Wörter: 1.935
Personen: Her’De’R, Agarthon, diverse NPC
=/\= Kylata - Ogacik - Tag 5, nachmittags =/\=
Obwohl der Befreiungsplan etwas anderes vorgesehen hatte, war ich in der Hitze des Gefechts dazu gezwungen gewesen, mein Rettungsteam kurzfristig aufzuteilen, um der neuen Situation Herr zu werden. Ohne dass davon im offenen Netzwerk der Kazon, das wir ja angezapft hatten, etwas zu lesen gewesen wäre, fanden nämlich ausgerechnet jetzt in diesem Moment Kämpfe in der Arena statt. Anstatt also in die Zellentrakte eindringen und die Gladiatoren befreien zu können, mussten wir nun gegen die Zuschauer dieser barbarischen Sportart vorgehen. Dennoch musste aber jemand die restlichen Räume dieses Abschnitts untersuchen, damit wir nicht einzelne Gefangene zurücklassen würden, was möglicherweise ihr Leben im Rahmen einer Racheaktion der verlierenden Kazon kosten würde. Da ich aber nicht allzu viele Optionen zur Verfügung hatte, war mir der Master Chief als beste Alternative vorgekommen. Er war hervorragend ausgebildet und kam auch mit unkonventionellen Situationen schnell klar, selbst wenn seine ganze Unterstützung aus einem Marine bestand.
Die restlichen drei Jungs aus meinem Team hingegen standen gemeinsam mit mir der schwierigeren Aufgabe gegenüber, einen massiven Raum mit Tribünen und mindestens einem Dutzend Feinden anzugreifen. Und als wäre das noch nicht schwierig genug, mussten wir jederzeit damit rechnen, dass sich unten im sprichwörtlichen Sand der Arena noch Kämpfer in einem Duell befanden. Schnell gab ich daher ein paar Handzeichen, die entsprechende Taktiken für das Eindringen vorgaben, und zählte dann lautlos von fünf herunter. Als ich bei Null angekommen war, senkte ich die Hand und in einer koordinierten Aktion ließen wir die Hölle über den Gegner hereinbrechen.
Phaserfeuer verbrannte die Luft, Granaten flogen und Deckung war rar. Lautes Geschrei, sowohl von uns als auch von den Streitkräften der Kazon, lag in der Luft und die überraschten Gladiatoren stimmten ebenfalls ein. Ich hätte hinterher nicht mehr sagen können, wie und warum ich instinktiv gewusst hatte, dass von unten keine Gefahr drohte, doch ein schneller Blick hatte mir diese Gewissheit verschafft. Dort unten standen nur Freunde, dessen war ich mir sicher, auch wenn ich des toten Viechs in ihrer Mitte nur schemenhaft gewahr geworden war. Etwas oberhalb, auf den Rängen und der erhöhten Plattform eines besonderen Gastes, regte sich dafür heftigster Widerstand und es dauerte quälend lange Sekunden des gegenseitigen Feuers mit Lichtblitzen verschiedenster Farben, bis endlich Rodriguez einen lohnenden Angriffspunkt gefunden hatte und seinen Sprengsatz warf.
Wie in Zeitlupe sah ich das kleine Paket durch die Luft fliegen und direkt auf den großen Häuptling der Kazon zu segeln, der es mit größer werdenden Augen betrachtete. Ihm mussten gerade die Gedanken rasen und vielleicht suchte er sich gerade einen Ort, wohin er die Ladung werfen konnte, wenn er sie denn zu fassen bekam, als plötzlich ohne Vorwarnung die Welt direkt vor seinen Augen zu existieren aufhörte. Ein dumpfer Knall und ein massiver Lichtblitz verschluckte alles in seiner unmittelbaren Umgebung und die explosiven Kräfte der Granate rissen nicht nur ihn und seine Leibwache von den Füssen, sondern zerstörten auch die improvisierte VIP-Tribüne, was weitere Feinde eliminierte.
Schnell sah ich mich um und zählte. Weit über zwanzig Ziele waren bereits ausgeschaltet, doch einige Kazon hatten bessere Reflexe gezeigt als ihre Kameraden und waren in Deckung gehechtet sobald das Feuer unserer Seite auf sie eingeprasselt war. Nun lagen sie hinter zerbrochenen Säulen oder improvisierten Tischen und Bänken, was ihnen minimalen Feuerschutz bot, der aber immer noch besser war als die offene Stellung meiner Leute. “Deckung!“, befahl ich daher laut und deutete auf die immer noch rauchenden Überreste der kollabierten Tribüne, zu denen es für uns nur ein Katzensprung war. Doch so schnell wir auch sein mochten, konnten wir doch nicht verhindern, dass auch uns mit Disruptoren geantwortet wurde. Vexx hatte bereits einen Streifschuss am linken Bein abbekommen und nun steckte auch noch Rodriguez eine fiese Verbrennung an der Schulter ein, doch konnten beide mit zusammengebissenen Zähnen weiter machen.
Für einen winzigen Moment war es wieder ruhig, da für beide Seiten die Schusslinie blockiert war und daher versucht wurde, sich taktisch neu zu positionieren. Da die Kazon aber immer noch in der Überzahl waren, gedachte ich nicht, ihnen diese Gelegenheit zu geben. “Rauchbombe!“, befahl ich daher unserem Sprengstoffexperten, während ich gleichzeitig stille Anweisungen an die beiden anderen gab, zu beiden Seiten der Deckung wild aus dem bald entstehenden Nebel zu schießen. Ich setzte darauf, dass dieses Sperrfeuer dem Gegner eine so schwere Aufgabe stellen würde, dass er einen schleichenden Marine übersehen würde. Sobald nämlich meine Kameraden mit der Ausführung des Plans begannen, huschte ich vorsichtig von einem Trümmerteil zum nächsten und versuchte, in den Rücken der Abwehr zu kommen.
Noch während ich unterwegs war, konnte ich hören wie gut mein Plan funktionierte. Im Gegensatz zu uns gaben sich die Kazon nämlich nicht mit Geheimhaltung ihrer Strategie ab, ganz im Gegenteil brüllte einer von ihnen ärgerliche Befehle an seine Untergebenen. Es war nicht der Maje, dessen Ende wohl mit dem Einsturz der Tribüne besiegelt worden war, aber wohl der nächste in der Hierarchie. Und so wie es aussah, konzentrierte er sich ausschließlich auf die Barrage aus dem künstlich erzeugten Nebel, was mich mit ein paar gut überlegten Hechtsprüngen in seine Flanke führte. Dort angekommen stellte ich jedoch fest, dass es keine Möglichkeit gab, ein freies Schussfeld auf die verschanzte Truppe zu bekommen, ohne mich selbst zu exponieren. Ein Risiko, das aufgrund der Ablenkung durchaus kalkuliert war, aber deswegen nicht unbeträchtlich.
Einen kurzen Augenblick versuchte ich abzuschätzen, wie aufmerksam die Soldaten der Kazon waren, doch dann entschied ich mich einfach zum Handeln. Im Krieg konnte man nicht alles berechnen und wir Marines waren nicht zu Feiglingen ausgebildet worden. Ich rollte also aus meiner Deckung hervor, hielt mich dabei so nah am Boden wie möglich, um ein kleines Ziel zu bilden, und riss mein Gewehr erneut in Anschlag. Doch kaum sah ich über die virtuelle Kimme realisierte ich meinen Fehler: Der neue Anführer der Kazon hatte einen Tricorder gezückt und war jeder meiner Bewegungen gefolgt. Im einer Tausendstelsekunde zuckte mir durch den Kopf, dass ich die Kazon beinahe so schändlich unterschätzt hatte wie diese den Widerstand, doch der Gedanke dauerte nur so lange wie mein Finger am Abzug benötigte, eben jenen durchzudrücken.
Ich selbst erwischte zwei Mann, doch zu mehr reichte die Zeit nicht, da die Truppe auf mein Kommen insgeheim vorbereitet gewesen war. Jetzt lag ich also verwundbar mitten zwischen Trümmern, die keine ausreichende Deckung bieten wollten, und hatte nur diese eine Wahl: So viele Feinde wie möglich mit in die Hölle zu nehmen. Doch just in diesem Moment als ich mich bereits damit abgefunden hatte, dass dies mein letzter glorreicher Dienst an der Föderation werden würde, ertönte plötzlich ein tiefer und grollender Kampfschrei hinter meinen Gegnern und Phaser blitzen auf. Ich hatte nicht die Zeit, mich darüber zu wundern, sondern drückte einfach wieder und wieder den Abzug in der Hoffnung, die Kazon so zwischen dem unbekannten Helfer und mir zu zermalmen.
Erst als es wieder ruhiger wurde und sich der Staub setzte, erkannte ich, wer mir da in allerletzter Sekunde zu Hilfe gekommen war: Es waren ein Crewman der Sicherheit, dessen Name ich nicht kannte, dessen Physis ihn aber mit Sicherheit als Gladiator qualifiziert hatte, und Shron. Beide sahen aus als hätten sie massive Schläge einzustecken gehabt und bluteten aus offenen Wunden, doch wirkte keiner wirklich fatal verletzt. Angemessen danken konnte ich den beiden für ihre Rettung jedoch nicht, da der Kampf in den anliegenden Gängen noch tobte und wir unbedingt weiter mussten. Ich blickte also nur einmal in ihre Augen und nickte anerkennend, während ich mir im Kopf eine große Notiz schrieb: Den beiden würde ich jeweils ein großes Bier ausgeben müssen, wenn wir es jemals wieder auf die New Hope schafften.
=/\= Kylata - Ogacik - Tag 5, wenige Minuten später =/\=
Der Kampf war noch nicht vorbei, aber unser Abschnitt war geräumt. Damit blieb uns immerhin eine kurze Verschnaufpause, die Selin dazu nutzte, alle Wunden zu versorgen und den einheimischen Gladiatoren sowie den mitgenommenen gefangenen unserer Crew etwas Essen zu besorgen. Die meisten bevorzugten dabei die Rationen der Flotte oder das frische Obst, das der Maje sich offenbar hatte bringen lassen, doch der heldenhafte Kollege aus der Sicherheit, dessen Name ich auch nach dem dritten Versuch noch nicht fehlerfrei aussprechen konnte, kaute lieber auf dem zähen und ungekochten Fleisch der Bestie herum, die er nicht lange vor unserem Angriff zusammen mit den Kollegen im Ring erledigt hatte. Und obwohl das ein sehr seltsamer Anblick war, konnte ich nicht anders als den Mann ein wenig zu bewundern - er war absolutes Kämpfermaterial, weswegen er vermutlich niemals Offizier werden würde.
Lange hatte ich aber auch für solche Gedanken keine Zeit, denn bald nach unserer Befreiungsaktion kamen auch Agarthon und Baker wieder zurück zu uns. Sie hatten ihre Gewehre etwas lässiger im Griff als noch zuvor, man konnte aber nach wie vor die Anspannung erkennen, die ein Marine im Kampfeinsatz auszeichnete. Dass sie dabei aussahen wie ein Pärchen, das einen Abendspaziergang über die Promenade machte, lag lediglich an der abgebrühten Haltung der beiden. Soldaten wie diese beiden verloren niemals ihre Ruhe, auch nicht nach den grausamen Dingen, die sie gesehen hatten. Und davon gab es scheinbar nicht zu knapp, wie der Master Chief in knappen Worten beschrieb. Anscheinend hatten die Kazon nämlich nicht nur grausame Arenakämpfe inszeniert, sondern auch Kinder und andere wehrlose Kylas zu Experimenten missbraucht.
Erneut entschied ich mich daher, gegen den vorher zurechtgelegten Plan zu verstoßen. Selbst die beste Strategie konnte niemals den Erstkontakt mit dem Feind überleben und so hatte man uns nicht nur beigebracht, wie man möglichst effektiv Befehle befolgte, sondern auch wie man sich bei geänderten Umständen anpasste und überlebte. In diesem Fall war es zwar nicht unser Überleben, das auf dem Spiel stand, aber deswegen würde ich mit Sicherheit nicht die Familien und Freunde unserer Helfer vom Widerstand hier krepieren lassen. Die Kylas waren stolze und ehrenhafte Kämpfer, die trotz ihrer schlechten Ausbildung heldenhaft in die Schlacht gezogen waren, was sie in meinen Augen zu Kameraden unserer Leute machte.
Allerdings würde sich die Evakuierung einer derartigen Menge nicht einfach bewerkstelligen lassen, insbesondere weil wir eigentlich nur mit den Gladiatoren geplant hatten und daher nur ein Argo zur Verfügung stand. Das andere war für die Führungsoffiziere vorgesehen und sollte anschließend den Transport von Verletzten übernehmen, weswegen es für uns natürlich nicht verfügbar war. Auch ausfliegen konnten wir die Gefangenen nicht, da niemand garantieren konnte, dass der Widerstand bereits sämtliche Flugabwehr überrannt hatte. Diese war immerhin keine Priorität und konnte so noch sehr wohl von ein paar Kazon bemannt sein, die uns nur aus Angst und Paranoia, geboren aus Chaos und mangelnder Koordination, vom Himmel holten.
“Gibt es hier irgendwo Fahrzeuge?“, fragte ich daher kurzerhand einen der von uns temporär festgesetzten Kazon, deren Bewachung ich Rodriguez aufgetragen hatte. Bei ihm war ich sicher, dass er im Zweifelsfall eher schießen als ein Risiko eingehen würde, und das war in dieser Situation die richtige Herangehensweise. Doch der Angesprochene schien plötzlich stumm geworden zu sein und presste die Lippen aufeinander. “Herrgott!“, fluchte ich also lauter als es notwendig gewesen wäre und spielte den ungeduldigen Wahnsinnigen mit dem Finger am Abzug. “Ich habe keine Zeit für diese Scheiße. Crewman, kommen Sie her!“ Ich deutete auf Her’De’R und sofort bekam der Gefangene große Augen, schwieg aber dennoch.
Kaum aber war der Hüne von einem Mann bei mir angelangt, erklärte ich seelenruhig: “Crewman, ich werde sie jetzt einen Augenblick mit dieser Geisel alleine lassen. Ich gehe davon aus, dass sie sich anständig für die Gastfreundschaft bedanken werden.“ Unsicher nickend, betrachtete der Anticaner zunächst mich und dann einen der Folterknechte, von dessen Hand seine Kameraden und er so viel hatten erleiden müssen. Er sagte nichts, doch das Glühen in seinen Augen sprach Bände und so fuhr ich fort: “Ich bin sicher, er wird sich für diese Freundlichkeit revanchieren, indem er uns zum Hangar führt.“