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KYL=Log 07=Sgt. Nathan Moreno=SD: 15246.0903=SMC

Verfasst: So 18. Mai 2014, 08:02
von Ellya
Wörter: 1.417
Personen: alle auf Kylata

=/\= Kylata - in Ogacik - Tag 1 =/\=

Es war schon merkwürdig, schoss es mir während des angespannten Spaziergangs in der fremden Stadt durch den Kopf, wie seltsam Missionen anmuten konnten, wenn man das ganze Bild entweder nicht sah oder von den Vorgesetzten bewusst vorenthalten bekam. Dieser kleine Ausflug, bei dem wir auf keinen Fall mit einem Einheimischen reden durften, obwohl der Commander unsere Tarnung ja für beinahe perfekt zu halten schien und unsere im Kommunikator eingebauten Übersetzer uns kaum je im Stich gelassen hatten, war ein hervorragendes Beispiel dafür. Und dabei war die Widersprüchlichkeit von kleinen Gruppen zum Zwecke der breit gefächerten Erforschung und der andererseits angemahnten Vorsicht, nicht zu forsch zu erkunden, bei weitem nicht das seltsamste.

Viel mehr beschäftigte mich nämlich die Frage, warum die Wahl für unseren ersten Besuch in dieser Zivilisation ausgerechnet auf diesen Bienenstock gefallen war. Schließlich hatte Verreuil doch im Briefing erklärt, dass die Zone erhöhten Energieverbrauchs und der Ursprung allen technischen Fortschritts ein beinahe 50 Kilometer großer Kreis war, an dessen Rand einige Siedlungen entstanden waren - nur eine davon war Ogacik, wie dieser Flickenteppich von Technologien verschiedenster Zeitalter anscheinend hieß. Warum schlichen wir uns also ausgerechnet hier herum, wenn die Antwort auf unsere drängendste Frage nur wenige Minuten Fahrt entfernt lag? Selbst die wissenschaftliche Neugierde konnte nicht erklären, warum wir zuerst das Volk in einer verdeckten Operation auskundschafteten, um erst anschließend zu dem Projekt vorzudringen, das uns eigentlich hierher geführt hatte.

Gute Gründe für die Entscheidung, sah ich mit den vorhandenen Informationen nicht. Weder spezielle Sicherungsmaßnahmen um das Zielgebiet noch erhöhte Wachsamkeit der Bewohner hatten wir festgestellt und von speziellen Gründen, etwas anderes als die große Zone mitten zwischen den Siedlungen als verantwortlich für die rasanten Veränderungen anzusehen, war nie die Rede gewesen. Und selbst wenn es solche Hindernisse gab, wäre es doch immer noch die bessere taktische Herangehensweise gewesen, eben jene Hürden genauer in Augenschein zu nehmen, um Lösungsansätze zu finden. Stattdessen begaben wir uns hier dank dem Commander auf eine anthropologische Mission, deren Wert höchst fragwürdig war.

Mit Sicherheit gab es aber wie so oft Faktoren, die einfachen Soldaten wie uns schlicht und ergreifend nicht mitgeteilt wurden. Über die Art dieser Einflüsse konnte ich natürlich nur spekulieren, aber gewundert hätte mich beim Geheimdienst nichts. Vielleicht bereitete Verreuil ja im Auftrag der Föderation einen Umsturz vor, um unabhängig vom Ausgang dieser Mission eine genehme Regierung über das plötzlich hochentwickelte Volk zu hinterlassen. Zuzutrauen war das den Männern in schwarz ja allemal, insbesondere wenn sie dazu Personal und Material der Flotte und des Marine Corps missbrauchen konnten. Andererseits war es aber genauso wahrscheinlich, weil häufig genug vorgekommen, dass einem weiteren Offizier die Akademie zu Kopfe gestiegen war und er schlicht Fehlentscheidungen auf Kosten seiner Untergebenen traf. So oder so kannte ich meine Aufgabe: Die Truppe vor den Konsequenzen bewahren.

“Sergeant?“ Es war überraschenderweise nicht Ensign Baumgartner, die durch diese Anrede meine Gedanken unterbrach, sondern der Kollege aus der Sicherheitsabteilung. Ohne Zweifel hatte er etwas entdeckt und wollte es mir mitteilen, doch war auch mir in just diesem Moment etwas ins Auge gefallen. Ohne die Augen also von der Ecke zu nehmen, hinter der gerade ein Wesen verschwunden war, dass ich irgendwie instinktiv als auffällig und fehl am Platze empfunden hatte, ohne es näher in Augenschein nehmen zu können, murmelte ich also: “Sprechen Sie, Crewman!“ Das ließ sich der Angesprochene nicht zweimal sagen und so floss gleich ein ganzer Schwall an Beobachtungen über seine Lippen. Es war immer wieder faszinierend, wie schwer sich insbesondere Neulinge mit dem Konzept der faktenkomprimierten Kommunikation taten. Oder war es etwas anderem als Unerfahrenheit zuzuschreiben, dass der Crewman fünf volle Sätze für eine Beschreibung benötigte, die in drei Worten zu machen war: Kazon, zwei Uhr.

Zum Glück hatten uns die beiden Angehörigen dieser Spezies, die wohl von Arbeitern oder Gehilfen umgeben waren, noch nicht bemerkt, was natürlich der hervorragenden Arbeit der Kollegen an Bord zu verdanken war. Dennoch wollte ich mich nicht auf unsere rein optische Tarnung verlassen, da ich von den Kazon doch immerhin so viel wusste, dass sie in der Lage waren, Tricorder zu bedienen. Und wenn es ihnen einfiel, diese aus irgendeinem unerfindlichen Grund gerade jetzt zu benutzen, dann hätten darauf zwei menschliche Lebenszeichen aufgeleuchtet und eins von der Sorte, das Baumgartner aussandte. War sie eigentlich Bajoranerin, deren Nase irgendwie deformiert worden war? So oder so konnte ich es darauf natürlich nicht ankommen lassen, weshalb ich dem Sicherheitsmann andeutete, schnell die nächste Ecke zu gewinnen, was den Ensign im Grunde dazu zwang, mit uns zu kommen oder offen und alleine vor den Kazon zu stehen.

Dort angekommen, bedeutete ich den beiden Kollegen dann, in Deckung zu bleiben und fragte Baumgartner: “Ihre Entscheidung, Sir. Wie gehen wir weiter vor?“ Wie so oft, wenn ich diese Frage einem Offizier stellte, lagen die Optionen im Grunde klar auf dem Tisch. Auf gut Glück weiterzumachen und darauf zu hoffen, dieser hier fremden Spezies nicht wieder über den Weg zu laufen, war unrealistisch und daher ungangbar. Dennoch blieb theoretisch die Möglichkeit, den Befehl des Commanders ein wenig zu dehnen und das nun erhöhte Risiko einer Entdeckung in Kauf zu nehmen, um auch den letzten Rest der Erkundung noch zu erledigen. Die Technikerin entschied sich aber für die sicherere Variante, wofür sie sogar eine Begründung mitlieferte: “Ich habe genug Daten gesammelt. Kehren wir so vorsichtig es geht zu den Argos zurück!“

“Aye, Sir.“, lautete meine knappe Bestätigung und mit nur einer kleinen Handgeste hatte ich den Kollegen in gelber Uniform neu eingeteilt, so dass wir jetzt den Rückweg mit nochmals erhöhter Wachsamkeit antraten. Insbesondere offene Durchgänge, dunkle Gassen und Säulengänge mieden wir jetzt ob der Gefahr, plötzlich mit dem Feind Auge in Auge zu stehen. Stattdessen hielten wir uns an große Plätze und Menschenmengen, in denen zwar theoretisch die Gefahr der Entdeckung durch Einheimische stieg, wir aber viel eher der Aufmerksamkeit durch die technologisch viel höher entwickelten Gäste entgingen. So war es dann auch nur eine Frage der Zeit und Geduld bis wir schließlich zum Sammelpunkt zurückkehrten, wo der Mann vom Geheimdienst bereits wartete.

=/\= Kylata - Versteck der Argos - Tag 1 =/\=

Aus einigen Metern Entfernung hatte es so ausgesehen, als sei Verreuil in eine rege Diskussion mit der Technikerin O’Hara verstrickt gewesen, doch als wir näher kamen, brach diese sofort ab und der Commander wand sich an Baumgartner: “Können Sie ebenfalls die Sichtung von Kazon bestätigen?“ Offenbar hatte es noch mehr Zwischenfälle ähnlicher Art gegeben, was mich nicht weiter wunderte. Denn auch wenn ich das Seminar über Spezies des Deltaquadranten irgendwie halb verschlafen hatte, weil der Vortragende eine Schlafmütze sondergleichen war, empfand ich es als nur logisch, mit mehr als einem Trupp eine wie auch immer geartete Mission auf einem fremden Planeten anzugehen. Immerhin hatten wir ja dieselbe Vorgehensweise gewählt und standen nur deshalb nicht im Patt mit den Kazon, weil wir den Verstand gehabt hatten, uns zu tarnen. Und alleine dieser Fakt sagte schon etwas über die Mission des Gegners aus: Sie musste nicht geheim gehalten werden, zumindest nicht vor den regionalen Kräften.

Natürlich entspann sich auch über die Sichtung unseres Teams erneut eine ausführliche Diskussion über die Implikationen dieser Sichtung, die naturgemäß sehr unterschiedlich betrachtet wurden. Da wir aber kaum Fakten kannten, führte das ganze Gerede im Endeffekt zu nichts, auch wenn der Commander das wohl ein wenig anders sah. Wenn man ihm zuhörte, konnte man schnell den Eindruck gewinnen, dass er grundsätzlich der Mann mit dem Plan war und dass eine Kleinigkeit wie ein Trupp Kazon ihn nicht davon abbringen konnte, zu tun wofür auch immer er uns hierher geschleppt hatte. Ich war nicht einmal sicher, ob er überhaupt besonders überrascht über deren Auftreten war oder nur den Schein wahren musste, damit es hinterher nicht heißen würde, man habe uns von Anfang an mit Absicht in einen Feldzug gegen diese räuberische Rasse geführt.

Am Ende des Tages konnte aber auch er nicht viel mehr tun als auch auf die letzte Gruppe noch zu warten, um nach dem Bericht von Lieutenant Jasa, der sich in allen wesentlichen Elementen mit den Erfahrungen der anderen Teams deckte, den Rückweg ins Camp zu befehlen. Dort würden die Damen und Herren aus Technik und Wissenschaft sicherlich großen Kriegsrat halten, während die Kollegen der Sicherheit und wir Marines eine Nachtwache einzuteilen hatten. Ich war schon gespannt, welche Veränderungen am Plan das Auftreten der Kazon bringen würden und ob wir nun endlich erfuhren, warum wir wirklich hier waren. Denn die Untersuchung der plötzlichen Veränderungen waren es mit einiger Sicherheit nicht - der Zufall, dass wir ausgerechnet während einer Aufklärungsmission, die am eigentlichen Ziel vorbei ging, auf eine aggressive und expandierende Rasse stießen, war einfach zu groß.