Wörter: 857
Personen: Tseri Aillan
NPCs: Detachment 203
=A= Starbase New Hope, Promenade, Tag 01, nachmittags =A=
Angespannt beobachtete ich die Situation. Ensign Tseri stürmte mit gezogener Waffe in den Raum – ich fand, er hätte seinen Phaser ruhig eher zücken können; dass das hier keine Mission für das diplomatische Korps werden würde, war ja eigentlich schon lange klar, aber ansonsten hatte er seine Sache bisher gut gemacht – und einige meiner Kollegen folgten ihm. Ich selbst sicherte zusammen mit Lagrange eines der Schaufenster ab, oder was davon noch übrig war.
Die beiden Chalnoth, die sich ergeben hatten, wurden von meinen Kollegen umgehend aus dem Verkehr gezogen, was ich mit einem beifälligen Lächeln zur Kenntnis nahm. Leider machten ihre Kameraden jedoch keinerlei Anstalten, diesem vernünftigen Beispiel zu folgen. Das Muskelpaket, das den deutlich verängstigten Ladenbesitzer gepackt hatte und mit dem Messer bedrohte, schien noch nicht einmal zu bemerken, dass er soeben zur Aufgabe aufgefordert worden war. Tseri stürmte weiter auf ihn zu – und dann schien alles gleichzeitig zu passieren.
Einer der Kunden, die einen Moment zuvor noch ängstlich in der Ecke Deckung gesucht hatten, sprang plötzlich auf und stürzte sich mit einem Kampfschrei auf den ihm am nächsten stehenden Chalnoth. Dieser war einen Moment lang überrascht, erholte sich jedoch schnell und schubste den Angreifer gegen eines der Regale, aus dem mehrere für mich undefinierbare Gegenstände zu Boden fielen. Einen Moment später waren die beiden in eine Keilerei verwickelt, wie sie auch der traditionellste englische Pub am Freitag Abend kurz vor der Sperrstunde nicht besser hinbekommen hätte.
Im selben Moment schien der Chalnoth, der noch immer den Ladenbesitzer gepackt hielt, Tseri bemerkt zu haben, denn er schrie drohend: „Stehen bleiben und Waffe 'runter, oder ich stech' ihn ab!“ Offensichtlich sprach er wesentlich besser Standard als sein Kollege. Wieso fiel mir das eigentlich in dieser Situation überhaupt auf? Jedenfalls wirkte er sehr entschlossen, und hatte dem bedauernswerten Geschäftsmann das Messer schon bedrohlich dicht an die Kehle gesetzt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er bluffte, und murmelte etwas nicht ganz jugendfreies. Tseri tat das einzige, was ihm in diesem Moment übrig blieb. Er hob die Hand in einer Geste, die seine Begleiter sofort zum Stehen brachte, warf seine Waffe weg und hob langsam die Hände. Ich konnte ihm ansehen, dass er sich seinen ersten Arbeitstag so nicht unbedingt vorgestellt hatte.
Ich dachte nicht nach, sondern handelte instinktiv. Trotz meiner entfernten Position hatte ich freies Schussfeld. Ich zielte kurz – der erste Schuss musste sitzen, sonst würde das hier in einem noch größeren Desaster enden – und drückte ab. Ein goldener Strahl durchschnitt den Raum – in meiner Anspannung erschien es mir fast, als könnte ich seinen Weg verfolgen, bevor er auftraf, was natürlich faktisch nicht möglich war. Treffer! Der muskulöse Chalnoth ging ohnmächtig zu Boden – zumindest hoffte ich, dass mein auf Betäubung eingestellter Phaser bei seiner Spezies keine ernsteren Auswirkungen hatte – riss dabei den Ladenbesitzer mit sich und begrub ihn halb unter sich.
Ensign Tseri wirkte einen Moment verwirrt, als habe er noch nicht ganz realisiert, was gerade geschehen war. Dann fasste er sich jedoch, griff nach seiner Waffe und rannte auf den getroffenen Gegner zu. Neben mir hörte ich Lagrange leise eine abfällige Bemerkung über unseren Chef machen, gekrönt von etwas, das sich für mich verdächtig nach einer französischen Beleidigung anhörte. Überprüfen konnte ich diese Theorie nicht – dergleichen Vokabular hatten wir in der Schule aus naheliegenden Gründen nicht behandelt.
Wütend wandte ich meinem Kollegen zu, um ihm ein paar passende Worte zu sagen – der Rangunterschied war mir in diesem Moment völlig egal – und hätte dabei fast den Chalnoth übersehen, der in rekordverdächtigem Tempo auf uns zugeschossen kam und mich beinahe über den Haufen gerannt hätte. Offenbar hatte er beschlossen, sein Heil in der Flucht zu suchen, und war dabei ausgerechnet auf das von uns bewachte zertrümmerte Schaufenster verfallen. Etwas härter als nötig schickte ich ihn zu Boden – Tacklings hatte ich nun wirklich gelernt -, wütend darüber, dass unsere internen Querelen mich abgelenkt hatten und beinahe zu einem folgenschweren Fehler geführt hätten.
Während ich noch damit beschäftigt war, meinen „Schützling“ an weiteren Fluchtversuchen zu hindern, was er ohne Widerstand mit sich geschehen ließ, sah ich aus dem Augenwinkel, dass sich weiteres Unheil abzeichnete. Der verbliebene Chalnoth hatte, seit ich seinen Kollegen niedergeschossen hatte, in einer Art Schockstarre verharrt. Jetzt schüttelte er diese jedoch mit alarmierender Plötzlichkeit ab und stürzte sich mit einem Wutschrei von hinten auf unseren Teamleiter, der gerade dabei war, dem offenbar nicht ernsthaft verletzten Ladenbesitzer auf die Beine zu helfen. Die beiden gingen in einem wilden Knäuel zu Boden. Ich fluchte erneut. Keine Chance auf ein freies Schussfeld. Tseris Begleiter waren anscheinend mit der Situation überfordert und standen nur erschrocken daneben.
Am anderen Ende des Räumes prügelten sich der zweite noch kampffähige Chalnoth und der Kunde mit Helden-Syndrom noch immer wie die sprichwörtlichen Kesselflicker. Während ich noch versuchte, die Situation zu überblicken und endlich Ordnung zu schaffen, materialisierte sich plötzlich ein medizinisches Team mitten im Laden. Ich erblickte die Gruppe einschließlich einer viel zu jung aussehenden Krankenschwester, die in sprachlosem Entsetzen auf das herrschende Chaos blickte, und war nicht so sicher, dass das erscheinen dieser Kollegen die Situation gerade wirklich verbesserte...
...tbc...