Wörter: 1588
Personen: Mary Jane Wellington, Thomas Roberts, Elena Roberts, Deren McMullen
NPCs: Antony Roberts, Jean Torrent
=A= Caedue – Unterirdische Tunnels – Tag 14 =A=
Wir kamen nur langsam voran, da Mary Jane doch starke Schmerzen litt, aber die Kleine hielt sich bemerkenswert gut. Ich war erleichtert, als wir zum Rest des Außenteams aufschlossen. Bis zuletzt hatte ich erwartet, dass doch noch etwas schief gehen würde, irgend eine Katastrophe, ein neues Hindernis. Diese Mission war der reinste Alptraum und ich wollte nur noch weg. Die Art, wie meine Erinnerungen mich bei der Sprengung überfallen hatten, hatte mir den Rest gegeben. Zwar hatte ich mich schon lange wieder unter Kontrolle, aber ich wusste auch, dass es verdammt knapp gewesen war, und war nicht scharf auf eine Wiederholung. Dieser verdammte Planet tat mir nicht gut.
„Habt ihr etwas herausgefunden?,“ fragte der CXO und riss mich damit aus meinen düsteren Gedanken. Gespannt lauschte auch ich der Antwort, denn das interessierte mich natürlich trotz meiner persönlichen Sorgen – immerhin war die Lösung dieses Rätsels der Grund, warum wir überhaupt hier waren. „Das haben wir. Allerdings ist es keineswegs erfreulich,“ bestätigte die XO, „Nach einiger technischer Improvisation – nach den Einzelheiten musst du Lieutenant McMullen fragen – ist es uns gelungen, die Daten von Caedues Sensoren und Logbüchern auszulesen, zumindest einen Teil, der nicht zu stark beschädigt war. Das Ergebnis ist eindeutig: hier wurde eine Bombe von gigantischer Sprengkraft gezündet. Diese ist nicht nur für die massive Zerstörung und die vielen Toten verantwortlich, sondern durch Veränderungen in der Atmosphäre auch für die extremen Wetter-Phänomene. Die gefundenen Metall-Fragmente bestätigen diese Theorie – sie passen zu einer seltenen, aber extrem effektiven Sprengstoff-Variante, die wir in unserer Datenbank aufgelistet haben. Wer genau für diese... diesen Völkermord verantwortlich ist, wissen wir noch nicht – wir haben die Daten kopiert und werden sie mit Hilfe des Bordcomputers der Prophecy noch genauer analysieren, vielleicht bringt uns das weiter.“ Wir schwiegen einen Moment. Auf den Gesichtern der Anderen las ich das selbe ab, was ich auch dachte: diese Erkenntnis kam keineswegs unerwartet, sondern bestätigte vielmehr unsere schlimmsten Befürchtungen. Ich hatte nun wirklich schon allerhand gesehen, aber dass jemand eine Bombe warf, die einen ganzen Planeten entvölkerte, mochte ich mir nicht vorstellen. Commander Roberts schien es ähnlich zu gehen, denn sie sagte nach einem Moment: „Nun, wenn nichts dagegen spricht, würde ich vorschlagen, dass wir uns auf den Rückweg machen und so schnell wie möglich von hier verschwinden. Wir haben die Daten, die wir brauchen, und den Aufenthalt länger auszudehnen wäre nur ein unnötiges Risiko.“ Wir alle bestätigten den Befehl erleichtert, sogar Mary Jane. Sie war zwar bestimmt nicht begeistert davon, sich gleich weiter durch die Gänge kämpfen zu müssen, wollte aber ohne jeden Zweifel genauso dringend von Caedue weg wie jeder andere.
Das gestaltete sich indes gar nicht so einfach. Der Rückweg war noch schlimmer – und vor allem länger – als der Hinweg. Schon nach wenigen Minuten kamen wir an eine komplett eingestürzte Stelle. „Das war aber vorhin noch nicht da,“ bemerkte Antony mit Blick auf den Trümmerhaufen, der uns den Weg versperrte. „Korrekt, Lieutenant. Ich habe das Layout dieser Gänge in meinem Tricorder gespeichert, und hier kam man vor einigen Stunden noch problemlos durch. Die Gänge müssen weiter eingestürzt sein,“ erwiderte Lieutenant McMullen mit Blick auf seinen Tricorder. Wir alle wussten, was das hieß, auch ohne, dass es jemand aussprach: wenn die Gänge so instabil waren, konnte es jederzeit wieder zu weiteren Einstürzen kommen. Ein Grund mehr, so schnell wie möglich von diesem gastlichen Ort zu verschwinden. „Lieutenant, gibt es einen alternativen Weg an die Oberfläche? Wenn wir uns hier durch arbeiten müssen, verlieren wir sehr viel Zeit, und außerdem würde ich gerne alles vermeiden, was die Struktur noch instabiler machen könnte,“ wandte sich die XO an McMullen. Der Techniker tippte auf seinem Kommunikator herum, bevor er antwortete: „Wir könnten zurück gehen bis zur letzten Kreuzung und dann links herum. Das ist etwas weiter, aber wahrscheinlich würden wir nicht viel mehr als zwanzig Minuten verlieren.“ Niemandem behagte der Gedanke, zwanzig Minuten länger in diesem statisch herausgeforderten Labyrinth auszuharren, aber es war besser als die Alternative. Das fand auch die XO, die den knappen Befehl gab, die von McMullen vorgeschlagene Route einzuschlagen.
Wir Sicherheitsleute und die Marines wechselten uns damit ab, die Gruppe anzuführen. Wir waren etwa eine halbe Stunde gegangen, als ich dran war. Vorsichtig suchte ich mir meinen Weg zwischen den herumliegenden Trümmerstücken, während ich mich gleichzeitig nach Kräften bemühte, nach eventuellen Verfolgern Ausschau zu halten. Einmal war mir, als hätte ich ein Stück voraus einen schwachen Lichtschein gesehen. Mein Tricorder zeigte nichts an, aber das musste hier unten nichts heißen. Die Inferenzen hatten bislang kein Stück nachgelassen. Angestrengt starrte ich in die Dunkelheit, ging ein paar Schritte vor, um besser sehen zu können und hoffentlich doch noch ein Tricorder-Signal zu bekommen...
Und spürte, wie der Boden unter meinen Füßen nachgab. Gnadenloser Schreck durchfuhr meinen Körper, doch meine Reaktion war instinktiv. Mit aller Kraft sprang ich hoch, griff nach etwas, irgendwas, und bekam tatsächlich einen Stahlträger zu fassen, der zu dem gehörte, was bis gerade noch der Boden gewesen war. Ich zwang mich, nicht an den Abgrund unter mir zu denken. Das hier war wie auf dem Holodeck. Wie im Training. Mit einer fließenden Bewegung zog ich mich hoch und fand auf der anderen Seite tatsächlich noch festen Boden vor. Anscheinend war nur ein kleines Segment des Bodens weg gebrochen. Schnell suchte ich nach etwas, mit dem ich die fragliche Sektion ein wenig befestigen konnte, und wurde auch schnell fündig. „Das sollte halten,“ rief ich.
Als ich mich umsah und in die erschrockenen Gesichter meiner Kameraden blickte, wurde mir erst klar, was gerade fast passiert wäre. Plötzlich fröstelte ich. Ich blickte herab auf meine Hände, bedeckt von zahlreichen Schnitten und Kratzern und keineswegs ganz ruhig. Während sich der Rest des Teams langsam und vorsichtig über meine improvisierte Brücke bewegte, konzentrierte ich mich darauf, die Nachwirkungen meines unfreiwilligen, aber zweifellos sehr spektakulären Stunts zu überwinden. Das war nicht weiter schwer – auch hier zahlte Training sich aus. Aber meine zunehmende Müdigkeit wurde dadurch nicht gerade kleiner. Ich wollte endlich hier raus, unter die Schalldusche und in mein gemütliches, weiches Bett. Von den Verfolgern, die ich vor meinem Beinahe-Unfall gesehen zu haben glaubte, war nichts mehr zu sehen.
Als wir fast an der Oberfläche waren, erwartete uns eine weitere Hiobsbotschaft. „Draußen tobt wieder ein Sturm. Wahrscheinlich dauert es noch ein bis zwei Stunden, bis er sich abschwächt,“ verkündete die XO, „Wir warten hier. Weiter oben steigt das Risiko, dass wir etwas von dem Sturm abbekommen oder uns die Decke über dem Kopf einstürzt.“ Frustriert, aber äußerlich kühl und professionell fügte ich mich meinem Schicksal, ebenso wie der Rest des Teams. Ich hatte die erste Wache und bezog Position beim Ausgang. Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, dass sich Mary Jane leise mit der Marines-Anführerin Jean Torrent unterhielt. Den Blicken nach zu urteilen, die die beiden jungen Frauen austauschten, bahnte sich da etwas an. Einen Moment lang spürte ich eine unbestimmte Sehnsucht, den Wunsch, dass auch mich jemand wieder so ansah. Aber ich wusste, dass das gerade keine realistische Option für mich war. Erst einmal musste ich mein eigenes Leben wieder in den Griff bekommen. Dazu wenigstens war ich auf einem guten Weg. Ich fasste die Wache etwas fester und spähte aufmerksam den Gang hinunter.
„Der Sturm lässt nach. Gehen wir,“ riss mich die XO aus dem Schlaf. Nachdem ich als Wachhabende von Antony abgelöst worden war, hatte ich die Zeit genutzt und ein bisschen Schlaf nachgeholt. Ich hatte genug Erfahrung, um das notfalls überall zu können, und bei einem kurzen Nickerchen unterwegs war das Risiko von Alpträumen und peinlichen Situationen erfahrungsgemäß vernachlässigbar. Jetzt fühlte ich mich zwar etwas steif, aber zumindest auch etwas weniger müde als zuvor. Ich stand auf, brachte so gut es ging meine Kleidung in Ordnung – ich hatte das Gefühl, dass ich noch immer eher der Heldin eines drittklassigen Action-Holos als einem ordentlichen Starfleet-Crewman ähnelte, konnte daran aber gerade nichts ändern – und überprüfte kurz meine Ausrüstung. Alles gut. Hoffentlich kamen wir jetzt endlich nach hause.
Als wir allerdings kurz darauf ins Freie traten, zerstreuten sich diese Hoffnungen, denn das Empfangskommittee war schon vor Ort. Ein Vor'ja, begleitet von seiner muskelbepackten grauen Leibwache in den vertrauten Kampfanzügen. Abgesandte des Dominion. Die hatten uns gerade noch gefehlt. Bevor unsere Offiziere etwas sagen oder auch nur die üblichen Begrüßungsformeln anbringen konnten, sprach schon der Vor'ja: „Dachte ich es mir doch. Auf frischer Tat ertappt.“ „Wovon reden Sie? Wir sind ein Außenteam des Föderations-Raumschiffs USS Prophecy, geschickt, um den Tod der Bewohner dieses Planeten zu untersuchen,“ widersprach Commander Roberts ganz ruhig. „Untersuchen? So nennt man das heute?,“ sagte der Vor'ja mit einem überheblichen Lächeln, „Ich denke, das ist keine ganz zutreffende Umschreibung. Ich nehme an, dass sie vielmehr hier sind, um Spuren zu verwischen. Soll ich wirklich glauben, dass Sie das Risiko eingehen, sich unter diesen Bedingungen hier herumzutreiben, nur für Forschung? Das traue ich noch nicht einmal der Sternenflotte zu. Sie waren hier, um Daten zu löschen. Wahrscheinlich sind Ihre Leute irgendwie in diesen Vorfall verwickelt. Und bevor ich genau weiß, wie, gehen Sie nirgendwo hin.“ Neben mir hörte ich Mary Jane einen kleinen Laut ausstoßen, der Überraschung, Schmerz, aber auch Schreck ausdrücken konnte, aber ich drehte mich nicht um. Ja keine Schwäche zeigen. Herausfordernd blickte ich unsere Gegner an, was angesichts der konstant auf uns gerichteten, äußerst beeindruckend aussehenden Waffen gar nicht so einfach war. Was würden wir jetzt tun? Ich wartete nach außen hin ganz ruhig ab, doch innerlich war ich angespannt, hellwach, zu allem bereit.
...tbc...