Personen: Kiri, Mercury, Jacques, Advent, Eduin
Wörter: 1454
--- Krankenstation ---
Sorgfältig führte ich das Instrument vorbei am Rippenspreizer, bis ich damit die gewünschte Arterie erreichte. Etwas angewidert schaute ich auf meinen Kittel, der inzwischen nicht mehr klinisch-steril-uni-grün war. Die kompletten Unterarme waren rot verfärbt, dazu noch etliche rote Flecken auf dem vorderen Teil des Kittels. Wie gut, dass ich Blut sehen konnte – noch besser, wenn es nicht mein eigenes war – sonst hätte ich definitiv den falschen Beruf ergriffen.
„Okay, halten Sie sich bereit“, mahnte ich Hathaway, der mir assistieren sollte und das bisher auch ganz gut hinbekommen hatte. Okay, bisher hatte er nur als besserer Instrumenten-Anreicher fungiert, aber jetzt gleich würde er einen besonders wichtigen Job übernehmen. „Jetzt!“
In einer fließenden Bewegung schnellte die Zange, mit der er vorsorglich schon den Wattebausch gegriffen hatte, hervor, näherte sich ihrem Ziel. Ich hielt mit meiner Bewegung inne, um nicht eine ungewollte Karambolage zu verursachen. Diese wäre zum jetzigen Zeitpunkt katastrophal gewesen.
Der Tupfer war am Ziel und ich spürte, wie er den Schweiß von meiner Stirn aufsaugte. Jetzt, wo das erledigt war, konnte ich mit der OP fortfahren. Ich hatte den Punkt, an dem ich die Arterie durchtrennen wollte, mit meinem Skalpell erreicht. Behutsam legte ich den Zeigefinger auf den Auslöser und...
Dann wurde es dunkel. „Bei allen grünen Kobolden, was...?“ Ich drückte den Kommunikator: „Krankenstation an Maschinenraum!“
Als Antwort kam nur ein „hinten anstellen, Ensign!“ Ich wusste nicht, was mich mehr überraschte: die Tatsache, dass ich mit dem korrekten Rang angesprochen wurde, obwohl ich mich nicht einmal vorgestellt hatte. Oder die Antwort an sich.
Aber gut, wartete ich halt. Ich rang ja gerade nicht mit dem Tod – also nicht ich persönlich. Es war nur immer so schrecklich peinlich, wenn der Patient während der OP aufwachte, weil diese sich wegen so unvorhergesehener Dinge wie Stromausfall so lange hinauszögerte, dass die Anästhesie nachließ. Und die Operierten sind in einer solchen Situation nicht gerade diskussionsbereit, weil sie nur noch unkontrolliert schreien. Okay, die meisten verstummen direkt, wenn sie einen Blick in ihr Inneres werfen – meistens allerdings dann für immer.
Apropos verstummen: Mein Kommunikator tat in diesem Moment genau das Gegenteil: „Sicherheit an Krankenstation, medizinischer Notfall auf Holodeck 2.“
Im selben Augenblick sprang die Notbeleuchtung an und offenbarte einen – zugegeben unschönen - Blick auf den Patienten: Der Brustraum hatte sich mit Blut gefüllt, das aus der Arterie strömte, die ich zuvor gekappt hatte. Nicht, dass mich das sonderlich verwunderte, es war halt nur immer schlecht, wenn so etwas passierte. Und dazu war es eine ziemliche Sauerei. „Schnappen Sie sich Ihr Zeug, Hathaway. Wir übernehmen das“, meinte ich.
„Was ist mit ihm?“ fragte mein Kollege recht irritiert.
„Der ist hin“, gab ich beiläufig bekannt und grinste verschmitzt. „Wie gut, dass das nur eine Simulation ist, nicht wahr?“ Damit streifte ich meinen Kittel ab, schnappte mir meinen Koffer und ging los.
--- Holodeck 2 ---
Als wir an dem angeforderten Ort ankamen, stand die Tür nur halboffen. Vermutlich wurde sie notdürftig geöffnet, weil sie durch den Energieausfall das nicht selbst hinbekam. Jedenfalls stand sie gerade mal soweit offen, dass ich gerade so hindurch passte, was aber allein an der Größe des Med-Koffers lag.
Nachdem ich mich hindurch gezwängt hatte, befand ich mich in einer skurrilen Szenerie – so statisch, als wäre die Simulation eingefroren. Das mochte daran liegen, dass es sich um eine Schnee bedeckte Landschaft handelte. Zudem blies mir ein eisiger Wind um die Nase – eigentlich blies er nicht, er war einfach nur da – auf jeden Fall bereute ich ein wenig, den Kittel ausgezogen zu haben. Das alles war aber nicht der ausschlaggebende Punkt. Eher die Tatsache, dass ein explodierendes Etwas sich mitten beim Zerreißen befand. Man konnte also förmlich den Feuerball sehen, die Wucht, mit der dieses Etwas zerrissen wurde. Was das war, konnte man nicht mehr erkennen, dafür war die Explosion zu weit fortgeschritten. Auf jeden Fall wollte ich nicht in der Nähe stehen, wenn die Simulation auf die Idee kam, fortzufahren.
Ich schaute mich um, suchte nach auf dem Boden liegenden Personen, die sich aber zumindest ein wenig rührten, so dass man sie von festgefrorenen Simulanten unterscheiden konnte. Ich machte welche aus. „Hathaway, Sie übernehmen den da drüben, d‘Arlesienne, Sie den da. Ich übernehme sie hier.“ Es war natürlich reiner Zufall, dass ich mir Advent zuordnete. Das sahen meine beiden Kollegen ähnlich, weswegen sie nickten und zu den ihnen zugeordneten Patienten gingen.
Advent sah gar nicht hilfebedürftig aus, wie sie da so rumstand, aber sie konnte durchaus unter Schock stehen. Und angesichts der niedrigen Temperaturen – anscheinend wollte man eine wirklich echte Umgebung – war eine Unterkühlung möglich. Diese wiederum hätte ich bei ihr gerne auf meine Art und Weise behandelt. „Was ist passiert?“
„Hm?“ Sie guckte mich aus glasigen Augen an. Ja, definitiv unterkühlt. Ich ergriff ihre Arme, rieb mit meinen Händen über sie. Und ich stellte mir dabei nicht vor, wie sie mit ihrer Hand etwas bei mir rieb. Okay, tat ich doch. „Die ganze Simulation spielte auf einmal verrückt. Eben befanden wir uns noch zwischen Häuserschluchten. Dann blieb alles stehen und plötzlich standen wir inmitten dieser Eiswüste. Wobei, Eduin eher in der Luft stand. Während die Sicherheitsprotokolle versagten, taten die Gravitationskräfte das nicht. Und kannst du mal endlich damit aufhören?“
Während ihrer ganzen Aussage hatte ich weiter gerieben. Und Advent befürchtete jetzt wohl, Feuer zu fangen. Eine brennende Kerze - wäre ja auch absolut untypisch für Advent...
„Dir fehlt also nichts?“ fragte ich nach, insgeheim hoffend, dass ich falsch lag und ihr Bettruhe verordnen musste.
„Nein, ich bin okay.“ Sie konnte einem aber auch alles vermiesen.
Doch so schnell wollte ich nicht aufgeben: „Ganz sicher?“
„JA!“ blökte sie und schubste mich weg. „Geh den anderen helfen.“
Missmutig folgte ich ihrer Anweisung und ging zu d‘Arlesienne, der neben besagtem Eduin hockte. „Knöchelprellung und Unterkühlung. Nichts Ernstes.“ Sein Blick ging zur Tür. „Aber wir kriegen ihn hier nicht so ohne Weiteres raus. Aber hier in der Kälte liegen lassen sollten wir ihn auch nicht. Wir bräuchten ein Feuer oder irgendeine Wärmequelle.“
„Sagten Sie Feuer?“
Ich huschte herum zu der Person, die das gesagt hatte, und blickte in das besorgniserregende Grinsen des Sprengstofffanatikers. Er spielte schon leger an seinem Gürtel herum, was mich nur noch nervöser werden ließ.
--- Beobachtungslounge ---
Hatte Harley nicht gesagt, die Aratribbles konnten sich nicht fortpflanzen? Entweder hatte sie sich geirrt, oder wir hatten es mit einem sehr großen, ersten Wurf zu tun. Oder aber... Nein, das würde Rödi nicht getan haben, oder doch? Sich an seinen eigenen Nachkommen vergehen? Vielleicht doch, es war schließlich nur ein Papagei, dazu noch der von Advent. Wer konnte schon ahnen, was er da bei ihr alles an Männern - vielleicht... nein, bestimmt auch Frauen – und ihren „Interaktionen“ zu sehen bekommen hatte.
Wenn dem so war, dann: „Es handelt sich um Mutanten. Soll heißen, die Biosignatur enthält sowohl Tribble als auch Psittaciformes.“ Okay, ich hätte auch Papagei sagen können, aber ich hatte so viel Geld für mein Medizinstudium und so viel Zeit mit Latein verschwendet, da wollte ich letzteres wenigstens ab und zu ein wenig verwenden. Und sei es nur, um die anwesenden Damen zu beeindrucken – was aber nicht wirklich gelang. „Durch diese Kreuzung und die mittlerweile sehr zahlreiche Nachkommenschaft lässt sich kaum mit Sicherheit sagen, aus wie viel Psittaciformes und aus wie viel Tribble ein einzelnes Tier – sagen wir, der dritten Generation – noch besteht.“ Ich musste mir gerade selbst wieder klarmachen, dass das bedeutete, Rödi war Vater und Urgroßvater in einem. Ich zitterte ein wenig bei der Vorstellung. Andererseits bedeutete das wesentlich weniger Stress bei Familienbesuchen zu Weihnachten.
Jedenfalls kamen wir mit unseren Anti-Tribbles-Maßnahmen nicht so richtig weit, weswegen Kirilenkova letztendlich den halbwegs vernünftigsten Vorschlag annahm: „Richten Sie ein Stasisfeld her. Wir fangen damit an, die eingesammelten Tiere dort unterzubringen. Wir werden die Biodaten in den Computer eingeben und das gesamte Schiff scannen. Und wenn wir mit der ersten Generation anfangen. Ich will, dass die Medizin diese Sammlung überwacht und herausfindet, wie sich der Genpool je Generation verändert. Danach müssen wir die Biodaten anpassen. Sofern wir die Crew nicht in Gefahr bringen, setzen wir den Transporter ein.“
Damit beendete sie die Sitzung - okay, eigentlich hatten wir alle gestanden – und entließ uns – also aus dem Raum, nicht vom Posten.
Im Korridor eilte ich Advent hinterher. „Sag mal, hältst du es nicht für angebracht, deinen Papageien jetzt zu kastrieren? Vielleicht krächzt der dann auch nicht mehr so.“
Sie sah mich an. „Und hältst du es nicht für angebracht, dich jetzt zu kastrieren? Vielleicht sabberst du dann auch nicht mehr so, wenn du einen Rock siehst.“
Reflexartig wischte ich mir über den Mund. Nur um festzustellen, dass ich nicht gesabbert hatte. Okay, Advent trug ja auch keinen Rock...
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Wedge Antilles

When the Fail is so strong, one Facepalm is not enough.

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