PRO – Cmdr Kirilenkova/EnsJG Kristoffson – DXO/MED – G-Log 05/06 – 14‘083.2116
Personen: Ayres Jall
Svetlana F. Kirilenkova: 985
Harley H. Kristoffson: 585
=A= USS Prophecy – Deck 2 – Quartier des Kommandierenden Offiziers =A=
Der Kuss war schön, aber viel zu kurz. Harley lehnte sich, wie es schien, entspannt zurück. Dabei sah sie mich fragend an. Wieso fragend? Was wollte sie mich mit diesem Blick fragen? Wieso nicht ein Lächeln? Hatte ihr der Kuss nicht gefallen?
„Keine Pizza? Willst du lieber gleich Dessert?“
Mit diesen Worten trat ich langsam auf Harley zu…
Leise seufzte ich. Vielleicht würde ich diese Frau nie verstehen. „Dessert klingt gut. Allerdings nasche ich nie bevor nicht klar ist, ob ich das auch vertrage.“ Ich war zu unsicher für diesen Mist. Ich sollte gehen. Einfach aufstehen, gehen und dann irgendwen hauen. Tat ich aber nicht. Wahrscheinlich würde ich ganz gehörig auf die Schnauze fallen. Aber ich hasste drum herum Gegeier und mir war klar, seit Wochen taten Lana und ich nichts anderes.
Ich blieb vor ihr stehen. Verzichtete aber darauf, sie zu umarmen oder ihr über die Wange zu streichen. Das war allerdings nicht einfach, denn ich wollte es, weil ich das Gefühl hatte, sie bräuchte jetzt die Unterstützung, welche sie mir vorhin gegeben hatte. Ich konnte mich revanchieren, wenn ich wusste, wo das Problem lag. Doch ich hatte eine vage Vorstellung…
„Du hast Angst, nicht wahr?“
Gott, nein war sie gut. „Ja, vor dir.“ Eindringlich sah ich sie an und bemerkte, wie sie leicht zurück zuckte. „Ich weiss, dein Kopf ist nicht frei. Irgendetwas, oder irgendjemand spukt da noch drin herum. Ich will kein Lückenfüller sein Lana. Dazu bin ich mir zu viel wert… Und du mir auch.“ Das hier war lange überfällig. Klare Worte. Entweder sie ließen etwas beginnen oder etwas enden. „Zumal ich einfach nicht weiss was in dir vor geht. Das macht mich unsicher.“
Harleys braune Augen verschwanden vor meinen, weil ich meine schloss. Ihre Worte trafen mich hart. Nicht im Sinne von verletzend, sondern von aufweckend. Sie kannte mich schon viel besser als ich gedacht hatte. Vielleicht sogar als mir lieb war. Sie schaffte es auch ein weiteres Mal, in ihre Skepsis Hoffnung einzubauen. Sie sagte, was sie dachte, egal wie chaotisch ihre Gedanken durch ihr Hirn schossen.
Ich öffnete die Augen wieder, konnte ihren Blick aber nicht erwidern. Deshalb wandte ich mich ab und setzte mich auf das Sofa. Aus dieser Distanz fiel es mir leichter Harley anzusehen. Harley, nicht Nadja. Es war an der Zeit für ein Geständnis…
„Du hast nicht ganz Unrecht. Aber es ist etwas komplizierter, als nur ein Geist der Vergangenheit, der sich in meinem Kopf eingenistet hat. Es hat damit zu tun, dass ich schon viel früher als in meinem Erwachsenenalter zum ersten Mal das Gefühl hatte, mich von Frauen angezogen zu fühlen. Es begann zu meiner Schulzeit mit einer Freundin. Sie hiess Nadja. Und sie… sie…“
…sah aus wie Harley. Ich konnte es nur denken. Ich brachte die Worte nicht heraus. Aber ich wandte den Blick wieder von ihr ab.
War irgendwie klar gewesen oder? Angespannt lehnte ich mich nach hinten und sah sie an. Sie, die mich nicht mal ansehen konnte. „Ich muss mich schützen Lana“, murmelte ich leise. „Und du musst dir klar werden was du willst. Und wen.“ Kurz musste ich in mich hinein schmunzeln. Die Chaotin hielt der Vernünftigen einen Vortrag. Wäre ich Advent würde ich Kiri eine rein hauen, ausflippen und dann wieder ruhig sein. Aber ich war nicht sie und was Gefühle anging war ich einfach eine Niete. Und genauso deswegen blieb ich wo ich war. Ehe zu viele Gefühle ins Spiel kamen und diese enttäuscht wurden.
Sie hatte die Wahrheit verdient. Ich musste ihr die Wahrheit sagen, sonst würde ich sie wahrscheinlich verlieren und das würde ich nicht verkraften. Ich… ich li… ich liebte sie…
„Nadja, sie sieht aus wie du. Sie war der Grund, wieso ich mich zu Frauen hingezogen fühlte, doch sie erwiderte meine Gefühle nicht und hatte mich von sich gestossen. Deshalb wandte ich mich wieder den Männern zu, bis mich diese so oft verletzt haben, dass ich mich wieder meiner wirklichen Gefühle erinnerte. Bis zu dieser Gehirnerschütterung auf Dorlian hatte ich mich nicht mehr an Nadja erinnert.“
Bevor ich mich weiter erklären konnte, unterbrach mich Harley wütend…
Hier unterbrach ich sie wütend. „Ist es praktisch für dich, dass ich aussehe wie sie? Wenn du schon Nadja nicht haben konntest, dann wenigstens jemand der aussieht wie sie? Die ist zwar plem plem, aber Hauptsache sie sieht aus wie… Nadja?“ Ich wusste, dass es unfair war. Genauso deswegen!
Ich sprang vom Sofa auf und packte Harley an den Schultern, bevor sie das Quartier verlassen konnte. Sie wollte den Blick abwenden, aber ich zwang sie, mir in die Augen zu schauen.
„So ist es nicht! Überhaupt nicht! Nadja ist Vergangenheit! Sie mir Augen und du wirst sehen, dass ich nicht lüge!“
Tief aufseufzend nickte ich kurz, schloss dann die Augen und versuchte mich zu entspannen. Dann hob ich die Hand und legte sie leicht an ihre Wange. Ein Friedensangebot. Und mehr.
Harleys Hand auf meiner Wange fühlte sich gut an. Ich hatte mich schon lange an ihre Berührungen gewöhnt und wollte mehr davon. Ich griff mit einer Hand nach ihrer Hand und hielt sie fest.
„Ich hätte Nadja haben können. Während meines Urlaubes habe ich sie besucht. Wir haben unsere Freundschaft erneuert und sie war bereit, den einen Schritt weiterzugehen, den ich damals während unserer Schulzeit hatte machen wollen. Doch nun wollte ich nicht mehr. Ich musste an Dich denken. Ich wollte, Dich in meinen Armen halten und nicht Nadja. Ich hatte mich schon in D… in Dich verliebt…“
Ich neigte meinen Kopf leicht Harley entgegen und versuchte sie zu küssen.
Jetzt kam ich ihr entgegen. Wie auch immer das hier laufen würde, wir hatten einen Schritt aufeinander zu gemacht. Und gerade jemand wie Lana musste dies wirklich schwer gefallen sein. Alles andere würde die Zeit zeigen.
Wir küssten uns. Es war ein inniger Kuss und langer Kuss. Er entführte mich in eine eigene Welt. Weit weg von allen Problemen an Bord der Prophecy und dem anstehenden Konflikt mit den Zaakar.
Ich wagte, einen Schritt weiter zu gehen. Ich begann langsam in Richtung meines Schlafzimmers zu laufen. Ich wollte Harley und ich wollte sie jetzt. Harley wehrte sich nicht dagegen. Erst als ich eine Hand zwischen unsere aneinander gepressten Brüste zwängte und versuchte ihre Uniformjacke zu öffnen, versteifte sie sich.
„Hab keine Angst, Liebste. Wie du, bin ich keine Frau für nur eine Nacht, und du bist mir zu viel Wert dafür!“
Haha, da war der Punkt wo die grosse, schlaue, forsche Harley Schiss bekam. Wie angewurzelt stand ich da, sah sie an und machte völlig sinnbefreit: „Äh!“ JETZT hatte ich Schiss. „Weisst du.. ich.. äh.. da wär was.. weil.. Guck mal DA!“ Ich schwöre, wenn sie geguckt hätte, wäre ich los gerannt. Tat sie aber nicht. Kackdreckmistscheissepisse. Sie lächelte und kurz hasste ich sie dafür. „Jetzt hab ich Schiss“, murmelte ich unglücklich und drehte mich halb zur Tür. Sex ja. Klar. Nett schön.. Toll, alles primstens. Mit einer Frau? Ne. Nie gehabt, nie dran gedacht ausser nach ganz viel Alkohol. Und ich vermutete stark das sie beleidigt gewesen wäre, hätte ich sie danach gefragt.
„Harley?“ Ich sah hoch und spürte, wie meine Gesichtszüge entglitten. Sie grinste. So richtig schelmisch, ein Grinsen welches mein Herz zum Hüpfen brachte. DAS wollte ich öfters sehen. „Vertrau dir und mir, kennen lernen kann man sich nur gegenseitig.“ Ihr Mund war genau an meinem Ohr und dann spürte ich ihre Lippen an meiner Hauptschlagader. Arteria carotis, schoss es mir völlig zusammenhanglos durch den Kopf während eine Gänsehaut jeden Zentimeter meines Körpers erreichte. Oh sie wusste anscheinend genau, was sie wollte und wie sie es erreichen konnte. Zu meinem Pech, oder auch Glück, das würden die kommende Zeit zeigen.
Es war schön gewesen. Unvergleichlich. Und hatte mir wirklich gefallen. Ich lag seitlich in meinem Bett und stützte meinen Kopf über Hand und Ellbogen ab. Dabei schaute ich Harley an, die neben mir im Bett lag. Sie schlief und eine Strähne ihres blonden Haares fiel ihr ins Gesicht. Ich strich ihr diese Strähne aus dem Gesicht, um ihr schönes Gesicht zu bewundern. Sie sah so friedlich aus und mir wurde bewusst, dass ich gerne immer wieder neben ihr aufwachte…
Mein Kommunikator aktivierte sich. Ich hatte die Schlummerfunktion aktiviert, damit er uns nicht weckte. Was mich aber nicht daran hinderte ihn zu bemerken, wenn ich wach war. Also nahm ich den Kommunikator vom Nachttisch, stieg aus dem Bett und verliess mein Quartier.
„Jall an Kirilenkova.“
„Was gibt es, Commander?“
„Wir haben das Manöver abgeschlossen. General Sila ist zufrieden und lässt uns in den Raum der Zaakar fliegen.“
„Sehr schön. Das haben Sie gut gemacht, Ayres. Setzen Sie einen Kurs mit Warp vier!“
„Da ist noch etwas“, erwiderte Jall und seine Stimme sagte mir schon, dass mir nicht gefallen würde, was er sagen würde. „Die General will mit einer Delegation an Bord kommen und uns begleiten.“
„Einverstanden, bringen Sie sie in einem der VIP-Quartiere auf Deck drei unter! Sobald Sie an Bord ist fliegen wir los! Kirilenkova Ende!“
Ich schloss die Verbindung und liess den Kopf hängen. Jetzt hatten wir schon zwei pekaranische Würdenträger an Bord. Das konnte ja heiter werden, wenn wir in ein Gefecht gerieten und die beiden an Bord starben. Die Ärzte mussten sich wohl nochmals vertieft mit der pekaranischen Anatomie auseinandersetzen. Ich drehte mich zum Schlafzimmer um, um ins Bett zurückzukehren, doch das war wohl nicht mehr nötig. Harley stand in der Tür und lehnte sich an den Rahmen, während sie mich lächelnd ansah.