NH – LtCmdr Dem Sawley – TEC – Log9 - 15277.1973
Personen: Lt. Stewart, Ens. Carter (erwähnt)
Wörter: 1.216
Erleichtert seufzte ich auf, als endlich die Starbase wieder in unmittelbarer Reichweite war. Die Händlergilden hatten uns keinen Stress gemacht, jedenfalls noch nicht. Nur eine kurze Begegnung hatte es gegeben, das war alles. Hätten sie Beweise dafür gehabt, dass wir für den Anschlag auf ihre Anlage verantwortlich waren, so hätten sie uns sicher nicht einfach so ziehen lassen, sondern ihre besten Schiffe auf uns gehetzt. Ich lebte noch, die Galatea hatte keinen Schaden erlitten und war auch sonst in sehr gutem Zustand, nachdem ich noch ein paar Wartungen angeordnet hatte. Die Koordination im Maschinenraum fiel mir trotz der langen Pause im aktiven Dienst sehr leicht. Aber es war immer noch eine Nervosität vorhanden, die ich nicht so einfach abschütteln konnte.
Nachdem wir angedockt hatten, übergab ich den Maschinenraum nach ein paar weiteren Tests natürlich wieder an die eigentlichen Verantwortlichen und verabschiedete mich besonders bei dem Team, das mir beim Umbau der Shuttles geholfen hatte. Alles lief höchst emotional ab. „Auf Wiedersehen. Ich hoffe wir arbeiten mal wieder zusammen.“ Fertig. Ich würde sie bei Akbor noch für ein Lob vorschlagen, aber mehr gab es von meiner Seite nicht zu sagen.
Der erste Schritt auf die Sternenbasis tat unglaublich gut, fühlte sich aber gleichzeitig auch wie ein Schlussstrich an. Ich konnte wieder mein altes Leben weiterleben, als Dozent in der Akademieabteilung an Bord der Station. Eine ganze Last an Dingen fiel von mir ab. Meine Gedanken kreisten um die Mission, die wir gerade hinter uns hatten. Was alles passiert war. Wen ich kennen gelernt hatte. Dar, Holiday, Akbor und leider auch Lieutenant McNamara. Aber solche Leute gab es überall, ich hatte viele Bekanntschaften damit machen müssen.
Doch besonders bei Dar war ich zurückhaltender geworden, ich hatte es leider nicht mehr geschafft sie aufzusuchen, bevor wir zur Base kamen. Was auch immer zwischen ihr und dieser Geheimdiensttussi war, sollte sie machen. Es war ihr Leben und das wäre auch das einzige, was ich ihr noch mitgegeben hätte. Nur weil sie niemand leiden konnte, war das noch lange kein Grund, dass Dar sie nicht mögen durfte. Geredet wurde immer. Und irgendwie erinnerte mich das an Tam, denn sie konnte ich am Anfang auch nicht leiden. Ihre anfangs kühle und distanzierte Art hatte mich zunächst stark abgeschreckt, bis ich den Kern ihres Wesens enthüllen konnte. Oder eher sie sich mir geöffnet hatte.
Aber ob das bei McNamara überhaupt so möglich war, das konnte ich nicht sagen. Ich hoffte einfach für Dar, dass alles gut werden würde, auch trotz des Angriffs auf einen Offizier.
Irgendwie hatte ich jedoch den Kontakt verloren, so wie ich es so oft tat, egal ob absichtlich oder unabsichtlich. Eine Freundschaft mit mir hielt selten lange. Und da ich als einer der letzten vom Schiff ging, war es auch klar, dass ich niemanden mehr treffen konnte, den ich kannte.
Wie es damit weiterging, keine Ahnung. Die Base war zwar groß, aber nicht so groß, dass ich niemandem mehr begegnen konnte, alleine weil ich mich fast jeden Abend auf der Promenade aufhielt und den Blick Richtung Alpha-Quadranten richtete. Richtung Erde. Richtung Tam, meiner angetrauten Frau. Ich bekam Gewissensbisse, weil ich dies die letzten Abende nicht tun konnte wegen dieser Mission zu den Händlergilden. Eigentlich Schwachsinn, aber es war genauso Teil meines Tagesablaufes geworden wie Aufstehen, Atmen und Essen. Im Nachhinein fehlte es mir. Doch an Bord der Galatea hatte ich so viel zu tun, dass ich dazu gar nicht die Zeit hatte.
Familie. Ich konnte mir vorstellen, dass Holiday sich zuerst mal wieder in ihrem Zuhause einfinden musste, bevor sie wieder anderen Tätigkeiten nachgehen konnte. Der kleine Lukez hatte sie sicher schon sehr vermisst. Da fiel mir die ganze Sache mit der Prophecy wieder ein und ich blieb mitten im Gang stehen und dachte nach. Die Prophecy. Die Crew. Lucille, Holidays Freundin und Lukez‘ Mutter. Konnte ich jetzt wirklich einfach so weglaufen, mich einfach so abwenden? Die jüngere Frau war die letzten Wochen das geworden, was einer Freundin ziemlich nahe kam und es widerstrebte mir, sie in dieser Zeit der Ungewissheit alleine zu lassen. Sie erschien mir bei unserer letzten Begegnung noch ziemlich stabil, doch mit der Zeit…wer weiß. Ich hatte schon viele Menschen daran zerbrechen sehen, ja ich selbst wurde sogar schon durch eine solche Situation gebrochen. Ich hatte damals keinen wirklichen Freund, auf den ich mich verlassen konnte, nur die heißen Freuden des Alkohols und danach die harte Hand der Medizinerin, die mich wieder davon losriss. Es war keine schöne Erfahrung gewesen und es hatte sehr tiefe Narben hinterlassen so hilflos zu sein.
Ich war nicht der Ansicht, dass Holiday dem Alkohol zugeneigt war, doch ich wünschte ihr, dass ihr diese Schmerzen erspart wurden. Meine Finger zuckten, als ich dieses widerliche Gefühl, das kurz vor dem Knacksen da war, loswerden wollte. Verdammt nochmal, bevor ich hinzugeholt wurde, hatte ich ein schönes Leben ohne viel Verantwortung und nun? Da lernt man Leute kennen und plötzlich mag man sie und kümmert sich um sie. Bitterkeit stieg in mir auf und verschlang mich nach den Gedanken an die dunkelste Zeit meines Lebens und eigentlich wollte ich mich teilweise nur noch verkriechen. Doch das war nicht das, was mich ausmachte. Das ist nicht das, was aus mir geworden ist.
~~Quartier Sawley~~
Mit vollem Schwung warf ich mein Gepäck auf mein Bett. Viel hatte ich ja nicht dabei, eine kleine Tasche, mehr hatte ich für die relativ kurze Zeit unterwegs auf dem Schiff nicht gebraucht. Erschöpft ließ ich mich direkt daneben fallen und hielt meinen Kopf in den Händen. Wie viel hatte ich geschlafen, seit wir auf die Händlergilden angesetzt worden waren? Ein Mediziner hätte sicher gesagt, dass es zu wenig war und ich brauchte keine medizinische Betreuung, um diese Vermutung zu bestätigen. Als ich wieder aufsah, strich ich mir durch den Bart, der etwas struppig wirkte, also ähnlich wie ich mich fühlte. Meine Haare fielen mir locker über die Schultern. Ich hatte wieder meine normale Dienstuniform an statt einem Overall.
Ich beschloss zu duschen und diese anstrengenden Tage vorerst hinter mir zu lassen.
Die Dusche war sehr erfrischend und kräftigend zugleich. Doch meine Gedanken kreisten weiter. Wie würde es werden, wenn die Händlergilden tatsächlich Beweise dafür fanden, dass wir hinter dem Anschlag steckten? Würden sie sich rächen? Sicherlich. Oder konnten wir einen kriegerischen Akt mit diplomatischen Mitteln abwenden? Ich hoffte es. Zwar reichte mein Vertrauen in die Anwendung der diplomatischen Kunst bei Diplomaten der Föderation recht weit (sonst hätten wir nicht so viele Mitgliedswelten), aber manchmal kann selbst der beste Diplomat nichts ausrichten.
~~Zeitsprung, vor Quartier Stewart~~
Eine frische Uniform, die Haare wieder ordentlich zusammengebunden, den Bart gestutzt und ich sah wieder aus wie ein Vertreter der Spezies Mensch. Seit ich hier an Bord war, hatte ich wahrscheinlich noch nie so sauber und ordentlich ausgesehen. Die Zeit als Dozent hatte mich ein wenig nachlässig werden lassen, doch das hatte die Aufregung über den Auftrag vom Oberkommando mir wieder einigermaßen ausgetrieben. Vielleicht war das Lehren doch nichts für mich und ich doch eher für Action geeignet, die Action da draußen, oder mehr Action hier auf der Station.
Ich betätigte den Türsummer, vielleicht konnte ich Holiday ja dazu befragen, auch wenn sie mich noch nicht sonderlich gut kannte und ich sie eigentlich ja auch nicht. Doch ihrer statt kam der kleine Lukez an die Tür und begann zu lächeln, als er mich sah.