Wörter: 1.976
Personen: Verreuil, Delavere, alle im Außenteam (indirekt)
=/\= Kylata - Basis des Außenteams - Tag 2, morgens =/\=
Die Befehle des Commanders an diesem Morgen machten in meinen Augen erheblich mehr Sinn als die vom Vortag. Nachdem wir nämlich jetzt in der Stadt auf die Kazon getroffen waren, schickte er nun meine Gruppe auf erneute Aufklärungsmission, die sich diesmal außerhalb der Stadt abspielen sollte, um eventuell alternative Zugänge zu dem eigentlichen Zielgebiet zu finden. Selbstverständlich war auch dort mit Widerstand zu rechnen, weswegen wir uns diesmal nicht alleine auf die chirurgischen Veränderungen verlassen würden, was die Tarnung anging. Stattdessen würden wir uns so unauffällig wie möglich durch die Wüste bewegen und einen großen Bogen um jedes Zeichen von Zivilisation machen. Ich war gespannt, wie gut diese unerwartet hier aufgetauchten Gegner vorbereitet waren. Schließlich konnten sie unmöglich wissen, dass wir ebenfalls hier waren - oder erzählte uns das Verreuil nur auch nicht?
Genau diese Frage war es auch, die mich dazu getrieben hatte, noch einmal ein kurzes Gespräch mit dem Kommandanten der Mission zu suchen, während Baker und Rodriguez die Vorbereitungen zum Abmarsch trafen. Schnell aber merkte ich bei dieser Gelegenheit, wie gut der Geheimdienstler darin war, sein Gegenüber zu lesen und die Situation zu erfassen. Denn so geheimnisvoll er im Bezug auf die Mission auch war, so offen ging er damit um, dass er mein Anliegen bereits kannte: “Ich nehme an, es geht um die mangelnde Aufklärung, Sergeant?“ Mir blieb es nur noch, zustimmend zu nicken und in eine für Marines einigermaßen lockere Haltung zu gehen. Dann wartete ich darauf, welche Geschichte mir der Commander diesmal erzählen wollte. Ob sie wahr sein mochte oder nicht, ich war dienstlich dazu verpflichtet, auf ihrer Grundlage zu handeln.
“Sie haben natürlich völlig Recht, dass unser erster Ausflug in diese Siedlung nicht planmäßig verlaufen ist.“, musste ich mir daher anhören. “Obwohl ich klar stellen möchte, dass ich Ihnen keine Rechenschaft schuldig bin, will ich sie daher darüber informieren, dass es andere Fakten über diesen Einsatz gibt, die ich nicht mit Ihnen teilen kann.“ Ein typischer Offizierssatz, wenn ich je einen gehört hatte. Aber mittlerweile kannte ich die Sprache der Flottenmitglieder ja: Er erklärte mir, dass er noch Geheimnisse vor dem Außenteam hatte und sie für legitim hielt. Als guter Soldat hatte mir diese Aussage natürlich zu genügen und so erwiderte ich nur: “Natürlich, Sir.“
Meine Sorge darum, dass sich auch in der von uns nun zu durchkämmenden Wüste Dinge versteckten, von denen wir aufgrund “anderer Fakten“ nichts erfuhren, war damit allerdings nicht wirklich besänftigt und so fügte ich vorsichtig hinzu: “Ist Ihrer Meinung nach zu erwarten, dass diese Faktoren auch die heutige Mission beeinflussen werden?“ Einen Augenblick schien der Commander nachzudenken, vielleicht weil er einen so diplomatischen Satz nicht von einem Marine erwartet hatte, auch wenn uns Umgang mit Vorgesetzten natürlich auf die harte Tour beigebracht wurde. Dann aber antwortete er: “Ich gehe nicht davon aus. Behandeln Sie die Operation wie eine Aufklärung in Feindgebiet und Sie sollten keine Überraschungen erleben.“ “Danke, Sir.“, gab ich zurück und verdrehte in Gedanken die Augen ob solch schwachsinniger Formulierungen. Ein Einsatz hinter feindlichen Linien war per Definition eine Aneinanderreihung von Überraschungen, aber ich kannte ja die beabsichtigte Botschaft. “Das wäre dann alles.“
“Gut.“, nickte Verreuil daraufhin zufrieden. “Ich erwarte Ihren Bericht dann zur abendlichen Besprechung um 1800. Sie dürfen wegtreten!“ Mehr gab es nach diesen drei magischen Worten nicht mehr zu sagen und so begab ich mich also zurück zu meinen beiden Teammitgliedern, zu denen nun auch unser Feldsanitäter gestoßen war. Lediglich Vexx würde auf Befehl des Geheimdienstlers im Lager zurückbleiben, um weiterhin sein Nest als Scharfschütze zu besetzen. Mir passte dieser Eingriff in die Autorität, die ich normalerweise über meinen Zug hatte, nicht wirklich, doch gegen einen Befehl vom Kommandanten der Mission konnte ich nichts ausrichten. Dann musste unser Adlerauge eben alleine zurechtkommen, wenn er auf diesen Hühnerhaufen mit der Hilfe von ein paar Sicherheitskräften aus der Flotte aufpassen musste.
=/\= Kylata - mitten im Nirgendwo - Tag 2, nach Mittag =/\=
Fünf Stunden in glühender Hitze durch eine Sandwüste zu marschieren, ohne dabei Spuren zu hinterlassen oder die spärlichen Patrouillen der Kazon auf sich aufmerksam zu machen, war schon eine Herausforderung an sich. Die gleiche Übung mit Marschgepäck und voller Einsatzausrüstung durchzumachen, stellte sich als höchst sportliches Unterfangen dar. Tatsächlich konnte ich mir nicht vorstellen, dass auch nur ein anderes Mitglied des Außenteams diese Tortur so gut überstanden hätte wie meine Truppe. Abgesehen von dieser spitzohrigen Sicherheitsfrau vielleicht, deren Trainingsmethoden verrückt genug waren, um eines Ausbildungslagers des Corps würdig zu sein. Ihr und dem zähen Geheimdienstler hätte ich zumindest eine Chance eingeräumt.
Getan war die Arbeit aber auch damit noch lange nicht, denn wir hatten lediglich erreicht, dass wir nun aus weiter Ferne auf ein abgesperrtes Areal blicken konnten, das von Patrouillen bewacht zu sein schien. Diese bestanden zu einem Teil aus der hier heimischen Bevölkerung, zu einem nicht wesentlich kleineren Teil aber auch aus Kazon, die sich entweder leise unterhaltend oder wachsam in die Umgebung blickend am Perimeter entlang bewegten. Noch näher heran zu gehen hätte definitiv ein Risiko für unsere Tarnung bedeutet und lief daher dem klaren Auftrag der Feindaufklärung zuwider, auch wenn ich gerne einen näheren Blick gewagt hätte. Denn so sehr sich unsere technisch versierte Pilotin auch anstrengte, vermochte sie doch keine klare Anzeige auf dem Tricorder zu bekommen.
Das Problem waren dabei nicht die Verteidigungsmaßnahmen - von denen hatten wir ein recht deutliches Bild. Was aber hinter der Mauer lag, innerhalb des eigentlichen Zielgebietes, das wie erwartet auch auf etwas weniger ausgetretenen Pfaden zu erreichen gewesen war, vermochte niemand zu sagen. Störsender und Schutzschilde, die deutlich fortschrittlicher waren als sie es auf Kylata hätten sein dürfen, machten einen Blick völlig unmöglich. Natürlich war die Anwesenheit dieser Technologie mit den offenbar in großer Masse angereisten Kazon leicht zu erklären, behagen mochte es mir aber dennoch nicht. Wenn ich mich recht an die morgendliche Besprechung erinnerte und die Wortfetzen der Techniker, die man während der Wache eben so mitbekam, richtig interpretiert hatte, war es nämlich selbst für dieses höher entwickelte Volk eher unerwartet, hochmoderne Sensoren der neusten Generation täuschen zu können. Zumindest beim letzten Aufeinandertreffen mit der Flotte waren sie dazu noch nicht in der Lage gewesen.
Unglücklicherweise hieß diese Entwicklung für uns aber, dass es kaum noch etwas zu erledigen gab, das den Offizieren bei der strategischen Planung in irgendeiner Weise geholfen hätte. Aufzeichnungen von den Sicherheitsmaßnahmen hatten wir schließlich und auch die in der Umgebung befindlichen Truppen des Gegners hatten wir schätzen können. Hier im Sand liegen zu bleiben und sich die Sonne auf den Rücken scheinen zu lassen, nur um auf den größten Zufall der Geschichte zu warten - dass nämlich ein Generator oder ein Emitter ohne unser Zutun ausfiel - war wohl nicht sonderlich erfolgsversprechend und so signalisierte ich den Abmarsch.
=/\= Kylata - Basis des Außenteams- Tag 2, am Abend =/\=
Ich hatte noch nicht einmal mein Gewehr abgelegt, da bemerkte ich schon den eher entfernten, aber doch deutlich auszumachenden Geruch von einem Tier. Ich konnte auf die Schnelle nicht feststellen, um welches Viech es sich handelte, aber die pure Anwesenheit von möglicherweise nicht einmal einheimischer Fauna konnte unsere Position stark gefährden. Ich ließ daher meinen Blick durch die Höhle schweifen und entdeckte schließlich ein felliges Wesen, das einer Katze nicht unähnlich war, auf einem der Biobetten liegen, die eigentlich für den Notfall gedacht waren. Noch mit dem Gewehr in der Hand begab ich mich also zu der für die medizinische Abteilung vorgesehenen Ecke und fragte den Nächstbesten: “Was ist das?“
“Ein einheimisches Tier.“, lautete die offensichtliche Antwort und mit einem Schulterzucken fügte die Ärztin hinzu: “Es ist verletzt, wie sie sehen.“ Alleine die Selbstverständlichkeit, mit der ihre Worte mir entgegen flogen, wäre vermutlich einen kleinen Wutanfall wert gewesen. Aber die Tatsache, dass hier mitten in einer geheimen Basis der Föderation auf einem Planeten, den wir offiziell nicht einmal betreten durften, ein einheimisches Tier von unseren Notfallmedizinern versorgt wurde, sagte so viel über die Weltraumaffen aus, dass mir für einen kurzen Moment die Worte im Hals stecken blieben. Das konnte ja wohl nicht wahr sein!
Als ich schließlich nach ein paar Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, wieder die Sprache fand, konnte ich nur fragen: “Wer hat das genehmigt?“ Ich konnte nur hoffen, dass die junge Dame eigenmächtig gehandelt hatte, denn dann war das Problem schnell zu lösen. Sie bekam eine gehörige Trachtprügel in welcher Form der Commander das auch für richtig hielt und würde dann mitsamt des Kadavers zurück an Bord geschickt werden. Meine Hoffnungen, auf diese Weise zugleich das Problem zu lösen und ein Exempel für die anderen Soldaten zu statuieren, dass wir hier nicht auf Vergnügungsfahrt waren, wurden aber jäh zunichte gemacht, als ich die Antwort auf meine Frage erhielt: “Commander Verreuil.“
Fassungslos blieb ich einen Moment stehen, bevor ich endlich realisierte, noch immer meine Waffe mit beiden Händen zu umklammern. Langsam löste ich daher den Griff, brachte das Gewehr an meine Seite und murmelte: “Verstehe. Vielen Dank.“ Erst dann drehte ich mich um und begab mich wieder zurück zu meinem Team, wo ich eine kurze Nachbesprechung abhielt und alle Informationen zu einem verständlichen Text zusammenfasste. Doch obwohl es sich dabei um durchaus geistige Arbeit handelte, blieb während der gesamten Zeit dieser nagende Gedanke an den Geheimdienst. Was zum Teufel bezweckte er mit dieser Geste des Mitleids gegenüber dem Tier, die so untypisch für ihn war?
=/\= Kylata - Basis des Außenteams - Tag 2, später am Abend =/\=
“Ich schlage daher vor…“, beendete ich meinen recht kurzen Bericht, den ich im Kreis aller Beteiligten abgehalten hatte und fasste Verreuil aus Neugierde auf dessen Reaktion genau ins Auge. “…das Zielgebiet über die Wüste zu erreichen. Meine Männer können einige Verteidigungsanlagen sabotieren, ohne entdeckt zu werden, was uns ausreichend Einblick verschaffen sollte, um die Art des Projekts aufzudecken.“
Stille antwortete mir. Jeder schien auf die Einschätzung des Commanders zu warten und der rieb sich nur nachdenklich das Kinn. “Der Weg durch die Wüste ist schon ohne die Kazon sehr beschwerlich.“, gab er schließlich zu bedenken. “Mögliche Umwege, um Patrouillen zu entgehen, sowie die Unberechenbarkeit der Witterung machen diesen Weg ungangbar, fürchte ich.“ “Mein Trupp würde das schaffen, Sir.“, antwortete ich sofort und erntete ein zustimmendes Nicken von Baker, die als einzige von meinen Leuten gerade keinen Wachdienst schob. Doch ich konnte bereit im Gesicht des Kommandanten sehen, dass er sich damit nicht zufrieden geben wollte oder konnte. “Das glaube ich sofort, Sergeant.“, meinte er trotzdem mit einem Lächeln, das bei ihm ebenso gut Respekt wie Verachtung ausdrücken mochte. “Aber für eine erfolgreiche Sabotage müsste beinahe das gesamte Außenteam diesen Gewaltmarsch unternehmen.“
“Mit anderen Worten: Die Weltraumaffen sind zu schwach, um das durchzustehen. Weiß sogar der Chef.“, klang es mir in der Stimme meines Stellvertreters, der vermutlich gelangweilt auf der Prophecy saß und Däumchen drehte, durch den Kopf. Laut aber sagte ich: “Es wäre unter Entbehrungen machbar, Sir. Ihre Entscheidung.“ Diesmal lagen die Optionen dabei leider nicht ganz so klar auf dem Tisch, wie ich mir das gewünscht hätte. Denn obwohl ich selbst mit meinen Zug sofort durch die Wüste gewandert wäre, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, konnte man diesen Trainingsstand von der Flotte einfach nicht erwarten. Die Kameraden waren für den Dienst auf einem Schiff ausgebildet und hatten entsprechend bequeme Sitzungen auf dem Holodeck, wenn für sie einmal das Aufbauen der Physis anstand. Es war also durchaus weise, den Marsch durch die Dünen nicht als absolute Gelegenheit zu betrachten.
Von der Hand zu weisen war die Alternative aber trotzdem nicht, denn andernfalls hatten wir uns ja durch eine Stadt zu schlagen, die von einem Gemisch aus Einheimischen und Kazon nur so wimmelte. Und in dieser Umgebung nutzen wir Marines wieder eher weniger, da ein offenes Feuergefecht in einer so dicht besiedelten Siedlung nur zur Katastrophe ausweiten konnte. Ganz zu schweigen natürlich von den zivilen Opfern, die eine solche Konfrontation immer mit sich brachte, sowie dem Problem der obersten Direktive. Kurz gesagt: Verreuil hatte hier eine harte Nuss zu knacken. Dennoch - hätte er mich nach dem besten Weg gefragt, wäre meine Antwort die gleiche geblieben: Auch die Flotte musste ab und an durch Sand kriechen. So war das eben im Kampfeinsatz.