BETA – Cmdr Svetlana F. Kirilenkova – XO – RPG 5 Log 11 – 13‘129.1883
Personen: Harley H. Kristoffson, Niback
NPCs: Nadja
Wörter: 1‘393
Titel: Nadja
=A= Erde – Nordsibirien – Salechard =A=
„Nun wirf den Frisbee schon? Oder soll ich vielleicht in die Ob hinaus rennen?“
„Natürlich nicht!“, erwiderte Nadja. Aber irgendwie glaubte ich ihr nicht. Ihr Lächeln wirkte eher enttäuscht, als aufrichtig. „Hier kommt er!“
Nadja warf mir den Frisbee zu, aber nicht sonderlich gut. Zuerst flog er auf mich zu, doch dann drehte er sich nach links weg. Ich lief ebenfalls nach links, um den Frisbee doch noch zu fangen. Ich lag schon zwei Frisbees zurück. Nadja hatte diesen Trick mit dem Wegdrehen einfach irgendwie im Griff. Wenn ich ihn warf, drehte er sich nie im letzten Moment von ihr weg. Ich lag nur nicht weiter zurück, weil ich grösser war und deshalb höher werfen konnte.
Ich war ganz auf den Frisbee konzentriert. Dieses Mal wollte ich ihn erwischen. Ich achte nicht, wo ich hintrat. Immer wieder wäre ich auf dem unebenen Gras beinahe gestolpert. Ich hatte ihn gleich. Noch ein Schritt weiter.
Pflatsch!
Beim letzten Schritt blieb der erwartete Widerstand aus. Mein Fuss durchbrach die Oberfläche und war plötzlich nass. Ich war in den Fluss getreten und da mein Fuss plötzlich unerwartet abgesackt, war verlor ich das Gleichgewicht und flog um. Genau in den Fluss.
Am Ufer war die Ob natürlich nicht so tief und ich landete unsanft auf dem Grund knapp unter der Wasseroberfläche. Trotzdem war er tief genug, dass mein Kopf unter Wasser tauchte und ich völlig nass war. Als ich mich aufgerappelt hatte, war tropften meine Kleider, meine Haare, meine Hände und meine Nasenspitze.
Obwohl Sommer war, war es nicht sonderlich warm. Gerade mal zehn Grad. Kaum war ich aufgestanden fror ich und begann zu zittern. Mit klappernden Zähnen warf ich Nadja einen vernichtenden Blick zu, die sich langsam von einem Lachanfall erholte…
=A= irgendwo anders – Zeitsprung? =A=
…Mieses kleines Gör.
Wo war ich? Wieso war es plötzlich dunkel? Vorhin war es doch zwar bewölkt, aber immerhin noch hell. Und wieso schmerzte mir der Kopf, als würde er gleich explodieren? Ich war zwar gestürzt, aber mein Kopf war glücklicherweise im weichen Sand gelandet.
Ganz im Gegensatz zu meinem Knie. Das war auf einen spitzen Stein geschlagen und ich könnte schwören, dass ich mir daran eine blutende Wunde zugezogen hatte. Nur spürte ich keine Schmerzen im Knie. Ich spürte meine Beine sowieso nicht. Was war hier los?
„Hinsetzen!“, bellte plötzlich eine Stimme und der Schmerz in meinem Kopf stieg exponentiell an. Obwohl ich die Augen geschlossen hatte, fühlte ich mich vor Schmerz geblendet.
Plötzlich stand ich wieder in der Ob und schaute zitternd zu Nadja. Wie konnte sie nur so gemein sein und mich in den Fluss laufen lassen? Immerhin waren wir doch beste Freundinnen.
Aber das stellte Nadja schnell wieder unter Beweis, als sie merkte, dass ich fror. Sie rannte zu mir rüber und zog währenddessen ihre Jacke ab. Als sie bei mir war, legte sie mir ihre Jacke um die Schultern.
„Wir sollten schnell nach Hause. Du brauchst trockne Kleider und es wird bald dunkel und noch kälter.“
Nadja legte ihren Arm um mich und lief dann zielstrebig los. An den Frisbee dachten wir nicht mehr und er blieb liegen. Wir wollten schnell in die Stadt zurück. Dort wohnten wir im ehemaligen Haus meiner Eltern. Jeden Sommer kehrten wir nach Salechard zurück und verbrachten hier unsere Ferien. Dieses Mal waren Nadja und ihre Eltern mitgekommen. Mein Vater hatte Nadjas Eltern eingeladen, weil er mit ihrer Mutter arbeitete.
Mir wurde immer kälter und es schien mir, als würde die Stadt nicht näher kommen. Vor lauter spielen, war mir gar nicht aufgefallen, wie weit wir gelaufen waren. Und leider stetig weiter weg von der Stadt.
Erschöpft liess ich den Kopf hängen. Dabei fiel mein Blick automatisch auf den Boden vor mir. Bei jedem Schritt kamen meine Beine wieder in mein Blickfeld. Plötzlich viel mir ein Flecken am linken Knie auf. Es war dunkler als die restliche mit Wasser durchtränkte Hose. Ich wusste sofort, dass es Blut war. Und mit dieser Erkenntnis begann auch mein Knie zu schmerzen.
Plötzlich hatte ich wieder dieses flaue Gefühl im Magen. Wie als ich vorher ins leere getreten war. Es war, als würden meine Eingeweide die Speiseröhre hochkommen und die Lungen abdrücken. Dieses Mal war das Gefühl stärker als vorher. Kaum merkte ich, dass es wieder nach unten ging, schlug ich auch schon hart auf dem Boden auf. Ein dumpfes Geräusch neben mir, verriet mir, dass Nadja neben mir gelandet war.
Es war dunkel. Nur oben war ein unförmiger Flecken Licht zu sehen. Da musste der Boden unter Nadja und mir nachgegeben haben und wir waren gestürzt. Hier unten war es kälter, als oben in der Helligkeit, und es zog. Plötzlich merkte ich wieder viel stärker, dass alle meine Kleider nass waren und ich begann wieder zu zittern…
=A= irgendwo anders – Zeitsprung? =A=
Es war immer noch dunkel. Aber irgendwie wusste ich, dass ich nicht mehr am selben Ort war. Ich fror nicht mehr. Nicht mehr gleich, wie gerade eben noch. Vorher fror ich am ganzen Körper. Nun kroch die Kälte langsam meinen Rücken hoch.
Auch merkte ich, dass ich die Augen geschlossen hatte. Hatte ich sich vor Schlottern vorher geschlossen? Ich konnte mich nicht erinnern, aber ich öffnete sie nun. Sofort fiel mir auf, dass es über mir keinen hellen Flecken gab. Es war definitiv nicht die gleiche Höhle, wie vorher. Aber es war eine Höhle. Sie war merkwürdig beleuchtet. Es war als würde die Wand leuchten. Aber nur schwach.
Ich wollte mich aufrichten und mich etwas umsehen. Aber das wurde mir nicht gestattet. Jemand legte eine Hand auf meine Schulter und drückte mich sanft auf den Boden zurück. Dabei sprach mich eine unbekannte erwachsene Stimme an:
„Nicht, Commander. Sie müssen liegen bleiben. Sie haben ein Gehirnerschütterung.“
Commander? Wieso nannte mich die Person Commander? Das war doch mein Vater. Ich drehte den Kopf. Nur langsam, denn ich hatte gerade die Erfahrung gemacht, dass mein Kopf bei jeglicher Bewegung meines Körpers schmerzte. Ich schaute in ein Gesicht. Ein erwachsenes Gesicht. Und doch
„Nadja?“
„Ja?“, antwortete Nadja und keine erwachsene Stimme. Ich war wieder in der anderen Höhle.
„Wir müssen hier raus.“
„Ich kann nicht. Mir tut der Fuss weh.“
Ich stützte mich auf meine Ellbogen und schaute zu Nadja rüber. Dann wanderte mein Blick von ihrem Bauch die Beine zu ihren Füssen runter. Der rechte stand in einem merkwürdigen Winkel ab. Ich wusste nicht, was sagen und schwieg. Dafür wusste es Nadja:
„Du musst versuchen nach oben zu gelange. Du musst Hilfe holen.“
„Nein!“, sagte ich sofort. „Ich lass dich nicht alleine. Vielleicht kommen irgendwelche Monster.“
„Aber du frierst und zitterst deswegen wieder am ganzen Körper. Ich dafür nicht. Ich halte es länger hier aus, als du.“
„Ich trau mich nicht alleine.“
Nadja war schon immer die mutigere von uns zwei gewesen. Die Abenteurerin. Sie überredete mich immer, zu waghalsigen Unternehmungen. Einmal hatte ich schon einem Spaziergang auf der Mondoberfläche zugestimmt. Wir wären wahrscheinlich wirklich durch die Luftschleuse gegangen, wenn uns nicht jemand beim Suchen eines passenden Raumanzuges abgefangen hatte. Ich fragte mich immer noch, ob es Raumanzüge für neunjährige gab. War das schon zwei Jahre her?
„Na gut, dann bleib hier. Unsere Eltern werden uns suchen und schon bald finden. Komm etwas näher.“
Ich legte mich neben Nadja. Sie legte sofort ihren Arm um mich und drehte sich zu mir um. Ich machte es ihr nach. So umarmten wir uns und drückten unsere Körper aneinander. Es gab warm.
Mit der Zeit war da noch etwas anderes. Etwas… Merkwürdiges. Neues. Ich kannte es nicht und konnte es auch nicht umschreiben. Ich wusste nur, dass es mir gefiel, Nadja im Arm zu halten. Es war ganz anders als bei Mama.
=A= irgendwo anders – Zeitsprung? =A=
Plötzlich umarmte ich Niemanden und Nichts mehr. Gerade als ich begonnen hatte es zu geniessen. Ich wusste schon, was geschehen war. Ich war wieder in dieser anderen Höhle. Ich hatte auch eine Ahnung, was mich in diese Höhle zurückgeholt hatte. Der Boden unter mir zitterte jetzt fast so stark, wie ich vorhin ausserhalb von Salechard.
„Was war das?“, fragte die bekannte erwachsene Stimme, welche ich der erwachsenen Nadja zuordnete.
„Es gibt zwei logische Varianten: Ein Erdbeben oder ein Höhleneinsturz. Ich tendiere zu Zweitem, weil uns die Fengari dann umbringen können und es wie ein Unfall aussieht.“
„W… wer… wi… will uns umbringen?“, fragte ich mit einer leisen, schwachen und zittrigen Stimme, welche definitiv nicht mir gehörte.