NH=ULog 04=Agent Jenny Lee=SD: 15295.1103=SCIS

Begleitschiff: USS Prophecy NCC - 202012 - Intrepid - Refit Class
Inter.SL: FCpt.Kami - stellv. SL: VAdm. Michaela Quinn

Moderatoren: Chakoty, Oberkommando

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Ellya
Beiträge: 361
Registriert: Di 19. Apr 2011, 13:06

So 6. Jul 2014, 10:02

Wörter: 1.198
Personen: Kristoffson, ein Techniker

=/\= New Hope - Deck 102 - Promenadendeck =/\=

Es hatte eine ganze Weile gedauert, meine Zeugin endlich ausfindig zu machen. In ihrer Freizeit war sie nämlich nicht verpflichtet ihren Kommunikator zu tragen, weswegen der Computer sie in diesen Stunden des Tages nicht orten konnte. Und da sie seit der Rückkehr von Kylata beurlaubt war, was offiziell eine Entschädigung für die erlittenen Strapazen war, inoffiziell aber wohl eher bedeutete, dass auch die internen Ermittlungen der Vorgesetzten sich bereits gegen sie richteten, definierte sich ihre Zeit momentan beinahe ausschließlich als Freizeit. Dennoch gab es natürlich Möglichkeiten, jemanden auch auf einer so riesigen Base aufzuspüren, wenn man sich ein wenig in klassischen Polizeitechniken auskannte. Das harmlose Gespräch mit den Nachbarn ihres Quartieres zum Beispiel hatte mir einen guten Einblick in ihre Lebensgewohnheiten gegeben und so stand ich jetzt vor ihrem Lieblingsrestaurant, das sie laut dem dortigen Maître für gewöhnlich um diese Zeit besuchte.

Und tatsächlich musste ich nicht lange warten. Nur wenige Minuten nachdem ich meinen Posten bezogen hatte, kam die ehemalige Chefmedizinerin aus dem nächsten Turbolift und machte sich auf den Weg in das Etablissement, vor dem ich stand. Sie schien dabei alleine zu sein, was mir natürlich sehr gelegen kam, und so trat ich direkt offen auf sie zu. “Ensign?“ Offenbar ein wenig überrascht von der unerwarteten Unterbrechung ihres Tagesablaufes, aber durchaus freundlich, reagierte die Ärztin mit einem Lächeln. “Ja?“

“Agent Lee.“, stellte ich mich daher ebenso höflich vor und zeigte ihr wie automatisch meine Identifikation. “Ich bin vom SCIS.“ Kaum hatte ich diese vier Buchstaben ausgesprochen, verdunkelte sich der Blick der jungen Dame und jeder Hinweis auf Freundlichkeit war wie weggewischt. “Ah.“, machte sie dazu nur und begann ihren verlangsamten Schritt wieder aufzunehmen, um in Richtung des Lokales zu flüchten. Doch ich hatte mit dieser Reaktion durchaus gerechnet und mich daher bereits zwischen ihr und dem Eingang aufgebaut. “Hören Sie!“, erklärte ich dazu so beschwichtigend wie ich es vermochte. “Wir möchten nur rausfinden, was auf der Brücke der Prophecy passiert ist. Es ist doch im Interesse Ihrer Verlobten, wenn ich mich nicht nur auf die Version des angeblichen Opfers stützen muss.“

Ich hatte geflissentlich verschwiegen, dass ich natürlich auch den Bericht der Sicherheitschefin hatte und beabsichtigte, die anderen Mitglieder der Brückencrew ebenfalls zu befragen. Wenn sie glaubte, mit ihrer Aussage eine Art Rettungsring für ihre Freundin werfen zu können, dann konnte ich sie vielleicht dazu bewegen, mit in unsere Büros zu kommen. Doch leider hatte ich da die Rechnung ohne den Wirt gemacht. “Nein, jetzt hören Sie mal zu!“, schallte mir nämlich unverzüglich die zwar relativ leise, aber eindeutig zornige Antwort entgegen. “Meine Freundin liegt nach wie vor auf der Krankenstation wegen einer Mission, die der Geheimdienst grandios verbockt hat. Und Sie haben nichts Besseres zu tun als ihr eine Körperverletzung anzuhängen. Sie werden ja wohl nicht glauben, dass ich mich an dieser Hexenjagd beteiligen werde.“

Ich seufzte hörbar und lies ein wenig die Schultern hängen. Es schadete gar nicht, wenn die Verlobte der Beschuldigten mitbekam, wie sehr mich diese Haltung enttäuschte. “Kommen Sie schon, Ensign.“, fügte ich deswegen immer noch mit dem hilfsbereiten Unterton hinzu. “Ich bin sicher, Sie können mir erklären, was da passiert ist.“ Ich konnte sehen, dass meine Überzeugungskraft heute nicht wirklich fruchtete, und so fuhr ich gleich ohne ihr die Gelegenheit auf einen Einschub zu geben fort: “Andernfalls muss ich warten bis die Aufzeichnungen aus dem Wrack der Prophecy geborgen wurden.“ “Nicht mein Problem.“, lautete diesmal die Antwort, die mittlerweile regelrecht pampig war. Ich ließ mich davon aber natürlich nicht aus der Ruhe bringen, sondern zuckte nur mit den Schultern. “Das sehe ich anders. Ich wollte Ihnen nämlich einen Handel anbieten. Die disziplinarischen Konsequenzen für Sie und Ihre Verlobte könnte ich in Rücksprache mit dem Commodore mildern lassen. Ich bin sicher, es wäre für Sie beide eine ehrenhafte Entlassung aus dem Dienst möglich. Aber ein solcher Deal ist natürlich hinfällig, sobald ich die Aufzeichnungen habe.“

“Okay.“, seufzte sie daraufhin und für einen winzigen Augenblick erlag ich der Illusion, gewonnen zu haben. Doch leider setzte sie ihre Antwort nicht so fort, wie ich gehofft hatte. Stattdessen gestikulierte sie mit ihren Händen vor meinem Gesicht herum und betonte jedes einzelne Wort: “Ich sage das nur einmal: Ich mache von meinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe!“ Ich nickte und zog mich mit erhobenen Händen zurück, wobei ich mich bemühte, möglichst bedauernd zu schauen. Nach diesen magischen Worten war nicht mehr viel zu tun, denn sie hatte das Recht zu diesem Schweigen seit sie mit Captain Kirilenkowa verlobt war. Dass man den beiden trotzdem Posten zugeteilt hatte, die in der Hierarchie direkt untereinander standen, zeugte zwar von schwacher Personalführung, aber diese Erkenntnis half mir bei der Strafverfolgung nun auch nicht mehr.

=/\= New Hope - Deck 609 - Technisches Labor - zwei Tage später =/\=

“Und so war es uns schließlich doch möglich, die Logbücher der Prophecy unbeschädigt aus dem lädierten Computerkern zu sichern.“ Am Ende seines ewig erscheinenden Vortrages über technische Spezifikationen, von denen ich kein Wort verstanden hatte, war der Experte für Computerforensik, der hier auf der Base als normaler Techniker unter Commander Hogan arbeitete, endlich zu einem Ende gekommen. Mühsam hatte ich die ganze Zeit ein gelangweiltes Gähnen unterdrückt und tatsächlich war mir sogar ein Lächeln gelungen, das den jungen Mann offenbar zu diesem Redeschwall inspiriert hatte. Schlussendlich zählte aber nur das Ergebnis und das war zufriedenstellend: Die Aufzeichnungen von der Brücke der Prophecy waren vollständig erhalten geblieben, wenn es auch etwas länger gedauert hatte, sie zu “recovern“ wie mein Gegenüber das nannte.

“Vielen Dank.“, erwiderte ich daher so freundlich ich das nach dieser Marathonvorlesung noch konnte und bat ihn anschließend, mir sämtliche Daten aus dem maßgeblichen Zeitraum per verschlüsselter Übertragung in mein Büro zu senden. So sehr ich PADDs nämlich als mobile Computer schätzte, so wenig taugten sie in meinen Augen als wirkliche Hilfe beim Knacken schwieriger Fälle. Man brauchte einfach einen großen Bildschirm, auf dem man hin und her blicken und Verbindungen ziehen oder löschen konnte, wie man es gerade brauchte. Und wenn ich dann doch einmal einen Ausschnitt mobil abrufen musste, dann konnte ich das immer noch über die kabellose Verbindung mit dem Zentralrechner tun. In dieser Hinsicht waren diese leichten Folien, von denen ich immer eine bei mir trug, eher so etwas wie ein zusätzlicher Bildschirm meiner Konsole im SCIS.

Er versicherte mir, den Zugang für mich so schnell wie möglich anzulegen und da ich keinen Grund hatte, ihm in dieser Hinsicht Misstrauen entgegen zu bringen, bedankte ich mich erneut und verließ sein Büro auf einem der untersten Decks dieser Station. Selbst mit dem Turbolift würde ich von hier bis zum Promenadendeck beinahe eine Minute unterwegs und wie so oft stellte ich mir dabei vor, was für ein unsägliches Chaos wohl herrschen würde, wenn diese Dinger eines Tages einmal ausfielen. Denn es gab natürlich Verbindungen zwischen den Decks, die sich nicht auf diese Technologie verließen, aber die waren relativ klein dimensioniert und konnten definitiv nicht den Strom an Leuten aufnehmen, die jeden Tag von den Quartierebenen zu ihrer Arbeit und zurück pendelten. Aber vermutlich hätte ich meinen heutigen Weg sogar unter diesen Umständen aufgenommen, denn gerade einmal fünfhundert Decks über mir verkaufte endlich der erste Händler in diesem Quadranten die neuen Schuhe von Ro Taban. Es war ein kalter Tag in der Hölle, wenn ich diese Gelegenheit verpasste.
Captain Ellya Calder
alias
Sergeant Nathan Moreno, SFMC
Captain T'Kara, XO
Lieutenant Saavik Jones, DCTO
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