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Personen: Stadtteams
=/\= Kylata - außerhalb der Siedlung - Tag 1 =/\=
Die größte Ansiedlung auf dem Planeten, aus deren Nähe auch die massive Energieabstrahlung kam, nach der die Wissenschaftler und unser Kommandant vom Geheimdienst so intensiv jagten, war ein brummender Bienenstock alltäglicher Tätigkeiten - und genau das machte mir Sorgen. Zwar bewiesen sich die Informationen der Aufklärung als hervorragend, sodass sich unsere Erscheinungsbilder perfekt in die Menge der tatsächlichen Kyalas einfügen würden, doch war Tarnung in diesen engen Bedingungen nicht mein Hauptaugenmerk. Denn obwohl Verreuil das sicherlich in Hinblick auf die oberste Direktive ein wenig anders gesehen hätte, befand ich die Gefährdung für unsere Truppe als ein viel größeres Problem. Natürlich lag das auch an meiner speziellen Ausbildung und der Aufgabe, die ich hier zu verrichten hatte, doch ein Häuserkampf in diesem Gewühl konnte zu größeren Schäden führen als einem Satz heißer Ohren vom Oberkommando.
Entsprechend offen hielt ich natürlich meine Augen und Ohren, während die beiden anderen Mitglieder meines Trupps unsere Flanken sicherten. Es ärgerte mich immer noch, dass wir nicht nur den Master Chief sondern auch zwei Männer meines Teams in der Basis hatten zurücklassen müssen. Einheiten der Marines waren darauf trainiert in Gruppen zu jeweils fünf Mann zu operieren und jede standartmäßig angewandte Taktik basierte darauf. Jetzt mit nur drei Soldaten den großen Tross an Wissenschaftlern, Technikern, einem Mediziner und dem Commander des Geheimdienstes zu decken, war daher eine Herausforderung, die außerhalb unserer Komfortzone lag. Bisher hatte ich Verreuil darauf noch nicht angesprochen, da er bei der Verteilung der Aufgaben die feste Überzeugung eines Mannes versprüht hatte, der wusste was er tat und Widerspruch innerhalb seines Kommandos nicht duldete. Aber besonders sinnvoll waren meine Männer so nicht eingeteilt.
Wie sich herausstellen sollte, hatte der Commander aber selbst damit noch nicht genug Splitting betrieben. Kaum hatten wir nämlich die bodengebundenen Fahrzeuge, die nur noch entfernt an die ursprünglichen Argos erinnerten, in einer Senke und per eingeschalteter Tarnung versteckt, begann er schon wieder mit der ihm eigenen, befehlsgewohnten Stimme die vorhandenen Ressourcen in Untergruppen aufzuteilen. “Lieutenant Jasa.“, begann er dabei mit dem Leiter unserer Wissenschaftsabteilung, der damit abgesehen von ihm die vermutlich wichtigste Person im ganzen Außenteam war. “Sie werden von Petty Officer Jade und Private Baker begleitet.“ Die Angesprochenen nickten Verreuil zu und gesellten sich sogleich zueinander, als wäre die Einteilung ein unsichtbares Gummiband, das sie zueinander zog.
Bevor er aber weiter reden konnte und noch mehr Teams aus drei Leuten bilden konnte, trat ich einen Schritt vor, neigte mich ein wenig zu ihm und äußerte leise meinen Wunsch: “Bitte um Erlaubnis, sprechen zu dürfen, Sir.“ Wie immer trug mir diese Formalität einen stirnrunzelnden Blick ein, aber ich hielt ihm Stand wie ich schon so vielen Einschüchterungsversuchen Stand gehalten hatte. “Gewährt.“, antwortete der Commander daher einen Wimpernschlag später, ohne dabei den fragenden Ausdruck von seinem Gesicht zu nehmen. “Nun, Sir.“, begann ich daher mit einer eigentlich selbstverständlichen Feststellung. “Sie haben mich auf diese Mission aufgrund meiner Kenntnisse im Bodenkampf mitgenommen.“ Ich erwartete darauf keine Reaktion und erhielt auch keine. In diesem Punkt waren wir uns einig, also fuhr ich fort: “Ich halte es daher für angebracht, Sie mit allem Respekt darauf hinzuweisen, dass Drei-Personen-Teams in einer urbanen Umgebung wie der hiesigen nicht adäquat einsetzbar sind.“
Einen kurzen Augenblick lang schien er darüber ernsthaft nachzudenken. Dann aber nickte er nur und speiste mich mit einem Satz ab, den ich schon von so vielen Offizieren gehört hatte, dass er mit Sicherheit auf der Akademie gelehrt wurde: “Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Sergeant, aber ich muss mehr Gründe als nur die Verteidigungsfähigkeit in Betracht ziehen.“ Und noch bevor ich auch nur ein unterwürfiges “Selbstverständlich, Sir.“ wie es mein Drill Sergeant damals sicher erwartet hätte nuscheln konnte, fuhr er auch schon fort mit der Einteilung der Teams. Dabei sorgte er immerhin dafür, dass die Wissenschaftler und Techniker sich jeweils in Begleitung von zwei Personen der Sicherheitsabteilung oder der Marines befanden, sodass innerhalb des Rahmens die bestmögliche Verteilung gegeben war. Ich selbst hatte das große Los gezogen, auf die blonde Cheftechnikerin der Prophecy aufzupassen, deren Herkunft ich selbst nach Monaten auf der Base noch nicht so recht bestimmen konnte.
Als wir schließlich zum Ende der kurzen Besprechung kamen, sollte sich jedoch herausstellen, dass Verreuil offenbar nicht im Kopf behalten hatte, dass wir insgesamt nicht in einer Zahl unterwegs waren, die sich ohne Rest durch drei teilen ließ. Jedenfalls ließ der clevere Kommandant es wie einen Zufall aussehen, als er schließlich verkündete: “Und Petty Officer Delavere wird mich begleiten.“ Die Medizinerin schien sich darüber durchaus zu freuen, mir allerdings ging dieser Verstoß gegen die Vorschriften der Flotte dann doch etwas zu weit. Immerhin war der Commander der CO dieser Einheit und solange ich für die Marines zuständig war, würde er mit Sicherheit nicht ohne Eskorte in eine potentiell feindliche Umgebung gehen. Erneut beugte ich mich also zu ihm, was er noch bevor ich meinen Mund öffnen konnte zum Anlass nahm, mir direkt in die Augen zu sehen und zu fragen: “Ja, Sergeant?“ Ich konnte bei ihm nie klar erkennen, ob er von meinen Bemerkungen genervt war oder ob er die Einwürfe als Einschätzung der Lage wertschätzte, aber im Prinzip war das auch egal. Es war meine Aufgabe, Offizieren den Arsch zu retten und dann Schuld an jedem ihrer Fehler zu sein.
“Als Kommandant sollten Sie nicht ausgerechnet Teil des einzigen Zwei-Mann-Teams sein, Sir.“, erklärte ich daher und löste damit eine unerwartet lange Debatte darüber aus, ob die Vorschriften für den Außeneinsatz in dieser speziellen Situation überhaupt zur Anwendung zu bringen waren. Offenbar hatte der Geheimdienst da liberalere Ansichten als die Flotte, wobei Verreuil selbst auch andere Motive als die Sicherheit der Gruppe zu verfolgen schien, wie es in seiner Arbeit sicherlich beinahe üblich war. Immerhin gelang es mir aber, ohne mich in den Bereich der Insubordination zu begeben, die richtige Idee in den Kopf des Commanders zu setzen, so dass er es schließlich als seine Idee verkaufen konnte, die Pilotin meines Trupps von der Bewachung der Chefwissenschaftlerin abzuziehen und seiner eigenen Gruppe zuzuteilen. Das war zwar immer noch keine optimale Lösung, aber zumindest der grundlegende Schutz war damit gegeben.
Dass der Geheimdienstler sich es anschließend nicht nehmen ließ, die Teams natürlich nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich getrennt in die Stadt gehen zu lassen, war dann im Grunde nur noch das Tüpfelchen auf dem i des genialen Plans. Aber zum Glück hatte es unsere technische Abteilung ja geschafft, die Kommunikatoren in Schmuck und Kleidung zu verstecken, so dass zumindest in relativ unbeobachteten Momenten der Kontakt zum Rest des Außenteams herzustellen war. Mehr konnte man in Anbetracht der eigentlichen Aufgabe, die wir hier dank unserer Wissenschaftler ja verfolgten, wohl nicht verlangen. Wenn die Kacke dann doch irgendwann am Dampfen war, konnte man ja immer noch nach den Marines rufen. Nicht umsonst galt es als moderner Mythos, dass jeder Präsident der Föderation mindestens einmal gesagt hatte: “Send the Marines!“