Personen: Kiri
Thema: Mittagspause
Wörter: 647
Sonderbarerweise hatte ich keinen Hunger. Kirilenkowas Wahl hätte kaum eine schlechtere sein können. Ich mochte dieses Restaurant nicht. Aber um ein bisschen guten Willen zu zeigen, und sie vielleicht dazu zu bringen, dass sie mir doch etwas vertraute, schnappte ich mir einen Stuhl und ließ mich neben dem Eingang nieder. So hatte ich wenigstens Gelegenheit, die ersten Daten zu analysieren. Ich tippte einige Daten in mein Padd, betrachtete sie abwesend und löschte sie wieder. Die Schlagzeile an sich war ein Renner. ‚Starfleet Commander Jall zerstört zwei Jäger der Jem’Hadar’ Wörter wie ‚unprovozierter Angriff’, ‚keinerlei Gefahr’, ‚übertriebene Rettungsaktionen’ folgen und bereiteten mir Bauchweh. Noch vor ein paar Monaten hätte ich kaum gezögert, diese Informationen weiterzuleiten (oder zumindest für das eine oder andere Gespräch in der Hinterhand zu behalten). Und jetzt war ich dort, wo ich mit einem solchen ‚Argument’ hingekommen wäre. Ich hatte Zutritt zur OPS. Ich legte das Padd beiseite.
Was nutze es noch? Die Sternenflotte zu denunzieren? In diesem Fall hatte ich vermutlich mehr Feinde, als mir lieb war. Ich wollte kein Spielball der Föderation werden und zwischen den Stühlen sitzen. Genauso wenig wollte ich mich auf eine Seite schlagen. Mein Blick wanderte zu Commander Kirilenkowa, die in ein reges Gespräch vertieft war. Vielleicht sollte ich zunächst mit ihr reden. Sehen, was sie davon hielt. Aber sie schien beschäftigt. Wieder aktivierte ich das Padd. Mit dieser Geschichte hätte ich eine Karriere, würde mir die Aufträge aussuchen dürfen. Vielleicht bekam ich sogar ein nettes Büro in einem netten Zimmer in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Föderation… Arlys Warfield würde eine solche Story nicht publizieren, wenn die Angaben nicht aus mindestens zwei verlässlichen Quellen stammten. Ich schickte Mandy eine Nachricht mit den entsprechenden Freigabecodes und fragte an, ob Sopek nicht zufällig auf der Prophecy Dienst tat.
=A= Ein Gespräch mit Sopek später =A=
Ich war genauso schlau wie zuvor. Die Bestätigung aus einer anderen Quelle war eine Farce, schließlich hatte ich dem Angriff als unbeteiligter Zeuge beiwohnen dürfen. Was genau hatte ich mir eigentlich von einem Gespräch mit Sopek erhofft? Dass er mir erklärte, dass Jall die Jäger nicht angegriffen hatte? Dass er bestätigte, dass alles seine Richtigkeit hatte? Es war gerade einmal Mittag und ich war deprimiert. Kirilenkowa erhob sich und ich raffte so schnell wie möglich meine Sachen zusammen.
„Sind Sie fertig?“, fragte sie und stürmte an mir vorbei zur Tür hinaus. Ich seufzte und offenbar verwirrte sie das mehr, als es Worte getan haben könnten. Sie ließ mich aufschließen und sah auf mich herab, als ich sie erreicht hatte.
„Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“, fragte sie, ihre Worte (mit dem sarkastischen Tonfall) im direkten Gegensatz zu ihrem Gesichtsausdruck (Drückte der etwa Besorgnis aus? Oder war es Neugier?) „Sie sind so schweigsam. Das kennt man von Ihnen ja gar nicht.“ (Vermutlich war es auch nur Sodbrennen, das sie plagte). Unwillkürlich musste ich grinsen.
„Jall hätte die Schiffe nicht angreifen müssen“, sagte ich.
„Wie kommen Sie zu diesem Schluss?“, erwiderte sie, ohne stehen zu bleiben und ließ die Sache damit auf eine sonderbare Weise belanglos erscheinen.
„Er wurde nicht angegriffen und die Jäger haben zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Prophecy bedeutet.“
„Für die Prophecy vielleicht nicht.“ Jetzt blieb sie stehen und sah mich an. „Sie wissen sicher, dass manchmal nicht alles so ist, wie es aussieht. In Ihrem Job…..“ Damit ging sie weiter und nach einem kurzen Moment des Zögerns ging ich ihr nach.
„Sie wissen, dass ich diese Geschichte bringen kann“, sagte ich beiläufig und glaubte, ein Grinsen in ihrem Gesicht zu erkennen. „Und Sie wissen auch, dass ich meinem Publikum zutraue, sich selbst eine Meinung zu bilden.“
„Und dabei manipulieren Sie diese Meinungsbildung nicht etwa dadurch, dass Sie entscheiden, welche Informationen Sie weitergeben?“
Jetzt war ich es, der stehenblieb. „Stellen Sie sich für ein Interview in dieser Angelegenheit zur Verfügung?“ Mein Grinsen musste so ausgeprägt sein, dass meine Ohren Geburtstag feiern durften.