NH=ULog 02=Agent Jenny Lee=SD: 16010.2193=SCIS

[Ellya]

NH=ULog 02=Agent Jenny Lee=SD: 16010.2193=SCIS

Wörter: 1178
Charaktere: Harvey (NPC), Direktor des SCIS im Gammaquadranten (NPC), Walker, Steward (beide erwähnt)

=/\= New Hope - Deck 360 - Büro des SCIS - morgens =/\=

Dass ich nach dem wirklich schönen Abend in der Tanzbar, die durchaus das Potential hatte, mein neues Lieblingslokal zu werden, mit einem zufriedenen Lächeln aufgewacht war, hatte ich schon im Spiegel gesehen, aber jetzt im Büro merkte ich, dass meine gute Laune wohl auch für andere sichtbar war. Jedenfalls erhielt ich entsprechende Begrüßungen von meinen Kollegen, die mich abwechselnd fragten, ob ich die letzten Tage verpasst hatte und welche Glückspillen ich am Morgen nahm. Auch Harvey - der Kollege, den ich mit der Zusammenfassung alle Drogenfälle beauftragt hatte - fragte gleich als erstes: "Hattest du so eine schöne Nacht oder weißt du schon, wie mein Bericht aussieht?"

"Eigentlich freue ich mich nur, dich zu sehen, Frischling.", antwortete ich mit einem Zwinkern, bevor ich zum ernsten Teil seiner scherzhaften Bemerkung kam: "Aber wenn deine Zusammenfassung auch so erfreulich ist, will ich sie gleich nach dem Kaffee auf dem Tisch haben." Seine Antwort ließ einen kurzen Moment auf sich warten, da er von dem unerwarteten Kompliment überrascht war, doch dann grinste er verlegen und meinte: "Okay, ich schicke sie sofort." Und noch bevor ich eine weitere Bemerkung machen konnte, um ihn mit seiner Unsicherheit aufzuziehen, war er auch schon verschwunden.

=/\= New Hope - Deck 360 - Büro des Direktors - mittags =/\=

Nachdem ich den ganzen Morgen damit verbracht hatte, Berichte zu lesen und die Anklagen entsprechend vorzubereiten, saß ich nun vor dem Schreibtisch meines Chefs, der von der anderen Seite mit einem wohlwollenden Blick zu mir herüber sah. “Also sind alle Fälle, die mit diesem PX30 zusammenhängen gelöst und dem JAS Corps übergeben worden?“, fragte er gerade und es war klar, dass er keine andere Antwort als ein Ja akzeptieren würde. Obwohl der Direktor aber ein Mann war, dem man so schnell keinen seiner Wünsche abschlug, musste ich ihn in dieser Hinsicht leider enttäuschen. “Nein. Leider setzt selbst eine Katastrophe wie diese die Aufklärungsrate nicht außer Kraft.“, erklärte ich deswegen diplomatisch und zuckte mit den Schultern. “Viele Kleinigkeiten sind entweder erfundene Vorwürfe, um auf dem Rücken dieses Chaos unliebsame Konkurrenten loszuwerden, oder Bagatellen, die sich nur durch unverhältnismäßigen Aufwand beweisen lassen würden.“

Ich konnte sehen, dass dieser Teil des Berichts überhaupt nicht gut bei dem durch die Jahre etwas fülliger gewordenen Mann ankam. Schnell fügte ich daher hinzu: “Sämtliche Kapitalverbrechen konnten aber aufgeklärt werden. Zwar können wir die Täter zumeist nicht mehr zur Rechenschaft ziehen, da sie durch die Fehlfunktion im Transporterpuffer getötet wurden, doch alle noch lebenden Handlanger und Mitglieder des Kartells wurden verhaftet. Es liegt jetzt an einem ordentlichen Gericht, ihre Strafe festzusetzen und eine eventuelle Auslieferung an ihre Heimatmächte zu verhandeln.“ Auch wenn ich damit nur im Schnellverfahren durch die Arbeitsstunden und Recherchebemühungen der Kollegen gerauscht war, schien mein Boss diese Nachricht schon viel besser zu finden. Als ich dann auch noch erklärte, für die beiden Morde an Bord sogar plausible Motive gefunden zu haben - beide waren den Woodieny beim Aufbau ihrer Organisation in die Quere gekommen - war er schließlich endgültig mit der Arbeit zufrieden, die mein Team und ich gemacht hatten.

“Sehr gut, Agent Lee.“, verlieh er dieser Zufriedenheit auch Ausdruck und nickte wohlwollend. Dann aber machte er sofort wieder ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, das behördenintern bereits “die Überstundengrimasse“ bezeichnet wurde, und mir war klar, dass ich mit meinen Befürchtungen recht gehabt hatte. Er brauchte es im Grunde gar nicht auszusprechen, tat es aber natürlich trotzdem: “Leider kann ich Ihnen keine Freizeit als Lohn anbieten, da ich bereits den nächsten heiklen Fall habe, den ich von Ihnen persönlich bearbeitet wissen möchte.“ Dass ich laut Dienstvorschrift natürlich ein paar freie Tage hätte verlangen können, stand ebenso außer Frage wie die Tatsache, dass ich es nicht tun würde. Wenn der Vorgesetzte den wichtigsten Fall der Einheit an einen übergab, lehnte man nicht ab.

“Ich nehme an, es geht um den Umgang der Stationssicherheit mit der Geiselnahme?“, fragte ich also nur nach und sofort erschien ein kleines Lächeln auf den Lippen des Direktors. Er schien froh oder vielleicht auch ein wenig stolz zu sein, dass ich mich so gut auf dem Laufenden hielt und nickte. “Genauer genommen geht es mir um das, was kurz nach der Geiselnahme geschehen ist.“ Ein kurzes, aber merkliches Zögern unterbrach seinen Redefluss, doch dann fügte er hinzu: “Es ist schon ein sehr großer Zufall, dass ausgerechnet diese Muster bei der Fehlfunktion gelöscht wurden - und kein einziger anderer Transportvorgang beeinträchtigt wurde.“ Ich wusste, wovon er sprach, denn ich hatte mir dieselben Gedanken ja auch bereits gemacht. Der tödliche Fehler in der Technik war einfach zu praktisch für einen motivierten Sicherheitschef, der seine Basis ein für alle Mal von Verbrechern säubern und eine deutliche Botschaft senden wollte. Und selbst wenn wir Commander Walker und alle Beteiligten nicht verdächtigten, so würden das die diplomatischen Vertreter der Woodieny mit Sicherheit tun.

“Ich werde mich des Falls annehmen, Sir.“, bestätigte ich daher mit ernster Stimme, die hoffentlich erkennen ließ, dass ich mir der Tragweite dieser Ermittlungen bewusst war. Immerhin musste ich gegen hohe Offiziere, einen Botschafter und eine ganze Armada aus Untergebenen und Helfern eine Untersuchung führen, deren Ergebnis potentiell politischer Sprengstoff war - und zwar unabhängig vom tatsächlichen Ergebnis. Der Direktor aber schien mir zu vertrauen, denn er schüttelte mir nur im Aufstehen die Hand und sagte: “Das wäre dann alles, Agent. Viel Erfolg!“ Und als hätte er die Türe geöffnet und hinaus gedeutet, wurde ich damit einigermaßen charmant entlassen. Auch ich erhob mich also, dankte ihm für das entgegengebrachte Vertrauen und begab mich dann durch das Vorzimmer hinaus auf den Flur, wo ich erst einmal stehen blieb und nachdachte: Wo sollte ich nur anfangen?

=/\= New Hope - Deck 204 - Quartier Walker/Steward - nachmittags =/\=

Nach kurzem Studium der grundlegenden Fakten des Falls, hatte ich mich dazu entschieden, mit meinen Befragungen bei der Sicherheitschefin persönlich anzufangen. Sie war zwar zum Zeitpunkt der Geiselnahme im Urlaub gewesen und hatte ihrem Stellvertreter das Kommando überlassen, doch das Protokoll sah dennoch vor, dass man sich grundsätzlich zuerst an den Dienstvorgesetzten wandte. Außerdem erhoffte ich mir, dass sie als Unbeteiligte keine zwielichtigen Motive mit ihrer Zeugenaussage verband und daher eine brauchbare Zusammenfassung liefern würde. Zugang zu den benötigten Informationen hatte sie ja und vermutlich war der Plan des Sturmangriffes sogar mit ihr abgestimmt worden, auch wenn sie offiziell nicht im Dienst war. Auf jeden Fall aber konnte sie mir sagen, wer an den Verhandlungen und allen daraus resultierenden Handlungen beteiligt war und wessen Befehle es gewesen waren, die zu dem Dilemma mit dem Transporter geführt hatten.

Natürlich würde ich alle diese Angaben überprüfen und bei anderen Zeugen um Bestätigung ansuchen müssen, doch für den Augenblick brauchte ich erst einmal eine Richtung, in die ich überhaupt gehen konnte. Wie immer, wenn ich jemanden im Rahmen meiner Untersuchungen vernahm, stand ich daher im Augenblick mit gezücktem PADD und einem freundlichen Lächeln vor der Türe des Quartiers, in dem Commander Walker und ihre Verlobte wohnten. Dass die CXO momentan hier war, wusste ich vom Schiffscomputer, denn Offiziere genossen keine so weitreichende Privatsphäre wie Zivilisten und den speziell für geheime Aufgaben vorgesehenen Modus, den die Chefin der internen Sicherheit natürlich besaß, hatte sie im Urlaub nicht aktiviert. Ich brauchte also nur noch den Summer betätigen und darauf warten, dass mir geöffnet wurde.