NH - Lt. Sopek - TEC - URPG Log 1 - 14186.1681

[Wedge Antilles]

Personen: Alessa, Sturm
Wörter: 1032


-=^=- Quartier -=^=-

Ich klappte den Tricorder zusammen und beendete damit die Analyse. „Es liegt keine Fehlfunktion vor.“
Die Angesprochene legte ihre Gitarre beiseite, an der sie die letzten fünf Minuten die Saiten in wahlloser Reihenfolge gezupft hatte. Mit dem Aufstehen und zu mir herübergehen sagte sie: „Wie können Sie da so sicher sein? Nur, weil Ihr Tricorder das sagt?“
„Nein“, gab ich nüchtern zurück, „weil ich die Analyse durchgeführt habe.“ Unnötig zu erwähnen, dass somit kein Fehler im Replikatorsystem vorliegen konnte.
Die Frau sah mich argwöhnisch an, während sie neben mir stehen blieb. „Sie sind auch gar nicht von sich überzeugt, nicht wahr?“
„Das hat nichts mit Selbstüberzeugung zu tun“, korrigierte ich sie, „sondern mit Erfahrung und Logik.“

„Na schön, Mister…“ meinte Myrden. „Dann spricht die Logik ja bestimmt nicht dagegen, wenn Sie etwas Repliziertes probieren.“ Ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten replizierte sie einen vulkanischen Tee. Es summte kurz, dann materialisierte sich eine durchsichtige Tasse mit einer hellbraunen, dampfenden Flüssigkeit. Sie ergriff sie und hielt sie mir entgegen. „Bitte sehr.“
„Ich bin nicht durstig“, entgegnete ich wahrheitsgemäß.
„Trinken Sie!“ kam es nun doch schon in einem etwas rauen Befehlston herüber – dabei stand sie rangmäßig gar nicht über mir, als dass sie Befehlsgewalt über mich ausüben konnte.
Jedoch war meine Zeit knapp bemessen und eine Diskussion hätte sie zwar verloren, allerdings hätte ich auch verloren, nämlich Zeit. Und so nahm ich die Tasse und genehmigte mir einen Schluck. „Das Aroma liegt innerhalb der normalen Parameter“, fällte ich ein abschließendes Urteil.
„A-ha!“ jubilierte sie und missdeutete meine Aussage: „Es schmeckt nicht!“
Ich schüttelte den Kopf. „Geschmack ist eine subjektive Wahrnehmung, die zum Teil auf Gefühlen basiert. Mir als Vulkanier sind…“
„Jaja, schon gut“, fiel Myrden dazwischen. „Nicht schon wieder die Leier. Wissen Sie was, ich reparier es selber.“
„Das ist unlogisch. Erstens muss der Replikator nicht repariert werden, da er innerhalb der Parameter funktioniert. Und zweitens sind Sie nicht qualifiziert für eine solche Arbeit.“
Einige Sekunden sah die Frau mich aufgeklapptem Mund an. „Nicht qualifiziert?“ wiederholte sie dann verstört. „Ich hab schon Apparaturen zusammengebaut, da haben Sie noch mit Bauklötzen gespielt.“
Eine klassische Trotzreaktion. „Das bezweifel ich, denn...“
Weiter kam ich nicht. „Sie wollen jetzt nicht wirklich mit einer Frau diskutieren, oder?“
Ich wölbte eine Augenbraue. „Nein, ich wollte nur Ihre Falschaussage korrigieren.“
„Nicht nötig“, grinste sie. „Und ich glaube, Sie haben sowieso Wichtigeres zu tun als mit mir zu diskutieren.“
Das waren die ersten vernünftigen und richtigen Worte, die ich seit Langem von ihr gehört hatte.


-=^=- technisches Labor -=^=-

„Einen wunderschönen Tag wünsche ich Ihnen, Mister Sopek.“
Ich war nicht überrascht über die Tatsache, dass ich angesprochen wurde, schließlich hatte ich das Dröhnen der sich öffnenden Türen gehört. Überraschend war nur die Person, die mich angesprochen hatte. Ich drehte mich um. „Mister Sturm“, nickte ich ihm zu. „Wie sind Sie hier hereingekommen?“
Er verzögerte kurz, ehe er grinsend meinte: „Durch die Türe.“
Der menschliche Humor war wirklich eine Eigenart, die ich nie verstehen würde. „Das hier ist ein Bereich, zu dem nur autorisiertes Sternenflotten-Personal Zutritt hat. Ich hoffe für Sie, dass Sie die Zugangskontrolle nicht umgangen haben.“
Sturm blieb ruhig. „Mitnichten. Sie können mir glauben, ich bin befugt hier zu sein.“

Es gab für mich zwar keinen Grund, ihm zu glauben, aber auch keinen, an seiner Aussage zu zweifeln. „Und sie wollen nun wissen, wie ich mich bezüglich Ihres damaligen Angebots entschieden habe.“
Der Reporter begann zu lächeln. „Wissen Sie, das liebe ich an den Vulkaniern. Sie stellen keine offensichtlichen Fragen, sondern kommen direkt zum Punkt.“ Dieser Raum war ein technisches Labor, ausgestattet mit Equipment, das Sturm höchstwahrscheinlich nicht in der Lage war korrekt zu bedienen. Insofern war es in der Tat offensichtlich, dass der Grund für seine Anwesenheit meine Person war. Etwas verwunderlich war lediglich, dass er mich nicht kontaktierte, sondern mich gleich persönlich aufsuchte und dabei auch von seinen eventuell vorhandenen Sonderkonditionen Gebrauch machte. „Und wie haben Sie sich entschieden?“
„Ich sehe keinen Grund, Ihr Angebot auszuschlagen. Allerdings muss ich Sie darauf hinweisen, dass ich Sie nicht mit von der Sternenflotten als geheim eingestuften Material versorgen werde.“
„Das erwarte ich auch gar nicht“, bestätigte er und zeigte dabei ein Funkeln in seinen Augen, als wolle er sagen, dass er dafür schon andere Informanten hätte. „Mir reicht das Material, dass so… ‚un-geheim‘ ist, dass es das nicht einmal in den offiziellen Bericht geschafft hat.“
„Sie meinen Gerüchte!“ fasste ich zusammen.
„Auch“, nickte Sturm. „Die Gerüchteküche ist eine der besten Lieferanten für den Journalismus.“

Ich hatte nicht genug Informationen, um diese Behauptung zu unterstützen oder zu widerlegen. „Aber Sie wollen doch sicherlich nicht wissen, wie viel Klasse-2-Kometen und ultraviolette Spitzen wir beim Scan der Umgebung entdeckt haben.“
„Nicht, wenn es nicht von Belang ist.“ Sturm zog sich einen Stuhl heran und setzte sich drauf. „Wissen Sie, die unwichtigen von den vermeintlich unwichtigen Informationen zu trennen und diese dann miteinander so zu verknüpfen, dass sie der Wahrheit entsprechen - das ist die Kunst eines guten Journalisten.“
„Und Sie sind solch ein guter Journalist!“ vermutete ich.
Verbal äußerte er sich nicht, das brauchte er bei dem breiten Grinsen aber auch gar nicht. „Aber jeder Journalist ist nur so gut, wie die Informationen, die er bekommt. Und ich halte Sie für jemanden, der mich gut mit Informationen versorgen kann und womöglich selbst erkennt, was nicht so unwichtig ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.“

Ich ignorierte das Kompliment, das er mir gerade versucht hatte zu machen. Stattdessen offenbarte ich ihm: „Ich habe mich über Sie informiert. Sie genießen kein hohes Vertrauen bei den kommandierenden Offizieren der Stationen, auf denen Sie tätig waren.“
Sturm winkte ab. „Jeder liebt die Presse, solange er nicht selbst darin erwähnt wird. Aber mit steigendem Rang wird man zwangsläufig erwähnt. Und dann fühlt man sich plötzlich missverstanden, fehlinterpretiert, verleumdet. Das ist kein Problem des Journalismus, sondern der Persönlichkeit derer, über die wir schreiben.“ Er setzte ein zufriedenes Lächeln auf. „Etwas, über das ich mir bei Ihnen keine Sorgen mache.“
Damit spielte er wohl auf meine vulkanische Mentalität an, und nicht etwa darauf, dass er glaubte, dass ich keinen Führungsposten bekommen könnte.
„Und nun erzählen Sie mir, was hat sich auf der Prophecy zugetragen, was nicht im offiziellen Bericht steht?“