gelungen die Tarnung zu deaktivieren. Ich schaute auf den Tricorder und konnte die Hülle des fremden Schiffes erfassen damit erfassen. Die Schuppen und die Hülle bestanden aus Monotanium. Einem Element, welches wir aus dem Delta-Quadranten kannten. Die Hirogen verwendeten es und zwar mehrheitlich für Hüllenpanzerungen. Das wusste ich aber nicht alles, sondern das zeigte mir der Tricorder dankbarerweise gleich alles an, damit ich nicht noch im Computer nach Monotanium suchen musste.
„Sehr interessant. Die Fremden könnten also aus dem Delta-Quadranten stammen.“
„Der Gedanke war mir auch gekommen, aber das ist noch gar nichts. Haben Sie diese Schuppenstruktur auch gesehen?“ Ich nickte. „Dann schauen Sie sich einmal die Schuppen dieses Fragmentes an“, forderte mich Advena auf und trat vom grossen Stück, welches wir aus dem Trümmerstück geschnitten hatten zu ihrem Elektronenmikroskop rüber, in welchem sich das Fragment befand, welches Advena untersucht hatte.
Na toll! Musste ich doch nochmals durch das Okular schauen. Ich trat also an das Mikroskop und beugte mich zum Okular. Dabei schaute ich kurz zu Advena rüber und so streifte mein Blick ihre Hüften. Wieso hatte ich nicht vorher mal rüber geschaut, als sie sich über das Okular gebeugt hatte? Egal, jetzt schaute ich wieder auf die Schuppenstruktur, die ich schon kannte. Obwohl dieses Fragment nicht getarnt war, sah die Struktur genau gleich aus, wie beim getarnten Fragment, welches ich untersucht hatte.
„Worauf soll ich achten?“
„Das merken Sie gleich…“ Advena machte irgendwo einige Eingaben. „Achtung…“
Die Warnung hätte ich nicht gebraucht. Das war ja nicht zu übersehen gewesen. Plötzlich war eine schnelle Wellenbewegung über die Hülle gezogen. Sie dauerte nur etwa eine Sekunde. Aber ich wusste, was geschehen war: Die Schuppen hatten sich umgekehrt. Die Kreise hatten jetzt andere Zentren und ich konnte genau sagen, wo diese anderen Zentren lagen. Dort, wo die Energieleitungen scheinbar sinnlos mit den Schuppen ausserhalb der Kreiszentren verbunden waren!
„Das haben Sie über die Energieleitungen gemacht, nicht wahr, Commander?“, hakte ich sicherheitshalber nochmals nach, um meine Theorie bestätigt zu wissen.
„Genau.“
„Können Sie das System adaptieren?“, wollte ich soft wissen, denn dafür waren wir da.
Advena sagte Nichts. Stattdessen zog sie neben dem Mikroskop ein Tuch weg. Darunter lag ein Fragment des Trümmerstücks des fremden Schiffes. Dann öffnete die Chefingenieurin das Mikroskop, an der Stelle, wo man die Proben hineingab, die man untersuchen wollte. Was ich da sah, war kein Fragment des Trümmerstücks. Es war zwar auch weiss, aber glänzte dafür zu wenig und vor allem spiegelte es.
„Ein Nachbau?“, fragte ich und wusste, dass sich dabei mein ganzer Gesichtsausdruck langsam aufhellte.
„Nein, eine Adaption: Das ist ein Teil unserer Raumanzüge. Mit feinen Duranium-Schuppen überzogen. In der gleichen Anordnung, wie die Schuppen auf dem Fragment. Zwischen dem Raumanzug und den Schuppen habe ich auch Energieleitungen verlegt. Die sind allerdings nicht ganz so fein, wie jene der Fremden. Dadurch wird sich das Aussenteam wahrscheinlich nicht so schnell und frei bewegen können, wie es sich gewohnt ist.“
„Dafür hat das Aussenteam dieses Mal eine Atmosphäre. Normalerweise tragen wir die Raumanzüge ja, wenn wir keine Atmosphäre haben“, warf ich ein, bevor ich zum wichtigen Punkt kam. „Wie schnell können Sie die Raumanzüge für ein gesamtes Aussenteam damit ausrüsten?“
„Die Schuppenstruktur ist sehr aufwendig. Sie auf den unförmigen Raumanzug zu bringen dürfte auch nicht ganz einfach werden. Ich schätze zwei bis drei Stunden.“
„Dann gebe ich Ihnen zwei!“, ordnete ich an. „Viel Erfolg. Ich unterrichte den Captain.“
„Aye Ma’am!“
=A= Starbase 98 Resolution – Deck 1 – Bereitschaftsraum des Captains – einige Minuten später =A=
„Commander, nehmen Sie bitte Platz. Möchten Sie etwas zu trinken?“, begrüsste mich der Captain, als ich seinen Bereitschaftsraum betrat. Die Frage nach etwas zu trinken, verdeutlichte mir, wie durstig ich eigentlich war. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal etwas getrunken hatte.
„Danke, Sir. Ja, ich hätte gerne ein grosses Glas Kljúkwa-Saft mit Honig.“
Katché nickte und trat zum Replikator.
„Computer, ein grosses Glas Kljúkwa-Saft mit Honig und einen Raktajino“, gab der Mann mit dem südländischen Aussehen dem Replikator unsere Bestellung auf. Während er auf die Ausgabe wartete, wandte er sich an mich: „Was haben Sie für mich?“
„Commander Advena ist es gelungen, die Tarntechnologie der Fremden für unsere Raumanzüge zu adaptieren. In zwei Stunden sollten wir genügend Raumanzüge mit dieser Tarntechnologie für ein ganzes Aussenteam haben.“ Während ich meinen Bericht ablieferte, war der Captain mit meinem Kljúkwa-Saft und seinem Raktajino zu seinem Schreibtisch zurückgekehrt und hatte mir mein Gals gereicht. „Danke.“
„Gut, bis dahin sollte die Medizin auch der gesamten Besatzung das Medikament zum Schutz vor der Theta-Strahlung verabreichen können.“
Sensationell. Ich war noch am ersten Schluck des Kljúkwa-Saftes und schon kam seine heilende Wirkung zum Tragen. Ich wusste, wieso ich diesen Saft so genoss und vor allem, wieso ich meiner Mutter dankbar war, dass sie mich als Kind immer gezwungen hatte ihn zu trinken. Und so stellte ich erfreut fest:
„Das sind gute Neuigkeiten. Dann kann ich das Aussenteam dieses Mal begleiten!“
„Kommt nicht in Frage!“, machte mir „Rastalocke“ aber gleich einen Strich durch die Rechnung. „Wir wissen nicht, ob die Stealth-Anzüge oder das Medikament helfen. Die Kopfschmerzen könnten trotzdem wieder ausbrechen und dann sind Sie ersten in grosser Gefahr auf dem fremden Shuttle und zweitens behindern sie dann das Aussenteam.“
Der Captain hatte recht. Aber ich wollte auf diese Aussenmission. Ich wollte wissen, was mir so „den Kopf verdrehte“.
„Das verstehe ich, Captain. Ich gebe der Medizin die Erlaubnis, meine Körperfunktionen während der gesamten Aussenmission zu überwachen und mich sofort zurückzubeamen, sollten sich meine Werte drastisch verschlechtern oder gar kritisch werden.“
„Ich bewundere Ihr Engagement, Commander, aber wenn Sie getarnt sind, wir die Medizin ihre Körperfunktionen nicht empfangen und somit auch nicht überwachen können.“
„Ich habe ja noch zwei Stunden Zeit, um eine Lösung für dieses Problem zu finden“, schlug ich dann vor. Er sollte nur merken, dass ich nicht immer so schnell aufgab und auch hartnäckig sein konnte.
„Meinetwegen, versuchen Sie es. Aber Ihre Aufgaben als Erster Offizierin dürfen darunter nicht leiden.“
Er war gut. Das würde nicht ganz einfach werden, da ich einige dieser Aufgaben bereits etwas vernachlässigt hatte, weil ich mit Advena das Trümmerstück untersucht hatte. Aber das würde ich schon hinkriegen. Ich würde mir einfach den ersten fertigen Anzug schnappen und das mit der Medizin einmal testen. Die Anzüge waren ja dafür ausgerüstet, die Körperfunkionen ihrer Träger zu überwachen und über die Kommunikationsverbindung sollten sich die Werte schon übertragen lassen.
Ich wollte wieder einen Schluck meines Kljúkwa-Saftes nehmen, musste aber enttäuscht feststellen, dass das Glas bereits leer war. Der Captain hatte noch praktisch Nichts von seinen Raktajino getrunken.
„Soll das Aussenteam eigentlich wieder auf das beschädigte Shuttle beamen oder sollen wir es bei einem der anderen versuchen?“, fragte ich plötzlich und störte damit den Captain dabei, doch einmal einen Schluck seines Raktajino zu trinken.