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--- Planetenoberfläche ---
Wer dem Drachenkopf entgangen, der wird mit dem Schwanz gefangen. Anders war nicht zu erklären, wieso ich zusammen mit diesem Bolianer auf Entdeckungstour gehen sollte. Okay, es gab doch noch eine andere Erklärung: Harley fand das unheimlich witzig.
Momentan war es schwierig für mich zu entscheiden, was nerviger war: Das Gelaber von meinem Begleiter, oder die Insekten, die um mich herumschwirrten und etwa so groß wie Schäferhunde waren. Letztere konnte ich wenigstens durch unkontrollierte Schläge von mir vertreiben – wobei Harley mit ihrem Gefuchtel sicherlich effektiver gewesen wäre.
„Hier, halten Sie die“, forderte die Blauhaut mit Blaukragen mich auf und streckte mir einen halben Blumenstrauß entgegen.
Ich war geneigt zu sagen „Hey, auf so nen Schweinkram steh ich nicht!“, beließ es dann aber bei einem skeptischen „Was soll ich damit?“
„Schenken Sie sie jemandem oder halten Sie still, damit ich testen kann, ob das Ihre ‚Viecher‘ davon abhält Sie zu stechen, das ist Ihre Entscheidung.“
Dafür, dass ich hier einem Vertreter der wissenschaftlichen Abteilung gegenüber stand, war das gar keine schlechte Idee. Also schnappte ich nach der Blume und hielt still. Nach Beendigung des Experiments konnte ich sie ja immer noch Harley schenken. Es war zwar keine Rose, aber immerhin war ich ein Bachelor.
Er richtete inzwischen seinen Tricorder auf mich. Ein wichtiger Teil des Experiments war dabei anscheinend, dass der Bolianer mich weiter belaberte. „Wobei ich letzteres deutlich interessanter fände. Wissen Sie, manche Pflanzen haben eine Wirkung auf ihre Umwelt. Meine Tante kannte sich bei Kräutern sehr gut aus und machte mir immer einen Tee, durch den ich mühelos Bäume erklimmen konnte. Nur mit dem wieder nach unten kommen hatte ich so meine Probleme wegen meiner Höhenangst.“
Ich fiel dazwischen: „Haben Sie eigentlich keine Angst, durch ihr Gequatsche das Ergebnis ihres Experiments zu verfälschen?“
Er sah mich erstaunt an. „Wieso sollte mein… Gequatsche… das Ergebnis verfälschen?“
Ich zuckte die Schultern. „Die Probanden – also ich und die Insekten – könnten vorzeitig an Langeweile sterben.“
Okay, seine Reaktion deutend war ich damit dann wohl doch etwas zu weit gegangen: Er riss mir die Blume aus der Hand. „Dann werden Sie halt gestochen, mir doch egal.“
Damit sollte er recht behalten. Kaum war er wutentbrannt davon gestapft, spürte ich etwas an meinem Bein hochkrabbeln. Das Vieh musste unter das Hosenbein gekrochen sein und ehe ich es wieder an die frische Luft setzen konnte, stach es zu – nachdem es noch etwas weiter nach oben gekraxelt war. Ja, genau: So weit nach oben!
Es juckte, es brannte, es schwoll an. Okay, nichts, was ich nicht schon kannte. Außer vielleicht die Ausmaße, in der es anschwoll. Und damit wurde auch das Brennen und Jucken stärker.
Ich rannte zu der einzigen Person, die mir helfen konnte. Oder vor der ich mir helfen lassen wollte. Als ich so am-Sack-kratzend vor ihr stand, musterte sie mich, und meinte dann: „Hast du Kastanien gesammelt oder freust du dich dieses Mal noch mehr, mich zu sehen?“
„Mich hat was gestochen“, grunzte ich. „DA HIN!“ Ich vermied es, auf die Stelle zu zeigen. Sie war ohnehin mehr als offensichtlich.
„Dann empfehle ich eine lindernde Salbe…“ Und bevor ich ihr die ultimative Gelegenheit bieten wollte, das Einreiben zu übernehmen, fügte sie schon in aggressiver Stimmlage hinzu. „Nein, ich mach das nicht. Frag Mercury, wenn du es nicht selbst machen kannst.“
„Dann machs ich lieber selbst…“ Und bevor ich ihr die ultimative Gelegenheit bieten wollte, das zu kommentieren, fügte ich schon in gelangweilter Stimmlage hinzu. „Ja ja, ich weiß, damit kenn ich mich aus...“
--- kurzer Zeitsprung ---
Gegen das Jucken und Brennen hatte ich was gefunden. Gegen die Schwellung nicht. Okay, ich hatte auch nicht danach gesucht. Irgendwie gefiel es mir, noch mehr in der Hose zu haben als üblich – und damit auch noch herumzustolzieren. Schon auf der Prophecy waren mir bewundernde Blicke zu geworfen worden. Okay, glaubte ich. Die Tatsache, dass mich niemand (Weibliches) drauf ansprach, ließ ich mal gekonnt außen vor.
Nun war ich wieder auf dem Planeten, genauer gesagt an dem Fluss, der in der Nähe des Landeplatzes vorbei floss. Ich sollte ein paar Proben nehmen und den Keimgehalt bestimmen. Klar, die Wissenschaftler hatten das flüssige Nass schon auf Toxine und Ähnliches untersucht und nichts gefunden. Das war aber nicht verwunderlich, schließlich redete ich von Wissenschaftlern. Außerdem war eine medizinische Untersuchung deutlich akkurater, speziell was Bakterien, Viren und Keime anging. Das waren nun mal keine direkten Gifte, sondern überall vorkommende Gäste, die einen unter Umständen aber nun mal langsam töten konnten.
Ich tauchte den Probenbehälter ins Wasser, zog ihn wieder raus und stand auf. Dann hielt ich ihn etwas über meinen Kopf gegen das Sonnenlicht. Durch das Wasser im Behälter sah ich die Sonne, an den Rändern des Behälters hingegen brach sich das Licht in das gesamte Regenbogenspektrum. Ich kniff die Augen ein wenig zusammen. Nicht, dass ich glaubte, irgendwas mit bloßem Augen zu erkennen – um genau zu sein, hoffte ich sogar, nichts mit bloßem Auge zu erkennen, denn das wären verdammt große Bakterien gewesen – aber es gab einfach ein cooles Bild ab. Nur zu dumm, dass keiner da war, um diesen Moment auf einem Foto festzuhalten.
Okay, das war nicht ganz korrekt. Es war jemand da: „Ihnen ist wohl auch nichts zu peinlich!“
Ich zuckte erschrocken ein wenig zusammen. Dann sah ich mich nach der Stimme um und zuckte erschrocken heftig zusammen. Die Eier-Abreiss-Trill! Ich schluckte. Mir war klar, was sie meinte, zumal ihr Blick noch einmal kurz auf meine unteren Regionen fiel – oder womöglich sogar etwas zu lang haftete? Eigentlich wollte ich nichts sagen, aber irgendwie fanden die Worte den Weg selbst aus meinem Mund: „Wenigstens frag ich Sie nicht in aller Öffentlichkeit, ob Sie kopulieren wollen.“
„Touché!“ Sie kam ein paar Schritte näher, was mich unweigerlich zurück weichen ließ. Das wiederum hatte zur Folge, dass mein linker Fuß plötzlich im Wasser stand. Sie kicherte. „Kneipp-Kuren sollte man besser mit nackten Füßen machen.“
Ich zog eine Grimasse, ließ ihre Bemerkung aber sonst unkommentiert.
„Was machen Sie da?“
Okay, was war denn mit ihr los? Hatte sie was Falsches gegessen? Oder lag hier irgendwas in der Luft, was ihr nicht bekam? „Ich…“ zog den Fuß endlich aus dem Wasser und schüttelte ihn ein wenig. „Ich nehm Wasserproben, um sie auf Bakterien zu untersuchen.“
„Und Sie haben die Probenbehälter vergessen und nehmen deswegen Ihren Schuh? Interessant.“ Sie hatte sich auf etwa einen halben Meter genähert und blieb zum Glück endlich stehen.
„Nicht wirklich“, winkte ich ab. „Wieso fragen Sie überhaupt?“
Sie zog die Schultern hoch. „Es ist langweilig hier.“
Das erklärte einiges. „Dann fragen Sie doch Ihren Kopulationspartner, ob er nicht Zeit für Sie hat.“ Ich an seiner Stelle hätte sie gehabt. Oder sie mir einfach genommen.
„Mein Kopu-wie-bitte? Um Gottes Willen.“
„Dann ist er nicht…?“ Okay, wieso fragte ich das überhaupt?
Sie warf ihren Kopf zurück. „NEIN! Nicht mein Typ.“
Aus unerfindlichen Gründen war ich jetzt erleichtert. „Aber Sie beiden sind doch verschwunden. Was haben Sie denn dann gemacht?“ Konnte ich mal aufhören, solche Fragen zu stellen?
Sie legte den Kopf ein wenig schief und grinste. „Finden Sie es doch heraus.“
Ich runzelte die Stirn. „Wie soll ich das denn rausfinden?“ An irgendwelche Videoaufzeichnungen kam ich sicher nicht ran. Sie wollte nicht antworten, blieb nur noch eins: „Soll ich ihn etwa fragen?“
Aus ihrem Grinsen wurde ein diabolisches Lachen. „Er wird ganz bestimmt nichts sagen.“ Sie machte wieder einen Schritt auf mich zu, fing an leise zu sprechen. „Aber fragen Sie mich doch einfach mal.“
Mein Stirnrunzel-Falten wurden noch tiefer. „Hatte ich das nicht gerade getan?“
„Die andere Frage“, flüsterte sie nun.
„Welche?“ war ich nun vollends irritiert. „‘Willst du mit mir kopulieren?‘“
„Ja“, raunte sie, zuckte dann aber zurück und sagte etwas lauter. „Damit mein ich, die Frage sollst du stellen.“
Ja, klar. Für wie dumm hielt die mich eigentlich? Das Wort „Falle“ prangerte ja förmlich in großen Leuchtbuchstaben am Himmel. Glaubte Sie wirklich, dass ich darauf reinfiel?
„Willst du mit mir kopulieren?“ hörte ich mich sagen. Definitiv mein Großhirn, was da sprach.
[*ängstlich zum Entchen guck* da hast du
