Wörter: 1307
Personen: Ciana, Yu`She, Thorn
==Holodeck==
Ich rieb mir den Bart, während ich die laufende Übung im Holodeck konzentriert und ausgiebig beobachtete. Anders als Yu´She's Spezialübungen die dazu dienten, Kandidaten auf Scharfschützeneignung hin zu prüfen, waren diese Szenarios wesentlich gewöhnlicher. Personenschutz, Häuser- und Korridorkampf, oder schlicht und einfach Kriegsspiele auf offenem Felde.
Die meisten Resultate bisher fielen im wesentlichen in den Rahmen, den ich mir erhofft hatte. So unangenehm Amh mir bisher gewesen war, die Abteilung war im wesentlichen in einem guten Zustand. Die üblichen Ausreisser halt. dachte ich, aber das ist bei zunehmender Abteilungsgrösse wohl zu erwarten und verschmerzen.
Hinter mir öffnete sich die Tür zum Holodeck, in die künstlich erzeugte Beobachtungslounge von der aus ich den Fortschritt der unterschiedlichen Sicherheitsübungen überwachte.
Ich warf dem Neuankömmling einen Seitenblick zu, und nahm gleichzeitig die Rangabzeichen eines Chief Petty Officers als auch die roten Haare und eisblauen Augen dieses wahr. Interessant jemanden mit einer meiner derart ähnlichen Augenfarbe zu begegnen. merkte ich in Gedanken an.
„Chief.“ sprach ich die menschliche Frau an. Sie salutierte, doch ich winkte dies ab. Ciana war eine der wenigen Mitglieder der Sicherheitsabteilung, die mir noch ein vollkommenes Mysterium geblieben war. Weder die bisherige Dienstakte noch das angehängte psychologische Profil hatten mir ein vollständiges Bild verschaffen können, und die wenigen Kollegen, mit denen ich über sie sprach, konnten oder wollten mir keine Auskunft geben.
Wer sind Sie fragte ich mich heimlich, still und leise. „Chief, Sie sind eine der wenigen Sicherheitler, die noch nicht durch die Übungen gegangen sind.“ bemerkte ich neutral. Sie wirkte etwas irritiert, doch wusste scheinbar nicht was sie darauf antworten sollte. Beinahe beiläufig nahm ich eines der PADDs von der holographischen Konsole auf, und überflog den Inhalt. Es war eher eine symbolische Geste – natürlich wusste ich ganz genau, was in diesem PADD enthalten war, immerhin hatte ich den Text erst vor kurzem verfasst.
„Bitte melden Sie sich um vierzehnhundert Bordzeit zur nächsten Übungstranche. Sie werden gemeinsam mit zwei weiteren Sicherheitlern, zwei Technikern und einem Mediziner einen Hilfseinsatz auf einem havarierten Schiff durchexerzieren.“
Mit diesen Worten drückte ich der jungen Frau – Konnte ich wirklich solche Bezeichnungen für jemanden verwenden, der nur eine handvoll Jahre jünger war als ich selbst? – das PADD in die Hand.
Sie reagierte mit geweiteten Augen auf das PADD, doch nahm es klaglos an, salutierte, und verschwand schnell aus dem Holodeck. Es wird interessant werden, die Leistung zu beobachte. dachte ich noch, bevor ich mich erneut auf die holographischen Monströsitäten und Städte konzentrierte, in denen ein virtueller Krieg geführt wurde.
==CXO-Büro später==
„Herein.“ sagte ich, und sah von der Konsole auf, wo ich eine gewaltig grosse Übersicht über die Ergebnisse diverser Übungen aufgerufen hatte, nunmehr versehen mit meinen Kommentaren zu den einzelnen Sicherheitsleuten, die daran teilgenommen hatten.
Wenig überraschend sah ich mich Ensign Yu`She gegenüber, wie immer in makelloser Uniform und überkorrekter Haltung. Einer meiner Fühler zuckte, beinahe amüsiert über die andauernde Korrektheit.
„Der erste Bericht, Sir.“ sagte sie schlicht. Es wirkte etwas bemüht, als ob sie grosse Angst davor hatte, mir das PADD in die Hand zu geben.
Ich nahm es an und nickte ihr zu. „Stehen Sie bequem, Ensign. Wir sind hier nicht auf dem Exerzierplatz.“
Meine Aufmerksamkeit wanderte zu dem PADD. Yu`She's Stil bei Berichten schien deutlich knapper und prägnant auf den Punkt kommend zu sein. Ich musste mir eingestehen, dass ich dies schätzte – bei der Anzahl Berichte, die ich jeden Tag durcharbeiten musste, war es nur von Vorteil, wenn die Information in aller Kürze, und dennoch Vollständigkeit, dargestellt wurde.
Keena Ren. Wendy Betancourt. Lorian Tavin. Eriq la Salle. Nathan Leigh. Speed Gage. Sechs Namen, allesamt mit kurzen Notizen über ihr Verhalten während der Übungen, ebenso Anmerkungen über noch ausstehende Tests ihrer Fähigkeiten, und bisher beobachtete Defizite, welche noch Besserungsbedarf aufzeigten.
Ich holte mit einer schnellen Geste die Akten der betroffenen Personen auf meinen Terminal, nebst meiner eigenen Beobachtungen, sofern ich mit diesen bereits das Vergnügen hatte.
Auf den ersten Blick wirkten diese tatsächlich wie gute Kandidaten für ein Scharfschützenteam. Lediglich meine Anmerkungen zu la Salle liessen mich etwas inne halten. „Sie denken, dass la Salle ein guter Kandidat für das Team wäre?“ fragte ich. Ich wusste nicht ob mein Tonfall zu kritisch gewesen war, denn die junge Halbandorianerin wandte erneut den Blick ab. „Meiner Beobachtung nach, jedenfalls, ist er ein etwas unruhiger und beinahe sprunghafter Ensign.“ teilte ich ihr meine Notiz der Übungen mit. Zugegeben.. es war in einer Nahkampfsituation, und eine gänzlich andere Umgebung als diese, wo Scharfschützen zum Einsatz kamen. Aber es war bemerkenswert genug gewesen.
Sie zögerte einige Augenblicke, bevor sie mit so fester Stimme, wie sie aufbieten konnte, seine Eignung bestätigte.“
Ich nickte erneute und zog andeutungsweise einen Mundwinkel nach oben.
„Danke, Ensign. Ich werde ihre Empfehlungen durcharbeiten.“ Ich zögerte einen Augenblick. „Gute Arbeit soweit. Weggetreten.“
==Korridore==
„Captain.“ sprach ich den in Gedanken vertieften Andorianer an, der offensichtlich langsamen Schrittes in Richtung eines Turbolifts ging. Nichts in der Körpersprache meines älteren Vorgesetztens deutete darauf hin, dass mein Erscheinen oder meine Unterbrechung seiner Gedankengänge ihn irgendwie aus dem Konzept gebracht hatte.
„Ja, Commander?“ wandte er mir seine Aufmerksamkeit zu. Wieso fühle ich mich wie unter den Augen eines Ausbilders? Das vage Gefühl, erneut irgendwo unter den prüfenden Augen eines Ausbilders zu stehen, war ein dezent unangenehmes.
„Aktualisierte Berichte über den Fortschritt der Übungen. Im Wesentlichen soweit das erwartete Ergebnis. Viel Durchschnitt, und Ausreisser in beide Richtungen. Ich werde noch zusehen, dass die schwächeren Teammitglieder die Unterstützung bekommen, die sie benötigen.“
Ich händigte ihm noch ein zweites PADD aus. „Sowie ein erster Vorabbericht von Ensign Yu`She, mit einigen... Anmerkungen meinerseits.“
ER nahm das Gerät mit seiner behandschuhten Hand entgegen und überflog meine Notizen. Seine Augen verengten sich marginal, als er eine meiner Randbemerkungen über die scheinbar mangelnde Entschlussfreudigkeit von Yu`She,
Thorn verlangsamte seinen Schritt unwesentlich, und ich passte mich ihm an. Eine Turboliftkabine liess nicht lange auf sich warten, und wir betraten die Kapsel, die uns zur Brücke tragen sollte.
„Commander, bedenken Sie eines.“ begann er dann bedächtig zu sprechen. „Ensign Yu`She ist, wie ihr Rang impliziert, frisch von der Akademie. Behalten Sie dies im Hinterkopf, wenn Sie Ihr Anweisungen geben.“
Ich fühlte sofort einen Anflug von Schuld in mir aufkommen. Natürlich war sie frisch von der Akademie. Erwartete ich zuviel von ihr, nur weil ich wusste, zu was sie in fünfzig Jahren möglicherweise in der Lage wäre?
„Verstanden, Sir.“ antwortete ich nüchtern nach einen Augenblick des Überlegens.
„Noch etwas, Commander.“
Ich wandte meinem kommandierenden Offizier erneut meine volle Aufmerksamkeit zu. Hatte er etwa herausgefunden, dass ich mit Woodridge im regelmässigen Kontakt war?
Paranoia machte sich in mir breit, doch wich sie einer gewissen Erleichterung als sich das Thema als ein ganz anderes herausstellte.
„Mir sind Berichte zu Ohren gekommen, dass Sie ab und an im Dienst schlafen – und ich bin geneigt, diesen Glauben zu schenken, besonders wenn wir den Vorfall in der Besprechungslounge bei dem wir beide anwesend waren in Betracht ziehen.“
Er pausierte kurz. Erneut war seine Körpersprache nichtssagend, und ich wusste nicht so recht, wie ich seine Aussage deuten sollte.
„Ich hoffe, es wirkt sich nicht zu sehr auf Ihre Pflichten aus.“
Einer meiner Mundwinkel wanderte nach oben, und meine Fühler zuckten – ob in Präsenz meines Vorgesetzten nun angemessen oder nicht – amüsiert. „Wohl kaum, Sir.“ entgegnete ich schliesslich. „Es ist eine Nebenwirkung der Medikamente – allerdings passiert dies nur, wenn die Umgebung zu ruhig ist.“
Ich atmete tief durch. „Und meine Jobbeschreibung sagt, dass wenn ich wirklich notwendig werde, es selten ruhig ist.“
Schnell löste ich etwas von meinem Gürtel und hob es auf Augenhöhe. „Und im Zweifelsfall gibt es immer noch den Notfallplan in Form von Adrenalin in diesem Hypospray. Das sollte mich wach genug halten, wenn es hart auf hart kommt.“