Personen: Harley Kristoffson, Kirilenkowa, Odina Tenara
Thema: Haarige Sachen…
Wörter: 928
Das hatte ich nun davon. Da ließ man diese Frau EINMAL allein und dann so was.
Ich rannte in die Krankenstation. Soweit ich erfahren hatte, war Kirilenkowa außer Lebensgefahr und bei Bewusstsein.
Das Schott glitt vor mir auseinander und ich trat ein. Die Krankenstation glich einem Koferenzraum, denn Blau- und Gelbhemden standen überall zusammen. Einige wurden untersucht, einige diskutierten. Im Versuch, einige Wortfetzen der geführten Gespräche mit aufzunehmen, wühlte ich mich ins Innere der Station.
Eine Medizinerin stand am Bett der Commander in (offensichtlicher) trauter Zweisamkeit. Das hielt mich aber keineswegs ab, sondern motivierte mich eher noch mehr, den beiden Damen Gesellschaft zu leisten. Das Gespräch, was Kirilenkowa mit einer gewissen Harley Kristoffson führte, wurde zu meinem Leidwesen unterbrochen (ich hätte nur zu gern gewusst, um was es ging) und beide sahen mich an, wie einen pubertären Pickel vor dem ersten Date.
Ich erschrak, als ich den Ehrengast meiner derzeitigen Reportage sah. Zwar strahlte die Commander immer noch eine gewisse ‚innere’ Schönheit aus, diese trat aber nur zu Tage, wenn man sie vorher gesehen hatte oder eine medizinische Ausbildung hatte (und damit in der Lage war, hinter die Kunsthaut und Bandagen zu schauen). Es kam sehr selten vor, aber jetzt war so ein Moment: Ich war relativ sprachlos. Als ich das Bild der Commander, so wie sie heute Morgen ausgesehen hatte, wieder vor meinem inneren Auge hatte, atmete ich erst einmal tief durch.
„Geht es Ihnen gut?“, fragte ich und sah sowohl sie, als auch ihr medizinisches Personal in Hoffnung auf eine Antwort an. Kristoffson zuckte die Schultern und zog eine Schnute. Also wandte ich mich wieder an die Commander. „Sie sehen furchtbar aus!“ Ich versuchte ein Lächeln, was andeuten sollte, dass ich dies nicht wirklich meinte. Mein Sinn für Humor war manchmal etwas gewöhnungsbedürftig und ich hoffte einfach, das Kiri schon soweit war, dass sie verstand, was ich sagen wollte.
„Das Kompliment gebe ich gern zurück“, antwortete sie. „Wie schade, dass Sie nicht dabei waren.“
„Das glaube ich Ihnen gern.“ Mein Grinsen wuchs in die Breite. „Wirklich bedauernswert. Sonst könnten wir jetzt ‚Kameraden im Leid’ sein. Apropros Kamera….“ Ich fingerte meinen Rucksack von den Schultern und öffnete ihn.
„Das werden Sie nicht wagen!“, herrschte sie mich an und ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Ich hielt inne, grinste sie ein weiteres Mal an.
Ich hatte die Kamera zu tage befördert und stellte sie an, zielte damit auf Kristoffson und lugte auffordernd am Gerät vorbei auf das Blauhemd.
„Wie schlimm sind die Verletzungen von Commander Kirilenkowa und welche Therapien haben Sie angeordnet?“
„Sie hat Verbrennungen dritten Grades und entsprechende Schmerzmittel erhalten“, leierte die Med los. Schon nach den ersten drei Worten wusste ich, dass ich das Material kaum würde verwenden können. Harley war einfach nicht so photogen wie Kirilenkowa (selbst in ihrem jetztigen Zustand). Ich ließ die Kamera auf Harley gerichtet und diese weiterreden und sah auf die Commander herab. Ihr Gesicht sprach Bände und ich glaubte, die stumme Bitte zu erkennen, auf Videoaufnahmen der Patientin zu verzichten. Hatte ich sowieso nicht vor, aber sie wusste es nicht und die Sorge um ihre Frisur vor der Kamera amüsierte mich.
Erst jetzt realisierte ich, dass Harley nicht mehr sprach und mich stattdessen genervt ansah. Ich grinste ein „Danke“ und deaktivierte die Kamera und verstaute sie wieder und zog ein Padd hervor.
„Wissen Sie noch was passiert ist?“, fragte ich Kirilenkowa.
„Ich habe nur….“, begann sie und wurde von Harley unterbrochen, die ein rüdes: „Meine Patientin muss sich jetzt ausruhen. Wenn Sie also bitte gehen wollen!“
Das war also der Dank dafür, dass ich sie zum Star machen wollte und sie eine der raren Gelegenheit bekommen hatte, vor der Kamera zu stehen?
„Nein. Will ich nicht!“, motze ich zurück und sah wieder auf die Person im Bett, bedeutete ihr, weiterzusprechen. Doch bevor sie die Gelegenheit dazu erhalten konnte, tippte Stoffi an ihr Sternenflottendelta und ich vernahm ein „Kristoffson an Sicherheit.“
„Lassen Sie gut sein“, unterbrach ich sie. Ich konnte mich in Diskussion vertiefen, die in weniger als vier Minuten hier auf der Krankenstation stattfinden würden, oder ich konnte mein Kiri-Interview verschieben, bis Stoffi dienstfrei hatte und meinen derzeitigen Arbeitseifer darauf fokussieren, im Labor weitere Recherchen durchführen. Intelligenterweise entschied ich mich für die zweite Variante, nickte Kiri kurz zu und grinste Stoffi an, als ich an ihr vorbei ging. Ein „Wau“ in ihre Richtung konnte ich mir nicht verkneifen.
Bevor ich die Krankenstation verlassen konnte, fiel mein Blick auf einen der neuen Rekruten. Mittlerweile war ich so weit up-to-date, dass ich ihr Gesicht einordnen konnte.
„Crewman Odina Tenara?“, sprach ich die Trill an, die mit dem Rücken zu mir stand und sich mit einem Arzt unterhielt.
„Erlauben Sie die Frage, waren Sie im Labor, als das Unglück passierte?“, fragte ich und fummelte wieder an meinem Padd.
Sie schaute kurz in Advenas Richtung, die offenbar ebenfalls den Weg hierher gefunden hatte. Ich wusste um meinen Ruf. Und ich wusste, dass Führungsoffiziere in der Regel nicht sehr kooperativ waren. Doch mein neuer Status ließ ihnen kaum eine andere Wahl – höchsten die Wahl, ob sie sich selbst die Ehre gaben, aber ihren Untergebenen das Vergnügen überließen. Advena nickte und widmete ihre Aufmerksamkeit provokatorisch wieder etwas anderem.
„Ja“, antwortete Tenara.
„Können Sie mir vielleicht erzählen, was genau passiert ist?“
Wieder schaute sie sich um. Diesmal in Richtung Kirilenkowa, welche die Aufmerksamkeit für ihre Person aber nicht realisierte. Ich schüttelte den Kopf.
„Sprechen Sie mit Ihren Chefs und dann melden Sie sich doch einfach bei mir“, versuchte ich zu helfen und deaktivierte das Padd. Verduzt sah sie mich an. Ich grinste und stiefelte ins Labor.