Personen: Kirilenkova, erwähnt: McMannis
Thema: nur ein Ping
Wörter: 760
„Ein elanarischer Frachter hat sich selbstständig gemacht und kreist nun um die New Hope. An Bord befindet sich ein fast zehnköpfiges Team von uns. Wir haben keinen Kontakt und können sie nicht zurück an Bord beamen. Ich will, dass sie einen alternativen Weg finden, um mit dem Team zu kommunizieren und es von diesem Frachter zu holen.“ Ich nickte und nahm das Padd entgegen.
„Ich befürchte“, fuhr sie fort, „Dass dieser nur abwartet bis er zuschlagen soll und will ihn vorher zerstören! Vorzugsweise ohne das Aussenteam an Bord…“
„Warum kommen Sie damit zu mir?“, fragte ich und sah sie an. In der Regel erhielt ich meine Aufträge vom Chefingenieur. An der Art und Weise, wie sie mich ansah, konnte ich erkennen, dass ich offenbar den falschen Ton getroffen hatte.
„Tut mir leid“, gab ich klein bei. „Ich wollte Sie nicht anmotzen.“ Um mein Bedauern noch zu untermalen, senkte ich den Kopf.
„Nichts für ungut“, sagte sie und setzte ein entwaffnendes Lächeln auf. Ich versuchte meinerseits ein (total verunglücktes) Grinsen. Ich hatte gewusst, auf was ich mich eingelassen hatte, trotzdem wollte ich mich noch nicht daran gewöhnen. Als CTO hatte man ein Auge auf alles. In der Regel wusste man, was anlag, wer einen angriff, welche Systeme welche Unterstützung brauchten…nun musste ich darauf warten, dass meine Oberscheffin mir ein Padd gab, um herauszufinden, welche Informationen man letztendlich mit mir teilen wollte.
„Wem liefere ich Bericht ab?“, fragte ich und spürte gleich, dass ich offenbar nichts gelernt hatte und sie schon wieder angriff.
„Niemandem“, erwiderte sie in einem nun auch recht scharfen Tonfall. „Ich wünsche, dass Sie die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Ich gehe davon aus, dass Sie durch Ihre berufliche Laufbahn auf der Resolution wissen, wann Sie entsprechende weiterreichende Befugnisse einholen müssen und was Sie in Eigenverantwortung entscheiden können.“
„Bei allem Respekt, es gibt doch einen kleinen Unterschied“, widersprach ich. „Wenn ich es für notwendig gehalten habe, die Umweltkontrollen abzuschalten, um Energie zu mobilisieren, konnte ich das tun. Ohne mich rechtfertigen zu müssen.“
Sie biss ihre Lippen zusammen, so dass ihr Mund nur noch ein schmaler Schlitz war. Ich konnte schwer einschätzen, ob sie nachdachte, oder einfach versuchte, ihr Temperament zu beruhigen. Dann atmete sie tief ein und sagte: „Wenn Sie es für notwendig halten, Umweltkontrollen ZEITWEISE abzuschalten, um Energie zu mobilisieren, können Sie das gerne tun. Rechtfertigen können Sie sich dann später. Mir gegenüber.“ Damit wandte sie sich um und ging weg. Ich starrte auf das Padd, zog die Stirn kraus und reflektierte meine Situation. Kirilenkova hatte mir gerade eine Chance gegeben und ich hatte sie nicht ergriffen (die Chance) sondern den Boten (Kiri) angegriffen. Ich ging zurück zu meinem Terminal, lehnte mich dagegen und studierte das Padd.
Ich war keinen Schritt weiter. Warum der Frachter abgedockt hatte – wusste man nicht.
Wie der Frachter abgedockt hatte – wusste man nicht. In der Regel war ein kompliziertes Manöver notwendig (welche nicht auf technische Notwendigkeit gründete, sondern in Sternenflotten-Bürokratie fußte). Und es wunderte mich, dass alles so einfach schien. Ein anderer hätte vermutlich mit dem derzeit jungfräulichen und chaotischen Status der Station argumentiert. Aber wenn ich eins gelernt hatte…die Bürokratie war die einzige Konstante im Universum.
Ich setzte meine persönliche Prioritätenliste. Es war kein Problem, mit unserem Außenteam Kontakt aufzunehmen. Vorausgesetzt, sie waren in der (psychischen und physischen) Lage zu antworten. Von altmodischen Mitteln – Leuchtraketen (würde wohl mal jemand aus dem Fenster gucken?) über alle Arten von Funksignalen bis hin zur Manipulation der Kommunikatoren war mir alles in den Sinn gekommen. Das meiste endete in einer Sackgasse. Ich konnte über eine solche Entfernung die Kommunikatoren des Außenteams nicht erreichen, ohne ein (nicht geringes) Risiko einzugehen, dass es McMannis die Hose wegbrannte. Obwohl ich zugeben musste, dass ich mich an diesem Plan am längsten aufgehalten hatte. Das Opfer schien mir zeitweise gerechtfertigt. Während ich eine weitere Simulation laufen ließ, trommelte ich nervös mit den Fingern auf das Terminal. Ich konnte den Frachter an sich nutzen. Ich rief die Daten des Frachters auf und überprüfte die Materialien der Hülle. Hatten nicht in grauer Vorzeit Stahlmonstrums, die sich in den Tiefen der Weltmeere befanden miteinander kommuniziert? Mit nur einem Ping? Zusätzlich zur Beschaffenheit des Frachters rief ich die Baupläne der Kommunikatoren und Trikorder auf. Vielleicht hatte ich Glück und einer der Meds an Bord des Frachters nutze diesen hin und wieder. Vielleicht ließ sich eine Botschaft zwischhen die Diagnosedaten schleusen. Und vielleicht war der Untersuchende sogar in der Lage, die Daten zu deuten und anzuwenden, um zu antworten. Es waren zwar zu viele ‚Vielleichts’ für mich, aber im Notfall konnte ich immer noch McMannis die Hose wegbrennen.