BRI – Log 3 – Lt Mariss – SCI – 13143.1430
Erwähnte Personen: Amh
NPC’s: -/-
Wörter: 1640
NRPG: Technobabble
„Netter Strand, aber du hast das Wasser vergessen.“
Nicht die kreativste Begrüßung wenn man auf ein Holodeck trat und von seinem XO und haufenweise Sand überrascht wurde, aber es war eine. Immerhin wurde man nicht oft von seinem XO zu einem privaten Holodeckabenteuer bestellt. Was die Crew sicher wieder denken würde. Uiuiui.
„Das ist kein Strand Mariss, dass ist eine Wüste. Du kannst hier höchstens Sonnenbaden.“
Sie musste der Sache natürlich gleich den ganzen Spaß nehmen.
„Schade, da war ich nie der Typ für.“
„Angst vor einem kleinen Sonnenbrand?“
„Spinnst du? Ich kann dir eine Schutzcreme zusammenmischen, die hat einen so hohen Lichtschutzfaktor, dass die Sonne panisch wegrennt. Nein, ich fands nur eher langweilig. Aber Spaß beiseite, was soll ich hier? Du rufst mich selten mitten im Dienst aufs Holodeck. Nicht das ich was dagegen hätte.“
„Wie du siehst hab ich versucht die Umwelt von Strande-III für ein Trainingsprogramm nachzustellen und …“
„Die Gravitation ist nicht hoch genug“, unterbrach ich sofort.
„Das weiß ich selbst“, meinte Amh etwas genervt. „Ich hab sie noch nicht hoch geschraubt, damit ich mir nicht die Beine breche während ich das hier zusammenbastle. Es ging mir eher darum ob die ganzen verschwundenen Wassermassen nicht auch dafür Sorgen, dass der Planeten anderweitig aus den Fugen gerät.“
Ich hob meinerseits die Brauhe. Und stutzte etwas.
„Wie meinst du das genau“, wollte ich wissen.
„Nun, der Planet muss doch jetzt viel leichter sein. Was ist mit der Rotation und seinem Tag-Nacht-Wechsel und der Schwerkraft an sich. Werden die Strander dadurch merklich leichter oder schwerer? Neigt sich die Achse des Planeten?“
Ich war überrascht, was Amh alles von mir wissen wollte. Das war neu, aber keineswegs schwierig.
„Nein.“
Sichtlich verdutzt hielt Amh inne.
„Nein?“
„Ja“, meinte ich knapp.
„Okay, dass kann ich jetzt nicht einfach so akzeptieren. Würdest du mir da bitte eine etwas vollständigere Erklärung liefern.“
Ich sah sie skeptisch an und erklärte ihr, dass, sollte sie sich darauf einlassen, sie die volle Ladung bekäme. Von vorne bis hinten.
Sie sah mich daraufhin etwas skeptisch an, nickte aber vorsichtig.
„Computer: Tafel generieren“, befahl ich und lies meine Finger knacken. Wie gewünscht erschien eine große Konsole samt Bedienelementen, ganz ähnlich denen, die ich auch in meinem Labor hatte. Mit großer Freude schrieb ich also eine Überschrift auf das Board.
„Astrophysik 101“, gab Amh verwundert von sich. „Das ist nicht dein Ernst.“
Ich warf ihr einen Blick zu der eindeutig verriet: Oh doch!
„Fangen wir ganz klein an: Mit dem Unterschied zwischen Masse und Gewicht nämlich. Deine Masse ist eine elementare Eigenschaft. Sie ist immer gleich egal wo du dich befindest. Dein Gewicht ist das nicht. Das Gewicht ist nämlich eine Kraft und wird deshalb korrekterweise Gewichtskraft genannt. Ich werde Masse und Gewichtskraft im Übrigen ab jetzt so unterscheiden. Eine Gewichtskraft erhältst du aufgrund deiner eigenen Masse und der Gravitationskraft, auch Anziehungskraft, eines anderen Masse habenden Körpers. In der kompletten Schwerelosigkeit, ein theoretisierter Bereich in der keine andere Masse auf dich wirkt als deine eigene, wärst du komplett ohne Gewicht, beziehungsweise Gewichtskraft, aber hättest immer noch die gleiche Masse.“
Ich erklärte noch, dass die Anziehungskraft, auch Gravitationskraft, die ein Objekt auf sie ausübte abhängig von dessen Masse und von ihrem Abstand zum Massemittelpunkt dieses Objektes ist. Die Gewichtskraft die sie ausübte war somit abhängig von diesen beiden Parametern und ihrer eigenen Masse. Aber Amh war eindeutig ein audiovisueller Lerner. Jedenfalls erschien mir ihr Blick etwas leer. Ich entschied mich also mein Board zu nutzen mahlte eine großen und einen kleinen Kreis auf die Tafel, gab ihnen Mittelpunkte und verband die beiden mit einer Linie.
„Gehen wir in folgendem Beispiel von zwei perfekten Kugeln aus. Die Große Kugel sei mal dein Heimatplanet Sol-III und die kleine ein Probekörper. Beide haben eine Masse. Die Masse des Probelkörpers mK sei 100 Kilogramm und die deines Planeten ist…“
Ich grübelte kurz darüber nach. Die Information war sicher irgendwo in meinem Kopf vergraben, aber ehrlich gesagt gab es wichtigeres für mich als mir die Masse jedes dahergelaufenen Klasse M Planeten auswendig zu lernen.
„Irgendwas mit 5,974 wenn ich mich recht erinnere. Da ich heute keinen Bock auf allzu viele Stellen hinter meinen Kommata habe runde ich einfach auf sechs auf. Das hieße dann also, mS ist sechs mal zehn hoch vierundzwanzig Kilogramm. Zum besseren Verständnis, dass sind sechs Trilliarden Tonnen, beziehungsweise sechs Quadrillionen Kilogramm.“
Ich schrieb beide Werte auf meine Tafel und gab den beiden Mittelpunkten der Kreise noch die Namen S und K.
„Nun haben diese beiden Körper einen Abstand x und die korrekte Berechnung der Gewichtskraft des Körpers K an diesem Punkt wäre laut Formelsammlung die Masse des einen Körpers multipliziert mit der Masse des zweiten Körpers, multipliziert mit der Gravitationskonstante G gleich 6,6738 mal zehn hoch minus elf Kubikmeter durch Kilogramm mal Quadratsekunde, dividiert durch den Abstand der beiden zur zweiten Potenz.“
Ich schrieb also unter die Linie zwischen den beiden Kreisen ein x und notierte die Formel mS * mK * G / x^2
So hatte ich Amh zumindest nicht ganz verloren.
„Damit kann man also die Gewichtskraft die ein Körper innehat in jeder Entfernung zu einem anderen Körper berechnen. Wir wollen aber die Gewichtskraft auf der Oberfläche des Planeten habe und deshalb machen wir was?“
Ich gab zu, dass ich mir langsam etwas zu sehr in der Rolle der Oberlehrerin gefiel. Hätte der Geheimdienst damals nicht dazwischen gefunkt wäre ich damals vielleicht auch an der Alademie geblieben. Leider war ihr Interesse an mir nach der kleinen Sache mit dem Hochverrat, gelinde gesagt, gering.
„Wir ändern den Abstand x“, meinte Amh nach kurzem zögern.
Ich lächelte zufrieden und lies den Körper K auf meiner Tafel an den Körper S wandern um zu verdeutlichen, dass sie jetzt aufeinander lagen.
„Genau. Und um uns die Sache einfacher zu machen wird angenommen, dass der Körper k im vergleich zu Sol-III verschwindend klein ist und nehmen für x deshalb einfach den Radius r deines Planeten. Das sollten dann ungefähr 6,5 mal zehn hoch sechs, also 6,5 Millionen Meter sein. Und jetzt können wir auch schon lösen.“
Ich konnte das zwar im Kopf aber ich lies das den Computer machen. Aus „mS * mK * G / x^2“ wurde „6*10^24 * 100 * 6,674*10^-11 / (6,5*10^6)^2“ und daraus wurden dann …
„Gerundet 947,79 Kilogramm mal Meter durch Quadratsekunde, was Newton ergibt. Und damit hast mit einigen Ungenauigkeiten die Kraft die du auf der Oberfläche der Erde ausübst. Aber wir sind noch lange nicht fertig.“
Das stöhnte Amh auf. Mittlerweile hatte sie sich vom Holodeckprogram einen Stuhl zaubern lassen und hielt ihren Kopf nur noch mithilfe ihres Armes hoch.
„Wie ich schon sagte“, meinte ich nochmal mit etwas mehr Druck. „Wir sind noch nicht fertig. Wenn wir das ganze wieder durch die Masse unseres Probekörpers mK teilen, anders gesagt erst gar keine zweite Masse betrachten, erhalten wir eine Beschleunigung, nämlich rund 9,48 Meter pro Quadratsekunde. Je näher ein Körper dem Massezentrum des Planeten kommt, desto stärker wird er beschleunigt und desto schneller fällt er auch auf ihn zu. Wenn man weit genug von ihm entfernt ist, dann eben quasi unendlich langsam, aber das sei jetzt mal dahingestellt. Auf jeden Fall nennt man diesen Wert deshalb Fallbeschleunigung . Und die Fallbeschleunigung auf der Oberfläche eines Planeten, mit dem relativ festen Abstand des Planetenradius also, bezeichnet man als Ortsfaktor. Der Ortsfaktor ist also die Fallbeschleunigung der Mann ausgesetzt ist wenn man auf der Planetenoberfläche steht und ist schlussendlich direkt verantwortlich für die von uns ausgeübte Gewichtskraft. Natürlich ist der Ortsfaktor auch von der Rotation des Planen abhängig und damit von der Zentrifugal- und Petalkraft, aber dieser Einfluss ist gering und ich hab jetzt keine Lust mich damit zu beschäftigen.“
Kurze Kunstpause.
„Ich fasse also zusammen: Deine Gewichtskraft ist Abhängig von deiner Masse, der Masse des Planeten und deinem Abstand davon. Kommen wir zum Strande-III Problem. Das Wasser ist weg, der Planet wiegt weniger.“
„Du meinst er hat weniger Masse“, meinte Amh selbstzufrieden.
Ich rollte nur mit den Augen.
„Gut ausgepasst. Er hat aufgrund des fehlenden Wassers weniger Wasser, was ich ja schon für meine Kollegen festgestellt hatte. Gehen wir aber wieder vom Fall Sol-III und nicht Strande-III aus. Sol-III hat um es kurz zu machen circa 1,5 Trillionen Tonnen Wasser. Also 1,5 mal zehn hoch einundzwanzig Kilogramm davon. Klingt viel, ist es aber nicht. Nennen wir diese Masse des Wassers mW und ziehen ihn komplett von mS ab weil ich keine Lust habe zu diskutieren ob auf Strande-III jetzt 85 oder 90% des Wassers fehlen, dann kommen wir trotzdem auf rund 9,48 Meter pro Quadratsekunde in der letzten Rechnung. Insgesamt macht das Wasser deines Planeten nicht einmal 0,025% der Masse aus.“
Ich erklärte ihr dann noch, dass ich das gleiche mit der Rotationsachse und Drehgeschwindigkeit ihres Planeten durchkauen und sie über Drehimpuls und Trägheitsmoment belabern könnte und es käme trotzdem aufs Selbe hinaus.
„Wusstest du beispielsweise, dass sich die Drehgeschwindigkeit des Planeten und auch seine Achsstellung ändert? Um mehrere zehn bis zwanzig Meter pro Jahr sogar, weil sich nämlich die Masse im äußeren Kern des Planeten verschiebt und ich rede hier von Massen die hundert Mal größer sind als all dein tolles Wasser. Das ist ein stetiger Prozess und keiner bemerkt ihn auch nur ansatzweise. Ähnlich ist es mit dem Ortsfaktor. Sol-III ist eben keine perfekte Kugel. An den Polen ist der Ortsfaktor um die 9,83 Meter pro Quadratsekunde, auf den höchsten Bergen nur 9,76. Ein messbarer und signifikanter Unterschied. Und keiner würde es merken.“
Ich lies meine Tafel verschwinden und verschränkte die Arme hinter meinem Rücken.
Das fehlende Wasser hat sicherlich katastrophale ökologische und soziale Folgen, aus einer astrophysikalischen Sicht tangiert es den Planeten aber eher peripher.“
Amh sah mich etwas komisch an.
„Hättest du das nicht auch kürzer erklären können.“
„Ich hatte dir ja am Anfang ein klares Nein gegeben, aber du wolltest es ja nicht anders. Sei froh, dass ich dir nicht noch Hausaufgaben aufgegeben habe“