Wörter: 851
Personen: Außenteam
=A= Caedue – Tag 14, Vormittag =A=
Angespannt stand ich etwas abseits der Gruppe und sicherte mit meinem Gewehr ins Ungewisse, während sich die Führungsoffiziere – in einem Ton, der ebenso angespannt klang, wie ich mich fühlte, aber zu leise, als dass ich etwas hätte verstehen können – besprachen. Hatte ich also doch recht gehabt. Wieder einmal wäre es mir lieber gewesen, wenn ich mich geirrt hätte. Aber meine Sinne hatten mich nicht getäuscht: Irgend jemand war hier, war uns gefolgt. Wer, das wussten wir nicht, aber freundlich gesonnen waren die Unbekannten uns jedenfalls nicht, sonst hätten sie sich zu erkennen gegeben, statt sich in den Schatten herumzudrücken.
Kurz darauf schienen unsere Kommandanten zu einer Entscheidung gekommen zu sein, denn wir machten uns erneut auf, auf der Suche nach dem Computerkern. Wie Ensign Roberts angemerkt hatte, musste dieser irgendwo unter uns liegen, weswegen wir versuchten, eine Abzweigung nach unten zu finden. Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn noch immer waren unsere Tricorder aufgrund der vielen Interferenzen nur bedingt zu gebrauchen. Davon abgesehen ergab das Layout dieses Gebäudekomplexes einfach keinen verdammten Sinn. Wer auch immer das gebaut hatte, hatte entweder nach völlig anderen Vorstellungen gearbeitet, als es bei uns üblich war, oder irgendwelche sehr interessanten Drogen genommen.
Wieder übernahm ich mit dem Lieutenant die Nachhut. Noch zwei mal sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung in den Schatten, aber meine Versuche, unsere unbekannten Verfolger mit dem Tricorder zu erfassen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Ich nahm mir vor, besser mit dem Ding umgehen zu lernen. Bislang war mir das nie besonders wichtig erschienen – schließlich war ich ein Mitglied der Sicherheit, keine Wissenschaftlerin – aber jetzt wäre es sehr nützlich gewesen. Vielleicht konnte mir einer unserer Eierköpfe ein paar Tricks zeigen.
Je tiefer wir in das Gebäude kamen, desto mehr Trümmer und Sand versperrten unseren Weg und machten das Vorwärtskommen mühsamer. Mir machte das nicht so viel aus, da ich ziemlich fit war, aber die Angehörigen anderer Abteilungen, die nicht so regelmäßig trainierten, beneidete ich jetzt nicht.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Mary Jane war einige Schritte voraus gegangen, um das Terrain zu erkunden, als der Boden unter ihr plötzlich nachgab. Mit einem lauten Schrei stürzte sie in die Tiefe. Die XO zögerte nicht, sondern reagierte bemerkenswert besonnen. Statt sich von der allgemeinen Aufregung anstecken zu lassen, versuchte sie sofort, den Crewman über den Kommunikator zu erreichen. Kurz darauf hatten wir immerhin etabliert, dass Mary Jane zwar verletzt, aber zumindest ansprechbar war und somit hoffentlich durchhalten würde, bis wir zu ihr vordringen konnten. Noch dazu glaubte sie anscheinend, dem Computerkern relativ nahe zu sein. Somit war unsere Mission im Grunde genommen die selbe wie zuvor – allerdings war es jetzt ein wenig dringlicher, den Durchgang ins untere Stockwerk zu finden.
Halbherzig schlug ich vor, dass Team aufzuteilen, war aber heimlich erleichtert, als die XO diesen Vorschlag mit Verweis auf die Sicherheit des Teams kategorisch ablehnte. „Kommt gar nicht in Frage. Es ist schon viel zu viel passiert. Wir bleiben zusammen und jeder meldet sich, sobald ihm etwas auch nur ansatzweise verdächtiges oder gefährliches auffällt,“ befahl sie streng. Der Rest des Teams murmelte Zustimmung. Insbesondere Ensign Roberts war anzusehen, dass er durch Mary Janes Unfall ziemlich erschrocken war. Die beiden schienen sich gut zu verstehen. Außerdem hatte Roberts direkt hinter Mary Jane gestanden. Sehr leicht hätte er es sein können, dem dieser Unfall widerfuhr. Auch das war, gerade für die Anfänger, nie ein angenehmer Gedanke. Roberts wirkte aber gefasst und entschlossen, kein Grund, sich Sorgen zu machen. Er würde diese Mission schon durchstehen. Wie der Rest von uns auch (nur bei mir selbst war ich mir da insgeheim nicht ganz so sicher).
Unsere Wissenschaftler scannten die Umgebung, dann deutete einer von ihnen in die Richtung, die seiner Ansicht nach die besten Chancen bot, einen Durchgang zu finden. Es war die Richtung, die, was die Konstruktion anging, am wenigsten Sinn ergab, deswegen nahm ich an, dass er recht hatte. Die XO schickte Major Torrent zur Spitze des Teams, um mit Ensign Roberts zusammen die Vorhut zu übernehmen. Lieutenant Roberts und ich würden das Team weiterhin nach hinten absichern.
Langsam setzten wir uns in Bewegung. Immer tiefer drangen wir in den Gebäudekomplex vor, was immerhin den Vorteil hatte, dass hier weniger Sand und Trümmerteile herumlagen. Ich versuchte, nicht daran zu denken, wie sich diese Warterei für Mary Jane anfühlen musste. Sie würde das schon irgendwie meistern. Und wir mussten unseren Job machen. So einfach war das.
Vor uns tat sich eine große Tür auf. Wenn der Wissenschaftler recht gehabt hatte, mussten wir durch diese hindurch. Das allerdings war gar nicht so einfach. „Verriegelt,“ teilte Ensign Roberts knapp das Offensichtliche mit, nachdem er ein paar mal an den Kontrollen der Tür herumprobiert hatte. „Großartig,“ murmelte die XO leise, bevor sie einen Techniker nach vorn schickte, der versuchen sollte, die Türsteuerung zu überbrücken.
Während der Techie an der Tür herumfummelte, blickten Roberts und ich mit gesteigerter Aufmerksamkeit den Gang hinunter. Wir wussten genau, dass jetzt ein geeigneter Moment gewesen wäre, um uns anzugreifen. Immerhin standen wir bewegungslos in einem verdammt begrenzten Raum herum. Perfektes Schussfeld. Doch noch war alles ruhig...
...tbc...