NH – PO3 Pi – SEC –URPG Log 01(01) – 14262.1463

[Richards]

Wörter: 902
Erwähnte PCs: Jason
Erwähnte NPCs: Pronto

Thema: „Wahnsinn und Normalität“

NRPG: Log spielt ungefähr zeitgleich mit dem letzten Jason-Log

=A= Deck 339 Arrestbereich =A=

Ich lag lange ausgestreckt auf der Pritsche und starrte an die Decke. Vor einer Viertelstunde hatte das nervige Klopfen aus der Nachbarzelle endlich aufgehört und vor fünf Minuten hatte der Commodore Lieutenant Hawk abgeholt. Ich dagegen wurde hier zurück gelassen.
Nicht dass es mich momentan störte. Ich begrüßte die Stille. Sie gab mir etwas Zeit nachzudenken. Zumindest noch so lange, bis die Drogen endgültig aufhören würden zu wirken. Nach meiner Schätzung dürfte das noch maximal eine halbe Stunde dauern. Dann würde ein sofortiger Rücksturz in meinen Normalzustand einsetzen. Und dann war ich selbst hier drin in meiner Zelle gefährlich.
Manchmal überlegte ich, ob die Drogen, die sie mir unregelmäßig gaben nicht eine Art Schizophrenie hervorriefen. Schließlich war ich ein völlig anderer Mensch, wenn ich normal war. Andererseits: was war schon normal? Mein normaler Zustand war ein größenwahnsinniger pyromanischer Psychopath, der gerne mit Boomex spielte. Also alles andere als normal. Und unter Drogen war ich zwar ein Draufgänger mit leichtem Hang zu explosiven Aktionen aber ich hatte mich deutlich besser im Griff und war fast schon das, was man einen normalen Föderationsbürger nennen konnte. Ich fand sogar die Muße, einige hochphilosophische Überlegungen anzustellen. Wie jetzt zum Beispiel. Wahnsinn und Normalität waren bei mir absolut verdreht.
Ich hörte, wie sich die Tür zum Arrestbereich öffnete. Vielleicht brachte man Hawk zurück. Als er vorhin von Commodore ch’Thane abgeholt worden war, hatte ich bereits vermutet, dass sein Freigang nicht lange dauern würde. Das klang eher nach einen Kurzbesuch in der Krankenstation. Hoffentlich fing er nicht schon wieder an die Wand zu misshandeln. Auf diese Weise bekam man da kein Loch rein. Das machte man lieber mit Boomex.
Doch dann sprach mich eine bekannte Stimme an. „Hallo Pi.“
Ich hob den Kopf und sah zum Energiefeld hinter dem mein Vorgesetzter stand. „Hey Pronto“, antwortete ich. Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches? Wollen Sie sich für den Besuch auf der Krankenstation neulich revanchieren?“
„Kann man so sagen“, antwortete Pronto. „Wie geht es Ihnen?“
Ich starrte zur Decke. „Kann nicht klagen“, antwortete ich knapp. „Seit in der Nachbarzelle keiner mehr die Wand mit Fäusten bearbeitet habe ich es hier schön ruhig. Die richtige Atmosphäre um ein bisschen nachzudenken.“ Ich richtete mich in eine sitzende Position auf. „Allerdings vermute ich mal, dass das nicht mehr lange anhalten wird. Der Rückfall aufgrund von Drogenmangel wird bald kommen.“
„Das wird wohl der Grund sein, dass Sie noch nicht versucht haben, hier irgendwie auszubrechen“, meinte Pronto. „Der normale Pi ist da viel einfallsreicher.“
„Die Frage ist, ob er erfolgreich ist“, gab ich zurück und stand vollständig von der Pritsche auf. „Aber genug von mir. Sie wollen doch noch irgendetwas anderes hier. Zum Philosophieren sind Sie nicht gekommen.“
„Korrekt“, bestätigte Pronto. „Ich soll Sie hier raus holen. Man ist der Meinung, dass Sie außerhalb der Zelle weniger Schaden anrichten können als in der Zelle. Ehrlich gesagt, macht das für mich keinen Unterschied ob Sie drin sind oder draußen.“
Ich verzog mein Gesicht zu einem gequälten Lächeln. „Danke für Ihr Vertrauen, Pronto“, antwortete ich mit einer Extraportion Sarkasmus.
Pronto grinste spöttisch. „Wenn Sie noch einen anderen Grund wollen: Ich brauche Sie auch.“
Ich hob eine Augenbraue. „Wie kommts?“
Er lachte. „Neben Ihnen fällt das kaum auf, aber ich bin auch nicht gerade der normalste Mensch hier“, erklärte er. „Aber neben Ihnen fällt das nicht auf. Mit anderen Worten: Ich brauche Sie, damit ich neben Ihnen normal dastehe.“
Ich sah ihn kopfschüttelnd an. „Ich stehe zu sehr unter Drogen, um jetzt zu protestieren“, kommentierte ich.
Ihm fiel noch etwas ein. „Apropos Drogen, Pi. Es gibt noch einige Auflagen auf Ihre Freiheit.“
„Ach?“, machte ich. Was waren das denn nun für Auflagen? Wollte man mir Strafdienst aufdrücken. Auf der Resolution hatte man das bereits einmal versucht. Ich hatte die öffentlichen Sanitäranlagen auf der Hauptpromenade reinigen dürfen. Das Ende vom Lied war gewesen, dass einige öffentliche Örtchen auf der Hauptpromenade hatten ersetzt werden müssen. Ich hatte damals nicht verstanden, warum. Boomex entfernte problemlos Dreck aus sanitären Anlagen. Und die Anlagen gleich mit.
Pronto zog ein Hypospray aus der Tasche. „Die Krankenstation hat mir Ihren Drogencocktail mitgegeben. Ich soll ihn Ihnen verabreichen, bevor Sie rausgelassen werden dürfen.“
Ich sah ihn skeptisch an. „Dürfen Sie überhaupt Hypos verabreichen? Ist das nicht eigentlich Angelegenheit der Mediziner?“
„Hypos verabreichen kann jeder“, antwortete Pronto. „Die Mediziner müssen nur entscheiden welches Hypo wann verabreicht wird. Zumindest hat man mir das gesagt, als ich das Hypo bekommen habe. Ich frage nicht. Und zumindest haben sie recht, dass ein Hypo kinderleicht zu verabreichen ist.“
Ich verzichtete darauf, mit ihm darüber zu diskutieren. „Also gut, dann bringen wir es hinter uns!“, forderte ich ihn auf.
Er nickte, deaktivierte das Kraftfeld und kam zu mir herein. Schnell setzte er das Hypo an und ich konnte das leise Zischen hören, als es sich entlud.
Pronto trat zurück. „Wie fühlen Sie sich?“, fragte er
„Ich möchte mit Boomex jonglieren“, erklärte ich. „Allerdings ohne angebrachte Zünder.“
Pronto sah mich skeptisch an. „Nun gut, ich will mal annehmen, dass das passt. Trotzdem sollten Sie sich morgen noch mal auf der Krankenstation melden. Momentan ist da allerdings zu viel los.
Ich seufzte „Momentan bin ich zu sehr unter Drogen, als dass ich widersprechen könnte“, erklärte ich. „Die Frage ist, ob das morgen noch so ist. Na wie auch immer. Sonst noch was, Sir?“
„Das war dann alles, Pi“, antwortete Pronto. „Gehen wir!“
Ich folgte ihm nach draußen.

-tbc-