KYL – Log 04 – Ens. Andrej Wolkov – SCI - SD: 15279.0020
Verfasst: Do 19. Jun 2014, 23:25
KYL – Log 04 – Ens. Andrej Wolkov – SCI - SD: 15279.0020
Personen: Faedre, Altair
Anzahl Worte: 1782
Personen: Faedré Delavere, Altair
Wir liefen einfach unseren Nasen nach. Ich hielt meine neu kreierte Waffe vor mir, mit dem holografischen Ziel immer ca. 20 Meter vor mir. Der Abstand war zu kurz, aber wenigstens bräuchte ich dann nicht mehr ewig, um dann wirklich zu zielen, falls es nötig war. Es war auch ziemlich schnell nötig, als in dem verworrenen Gang, den wir entlangliefen, sich uns 2 Kazon in den Weg stellten. Ich tippte auf den Button der Waffe, der das Zielhologramm steuerte. Ich drückte ab. Hoffentlich habe ich den Weg, den die beiden Kazon in 2 Sekunden zurücklegen, korrekt berechnet. 1 Sekunde verging, die 2. Sekunde verging, ein dumpfer Knall erfüllte den Raum und riss 30 Meter vor uns alles weg. Zurück blieb eine Mulde, zersprengte Seitenwände usw.
Als wir an den zerstörten Seidenwänden ankamen, blickten wir hindurch und sahen, dass es nach draußen ging, allerdings auch gute 3 Meter nach unten. Ich setzte mich auf den Boden und ließ mich dann vorsichtig nach unten gleiten und sprang das letzte Stück. Ich war nunmal kein Soldat und auch nicht besonders geschickt in diesen Dingen. Allerdings funktionierte alles prächtig.
Wir gingen weiter. Da sich an dieser Stelle normal kein Ausgang befand, gab es hier dementsprechend auch keine Menschenseele, die uns aufhalten konnte. Wir liefen geduckt weiter. Wir wussten allerdings nicht, wohin wir liefen bzw. wohin wir laufen sollten. Altair meinte, wir sollten nach Westen laufen und drehte sich nach links. Ich blieb stehen und schaute ihm hinterher und räusperte mich. „Crewman…“ Er blieb stehen und drehte sich um. „HIER ist Westen.“ Ich deutete nach rechts. „Warum…?“ – „Ganz einfach, weil die Sonne auf diesem Planeten im Westen aufgeht und im Osten untergeht.“ Altair blickte in den Himmel… „Achso…“ – Ich lief nun nach Rechts weiter und Altair folgte mir.
Wir liefen schließlich einen ziemlich ungeschützten Weg entlang und es wirkte, als würden wir in Richtung Zivilisation laufen. Ob das nun gut oder nicht gut war, konnte ich nicht sagen. Aber wir hatten ja noch ca. 18 Schuss unserer Quantensingularitätswaffe. Ich merkte, dass ich an meiner Kondition arbeiten musste. Wir liefen recht rasch weiter. Wir hörten Gefechte in größerer Entfernung. Sollten wir in Richtung dieser Gefechte laufen oder woanders hin. Ich wusste eigentlich überhaupt nicht, was ich denken sollte.
Gerade als wir nach links abbiegen wollten, um den Gefechtsgeräuschen zu entgehen, hörten wir hinter uns Stimmen. „Halt“, war das Einzige was ich zwischen dem Pochen meines Herzschlags in meinem Ohr hörte. Ich wirbelte herum und setzte die Waffe an, um dann nur eine Sekunde später zu realisieren, dass es keinen Sinn mache, diese in dieser kurzen Entfernung abzuschießen. Die Person mir gegenüber war definitiv kein Kazon, es war ein Kyla, nein, es waren zwei. Die beiden musterten uns bis schließlich einer der beiden lächelte. „Ihr seht so aus, als gehört ihr zu dem Team des Schiffs, das auf unserem Planeten gelandet ist… keine Sorge, wir gehören zum Untergrund…“ Ich atmete aus und meine Verkrampfung löste sich. „Das freut mich zu hören“; sagte ich. Wissen Sie, wo sich der Rest unserer Mannschaft befindet?“
„Ja, es wurde ein Flüchtlingslager aufgebaut und da befinden sich die meisten ihrer Besatzung“. Das war Balsam für meine Seele. Es war überstanden, so dachte ich. Ich steckte meine Waffe weg und hoffte, dass uns niemand darauf ansprach. Wir wurden zu einem Fahrzeug gebracht und nach nicht all zu langer Zeit kamen wir beim Basislager an.
Eine medizinische Unteroffizierin unserer Crew, der ich schon 2, 3 mal begegnet war, deren Namen mir allerdings leider wieder entfallen war, kam auf uns zu. Sie sprach uns mit unseren Rängen an. „Wie können wir Ihnen helfen, Miss?“, sagte ich betont freundlich, nicht darauf achtend, dass ich ranghöher war, als die durchaus attraktive Medizinerin. Nur fiel mir leider ihr Nachname nicht ein. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich ihn überhaupt schon mal gehört hatte.
Sie bat uns darum, dass wir uns um die Kylas im Lager kümmern sollten. Wobei, es klang eigentlich fast wie ein Befehl. Ich betrachtete die Medizinern und dachte so bei mir, dass sie eine eifrige Unteroffizierin wäre. Da ich nun auch nicht meinen Rang raushängen lassen wollte, der ja nun auch nicht gerade zu den höchsten Offiziersrängen gehörte, und weil ich sie irgendwie sehr sympathisch fand, übersah ich ihre Sprechweise einfach. „Ich helfe natürlich gerne Miss…“ dabei betonte ich das Wort „Miss“ so, dass sie wissen musste, dass ich ihren Nachnamen nicht wusste. Aber ich wollte ihn wissen. Ich wollte sie kennenlernen. Aber das wusste sie natürlich nicht. „Delavere“, antwortete sie mir lächelnd, „aber sagen Sie ruhig Faedré“. Ich notierte mir ihren Namen in meinem Kopf, während Sie Altair eine kleine Standpauke hielt.
Ich wollte mich schon an die neue Arbeit machen, als diese hübsche Medizinerin sich nochmal an mich wand und sich über meinen Gesundheitszustand erkundigte. Ich solle auch viel trinken – Wasser wohlgemerkt. Was dachte sie von mir? Ich hab seit 3 Jahren keinen Wodka mehr getrunken… naja fast. Meistens. Ich grinste innerlich und lächelte Miss Delavere an. Irgendwie wurde mir in dem Moment warm. Ich räusperte mich und drehte mich schließlich doch um, achtete nicht mehr auf Altair und ging in Richtung einer Gruppe von Kylas.
„Darf ich mich zu Ihnen gesellen“, fragte ich einfach in die Runde. „Natürlich, meinte einer der Kylas, der ein wenig rückte und mir damit Platz zum Hinsetzen machte. Die beiden anderen standen auf. „Wir werden uns jetzt ein wenig aufs Ohr legen…“, beide blickten mich freundlich an und gingen dann. Nun saß ich alleine mit dem Kyla, der an einer Tasse nippte. „Was trinken Sie da?“, fragte ich ihn. „Langwan-Tee, das meistgetrunkene und am einfachsten herzustellende Gebräu hier in der Umgebung“, sagte er, ohne von der Tasse aufzublicken.
„Wie ist Ihr Name“, wollte ich die Konversation fortführen. Dabei blickte ich kurz in die andere Ecke des Lagers, als sich Faedrés und mein Blick trafen. Sofort wurde mir wieder warm. Ich lächelte sie kurz an und sah, dass sie es erwiderte. Dann blickte ich sofort zurück zu „meinem“ Kyla. Er nippte wieder am Tee. „Degan nennt man mich“, sagte er leise.
Und dann fing er an zu erzählen: „Die Kazon kamen hierher, fingen an, uns Arbeit in verschiedenen Bereichen zu geben. Bereiche, die uns teilweise sehr seltsam vorkamen. Wir fühlen uns überfordert. Wir hatten unseren Tagesablauf, viele Kylas sind ihrem Glauben verpflichtet und die Kazon hielten sie davon ab, ihren Traditionen die dafür nötige und wichtige Zeit einzuräumen. Viele Kylas fühlten sich daher allein und überfordert.“ Er blickte mich an und ich nickte, als Zeichen, dass ich verstand. Wieder blickte ich kurz zu Faedré und wieder dieses Lächeln… Ich wurde nervös, ließ mich aber nicht von meiner Arbeit abbringen und hörte Degan weiter zu. „Seit vielen Jahrhunderten ist der Glaube an die Hundertbrüstige das Um und Auf in unserer Gesellschaft…“ Ich verstand. Die Anzahl der Brüste war bei den Kylas ja auch ein Zeichen des gesellschaftlichen Standes einer Frau. Ich konnte mir in diesem Moment aber nicht vorstellen, bei meiner Freundin, wenn ich denn eine hätte, drei Brüste zu liebkosen.
„Es gab vor dieser Zeit viele verschiedene Naturreligionen auf Kyla. Auch heute noch gibt es Anhänger der Naturreligionen und das Schöne ist, dass es keinerlei Disput oder Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Weltanschauungen gibt.“ – Ich blickte Degan an. „Das ist eine gute Sache. Da, wo ich herkomme, gab es im Laufe der Jahrhunderte richtige Kriege wegen dem Glauben…“ Degan blickte mich fassungslos an. Ich nickte. „Ja, man nannte es in der nicht-technischen Ära unseres Planeten „Kreuzzug“, das Kreuz war das Symbol des damals am Weitesten verbreiteten Religion. Und diese Religion wollte sich noch weiter verbreiten. Wer sich ihr nicht freiwillig anschloss, dem wurde mit einem kriegerischen Kreuzzug zu Felde gezogen.“ Degan blickte mich weiter mit offenem Mund an. „Später dann gab es sogar in der schon technischen Zeit, in der Zeit, in der Raumfahrt bereits Thema war, sogar terroristische Anschläge im Namen bestimmter Gottheiten. Ja, wir Menschen waren damals ein furchtbares Volk.“
Degan sagte nichts und stand auf. Kurz darauf kam er mit einer Tasse Tee zurück. „Hier, für Sie.“ Ich bedankte mich und nippte an dem Tee, der mir sehr fruchtig und bekömmlich vorkam. Dann begann Degan zu erzählen: „In unserer Geschichte gibt es auch dunkle Kapitel. Es gab eine Zeit, in der ein Teil unserer Spezies versuchte, den anderen Teil vom Planeten zu vertilgen.“ Diesmal war ich es, der ungläubig blickte. Selbst mein Blick zu Faedré war nicht mehr mit einem Lächeln untermalt, was die junge Medizinerin sicher versunsicherte. Ich blickte wieder zu Degan. „Das Problem war, dass sich die Familien der Frauen mit weniger Brüsten immer weiter von den Familien der in höherem Stand befindlichen Frauen verdrängen ließen. Irgendwann kam eine Gruppe Kylas an die Macht, die sogar Familien von niedriger Klasse vertreiben oder hinrichten wollten. So etwas kann niemals im Sinne der Hundertbrüstigen gewesen sein“, jammerte Degan. Ich blickte in verständnisvoll an. „Es kamen zu dieser Zeit sicher zigtausende ums Leben.“, er atmete kurz durch. „Aber letztendlich kam eine Wende, durch einen Helden, sein Name war Lobun, der mit seiner Frau, die auch den niederen Klassen angehörte. Es war für ihn und seine Anhänger ein langer Kampf. Doch es war kein Kampf mit Messern und Schwertern, sondern ein Kampf der Worte. Und unserer Hundertbrüstigen Mutter sei Dank, dass die Worte auf fruchtbaren Boden fielen.“
Ich nippte am wohlschmeckenden Tee und blickte immer zwischen Degan und Faedré hin und her. Ich konnte einfach meinen Blick nicht von ihr lassen. Mit meiner Konzentration war ich aber voll bei Degan. „Wir haben das Problem zwar niemals ganz überwunden, auch heute ist der Rest dieses Standes-Systems noch zu spüren, aber es würde niemals jemand den anderen angreifen dafür.“ – „Ja, das ist ein sehr, sehr langer Prozess. Auf unserem Planeten waren Menschen mit anderer Gesichtsfarbe auch sehr lange Menschen 2. Klasse, sogar Sklaverei gab es aufgrund dieser Farbunterschiede.“ … Es entstand ein langes Schweigen. „Ich sehe, dass wir eine ähnliche Vergangenheit haben“, meinte Degan schließlich. Und wir können voneinander lernen, wie es funktionieren kann und darüber hinaus, wie es nie mehr sein darf.“ Ich lächelte Degan an. Das steckte ihn an, denn nun sah ich den schon etwas älteren Kyla zum ersten Mal lachen.
Ich stand auf, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und bedankte mich für das Gespräch. Langsam ging ich in Richtung von Miss Delavere. „Auftrag erledigt, M’am“, grinste ich sie an. Sie wurde rot. „Ich… ich habe vorhin aber nicht zu sehr…“ … „nein, nein“, unterbrach ich sie. „Es ist alles in bester Ordnung. Ich sag es schon, wenn mich was stört, außerdem bin ich ja nicht Dein… äh Ihr direkter Vorgesetzter.“ Ich setze mich auf eins der leeren Lazarettbetten und blickte sie an…
Personen: Faedre, Altair
Anzahl Worte: 1782
Personen: Faedré Delavere, Altair
Wir liefen einfach unseren Nasen nach. Ich hielt meine neu kreierte Waffe vor mir, mit dem holografischen Ziel immer ca. 20 Meter vor mir. Der Abstand war zu kurz, aber wenigstens bräuchte ich dann nicht mehr ewig, um dann wirklich zu zielen, falls es nötig war. Es war auch ziemlich schnell nötig, als in dem verworrenen Gang, den wir entlangliefen, sich uns 2 Kazon in den Weg stellten. Ich tippte auf den Button der Waffe, der das Zielhologramm steuerte. Ich drückte ab. Hoffentlich habe ich den Weg, den die beiden Kazon in 2 Sekunden zurücklegen, korrekt berechnet. 1 Sekunde verging, die 2. Sekunde verging, ein dumpfer Knall erfüllte den Raum und riss 30 Meter vor uns alles weg. Zurück blieb eine Mulde, zersprengte Seitenwände usw.
Als wir an den zerstörten Seidenwänden ankamen, blickten wir hindurch und sahen, dass es nach draußen ging, allerdings auch gute 3 Meter nach unten. Ich setzte mich auf den Boden und ließ mich dann vorsichtig nach unten gleiten und sprang das letzte Stück. Ich war nunmal kein Soldat und auch nicht besonders geschickt in diesen Dingen. Allerdings funktionierte alles prächtig.
Wir gingen weiter. Da sich an dieser Stelle normal kein Ausgang befand, gab es hier dementsprechend auch keine Menschenseele, die uns aufhalten konnte. Wir liefen geduckt weiter. Wir wussten allerdings nicht, wohin wir liefen bzw. wohin wir laufen sollten. Altair meinte, wir sollten nach Westen laufen und drehte sich nach links. Ich blieb stehen und schaute ihm hinterher und räusperte mich. „Crewman…“ Er blieb stehen und drehte sich um. „HIER ist Westen.“ Ich deutete nach rechts. „Warum…?“ – „Ganz einfach, weil die Sonne auf diesem Planeten im Westen aufgeht und im Osten untergeht.“ Altair blickte in den Himmel… „Achso…“ – Ich lief nun nach Rechts weiter und Altair folgte mir.
Wir liefen schließlich einen ziemlich ungeschützten Weg entlang und es wirkte, als würden wir in Richtung Zivilisation laufen. Ob das nun gut oder nicht gut war, konnte ich nicht sagen. Aber wir hatten ja noch ca. 18 Schuss unserer Quantensingularitätswaffe. Ich merkte, dass ich an meiner Kondition arbeiten musste. Wir liefen recht rasch weiter. Wir hörten Gefechte in größerer Entfernung. Sollten wir in Richtung dieser Gefechte laufen oder woanders hin. Ich wusste eigentlich überhaupt nicht, was ich denken sollte.
Gerade als wir nach links abbiegen wollten, um den Gefechtsgeräuschen zu entgehen, hörten wir hinter uns Stimmen. „Halt“, war das Einzige was ich zwischen dem Pochen meines Herzschlags in meinem Ohr hörte. Ich wirbelte herum und setzte die Waffe an, um dann nur eine Sekunde später zu realisieren, dass es keinen Sinn mache, diese in dieser kurzen Entfernung abzuschießen. Die Person mir gegenüber war definitiv kein Kazon, es war ein Kyla, nein, es waren zwei. Die beiden musterten uns bis schließlich einer der beiden lächelte. „Ihr seht so aus, als gehört ihr zu dem Team des Schiffs, das auf unserem Planeten gelandet ist… keine Sorge, wir gehören zum Untergrund…“ Ich atmete aus und meine Verkrampfung löste sich. „Das freut mich zu hören“; sagte ich. Wissen Sie, wo sich der Rest unserer Mannschaft befindet?“
„Ja, es wurde ein Flüchtlingslager aufgebaut und da befinden sich die meisten ihrer Besatzung“. Das war Balsam für meine Seele. Es war überstanden, so dachte ich. Ich steckte meine Waffe weg und hoffte, dass uns niemand darauf ansprach. Wir wurden zu einem Fahrzeug gebracht und nach nicht all zu langer Zeit kamen wir beim Basislager an.
Eine medizinische Unteroffizierin unserer Crew, der ich schon 2, 3 mal begegnet war, deren Namen mir allerdings leider wieder entfallen war, kam auf uns zu. Sie sprach uns mit unseren Rängen an. „Wie können wir Ihnen helfen, Miss?“, sagte ich betont freundlich, nicht darauf achtend, dass ich ranghöher war, als die durchaus attraktive Medizinerin. Nur fiel mir leider ihr Nachname nicht ein. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich ihn überhaupt schon mal gehört hatte.
Sie bat uns darum, dass wir uns um die Kylas im Lager kümmern sollten. Wobei, es klang eigentlich fast wie ein Befehl. Ich betrachtete die Medizinern und dachte so bei mir, dass sie eine eifrige Unteroffizierin wäre. Da ich nun auch nicht meinen Rang raushängen lassen wollte, der ja nun auch nicht gerade zu den höchsten Offiziersrängen gehörte, und weil ich sie irgendwie sehr sympathisch fand, übersah ich ihre Sprechweise einfach. „Ich helfe natürlich gerne Miss…“ dabei betonte ich das Wort „Miss“ so, dass sie wissen musste, dass ich ihren Nachnamen nicht wusste. Aber ich wollte ihn wissen. Ich wollte sie kennenlernen. Aber das wusste sie natürlich nicht. „Delavere“, antwortete sie mir lächelnd, „aber sagen Sie ruhig Faedré“. Ich notierte mir ihren Namen in meinem Kopf, während Sie Altair eine kleine Standpauke hielt.
Ich wollte mich schon an die neue Arbeit machen, als diese hübsche Medizinerin sich nochmal an mich wand und sich über meinen Gesundheitszustand erkundigte. Ich solle auch viel trinken – Wasser wohlgemerkt. Was dachte sie von mir? Ich hab seit 3 Jahren keinen Wodka mehr getrunken… naja fast. Meistens. Ich grinste innerlich und lächelte Miss Delavere an. Irgendwie wurde mir in dem Moment warm. Ich räusperte mich und drehte mich schließlich doch um, achtete nicht mehr auf Altair und ging in Richtung einer Gruppe von Kylas.
„Darf ich mich zu Ihnen gesellen“, fragte ich einfach in die Runde. „Natürlich, meinte einer der Kylas, der ein wenig rückte und mir damit Platz zum Hinsetzen machte. Die beiden anderen standen auf. „Wir werden uns jetzt ein wenig aufs Ohr legen…“, beide blickten mich freundlich an und gingen dann. Nun saß ich alleine mit dem Kyla, der an einer Tasse nippte. „Was trinken Sie da?“, fragte ich ihn. „Langwan-Tee, das meistgetrunkene und am einfachsten herzustellende Gebräu hier in der Umgebung“, sagte er, ohne von der Tasse aufzublicken.
„Wie ist Ihr Name“, wollte ich die Konversation fortführen. Dabei blickte ich kurz in die andere Ecke des Lagers, als sich Faedrés und mein Blick trafen. Sofort wurde mir wieder warm. Ich lächelte sie kurz an und sah, dass sie es erwiderte. Dann blickte ich sofort zurück zu „meinem“ Kyla. Er nippte wieder am Tee. „Degan nennt man mich“, sagte er leise.
Und dann fing er an zu erzählen: „Die Kazon kamen hierher, fingen an, uns Arbeit in verschiedenen Bereichen zu geben. Bereiche, die uns teilweise sehr seltsam vorkamen. Wir fühlen uns überfordert. Wir hatten unseren Tagesablauf, viele Kylas sind ihrem Glauben verpflichtet und die Kazon hielten sie davon ab, ihren Traditionen die dafür nötige und wichtige Zeit einzuräumen. Viele Kylas fühlten sich daher allein und überfordert.“ Er blickte mich an und ich nickte, als Zeichen, dass ich verstand. Wieder blickte ich kurz zu Faedré und wieder dieses Lächeln… Ich wurde nervös, ließ mich aber nicht von meiner Arbeit abbringen und hörte Degan weiter zu. „Seit vielen Jahrhunderten ist der Glaube an die Hundertbrüstige das Um und Auf in unserer Gesellschaft…“ Ich verstand. Die Anzahl der Brüste war bei den Kylas ja auch ein Zeichen des gesellschaftlichen Standes einer Frau. Ich konnte mir in diesem Moment aber nicht vorstellen, bei meiner Freundin, wenn ich denn eine hätte, drei Brüste zu liebkosen.
„Es gab vor dieser Zeit viele verschiedene Naturreligionen auf Kyla. Auch heute noch gibt es Anhänger der Naturreligionen und das Schöne ist, dass es keinerlei Disput oder Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Weltanschauungen gibt.“ – Ich blickte Degan an. „Das ist eine gute Sache. Da, wo ich herkomme, gab es im Laufe der Jahrhunderte richtige Kriege wegen dem Glauben…“ Degan blickte mich fassungslos an. Ich nickte. „Ja, man nannte es in der nicht-technischen Ära unseres Planeten „Kreuzzug“, das Kreuz war das Symbol des damals am Weitesten verbreiteten Religion. Und diese Religion wollte sich noch weiter verbreiten. Wer sich ihr nicht freiwillig anschloss, dem wurde mit einem kriegerischen Kreuzzug zu Felde gezogen.“ Degan blickte mich weiter mit offenem Mund an. „Später dann gab es sogar in der schon technischen Zeit, in der Zeit, in der Raumfahrt bereits Thema war, sogar terroristische Anschläge im Namen bestimmter Gottheiten. Ja, wir Menschen waren damals ein furchtbares Volk.“
Degan sagte nichts und stand auf. Kurz darauf kam er mit einer Tasse Tee zurück. „Hier, für Sie.“ Ich bedankte mich und nippte an dem Tee, der mir sehr fruchtig und bekömmlich vorkam. Dann begann Degan zu erzählen: „In unserer Geschichte gibt es auch dunkle Kapitel. Es gab eine Zeit, in der ein Teil unserer Spezies versuchte, den anderen Teil vom Planeten zu vertilgen.“ Diesmal war ich es, der ungläubig blickte. Selbst mein Blick zu Faedré war nicht mehr mit einem Lächeln untermalt, was die junge Medizinerin sicher versunsicherte. Ich blickte wieder zu Degan. „Das Problem war, dass sich die Familien der Frauen mit weniger Brüsten immer weiter von den Familien der in höherem Stand befindlichen Frauen verdrängen ließen. Irgendwann kam eine Gruppe Kylas an die Macht, die sogar Familien von niedriger Klasse vertreiben oder hinrichten wollten. So etwas kann niemals im Sinne der Hundertbrüstigen gewesen sein“, jammerte Degan. Ich blickte in verständnisvoll an. „Es kamen zu dieser Zeit sicher zigtausende ums Leben.“, er atmete kurz durch. „Aber letztendlich kam eine Wende, durch einen Helden, sein Name war Lobun, der mit seiner Frau, die auch den niederen Klassen angehörte. Es war für ihn und seine Anhänger ein langer Kampf. Doch es war kein Kampf mit Messern und Schwertern, sondern ein Kampf der Worte. Und unserer Hundertbrüstigen Mutter sei Dank, dass die Worte auf fruchtbaren Boden fielen.“
Ich nippte am wohlschmeckenden Tee und blickte immer zwischen Degan und Faedré hin und her. Ich konnte einfach meinen Blick nicht von ihr lassen. Mit meiner Konzentration war ich aber voll bei Degan. „Wir haben das Problem zwar niemals ganz überwunden, auch heute ist der Rest dieses Standes-Systems noch zu spüren, aber es würde niemals jemand den anderen angreifen dafür.“ – „Ja, das ist ein sehr, sehr langer Prozess. Auf unserem Planeten waren Menschen mit anderer Gesichtsfarbe auch sehr lange Menschen 2. Klasse, sogar Sklaverei gab es aufgrund dieser Farbunterschiede.“ … Es entstand ein langes Schweigen. „Ich sehe, dass wir eine ähnliche Vergangenheit haben“, meinte Degan schließlich. Und wir können voneinander lernen, wie es funktionieren kann und darüber hinaus, wie es nie mehr sein darf.“ Ich lächelte Degan an. Das steckte ihn an, denn nun sah ich den schon etwas älteren Kyla zum ersten Mal lachen.
Ich stand auf, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und bedankte mich für das Gespräch. Langsam ging ich in Richtung von Miss Delavere. „Auftrag erledigt, M’am“, grinste ich sie an. Sie wurde rot. „Ich… ich habe vorhin aber nicht zu sehr…“ … „nein, nein“, unterbrach ich sie. „Es ist alles in bester Ordnung. Ich sag es schon, wenn mich was stört, außerdem bin ich ja nicht Dein… äh Ihr direkter Vorgesetzter.“ Ich setze mich auf eins der leeren Lazarettbetten und blickte sie an…